Montag, 20. Mai 2019

Die Macht und ihr Preis







































Regie: Francesco Rosi

Cadavre Exquis...

Francesco Rosi (1922 bis 2015) war einer der großen italienischen Filmregisseure, der sich vor allem durch seine neorealistischen Mafiafilme wie "Wer erschoss Salvatore G?" und "Hände über der Stadt" auch international einen ausgezeichneten Ruf erwarb. Mit dem poetischen Kinofilm "Christus kam nur bis Eboli" aus dem Jahr 1979 änderte er seinen bisherigen Filmstil. Er wurde während seiner Schaffenszeit mit mehr als 30 internationalen Film- und Festivalpreisen ausgezeichnet. Einer seiner überzeugendsten Filme ist der 1976 entstandene Mafiathriller "Die Macht und ihr Preis" nach dem Roman "Equal Danger" von Leonardo Sciascia. Der Originaltitel des Films heißt "Cadaveri Eccellenti" und bezieht sich auf das von Andre Breton erfundene surrealistische Spiel "Cadavre Exquis", in dem die Teilnehmer aufeinanderfolgende Abschnitte einer Figur zeichnen, ohne zu sehen, was die vorherige Person gezeichnet hat, was zu unvorhergesehenen Ergebnissen führt. Damit beschreibt dieser Titel auch den unvorhergesehenen Vorstoß von von Inspektor Amerigo Rogas, gespielt von Lino Ventura, in eine Welt der politischen Manipulationen.
Bereits die erste Szene gibt dem Zuschauer ein gewisses Unbehagen. Der alte Ermittlungsrichter Vargas (Charles Vanel) besucht ein Museum in Palermo. Dort läuft er durch eine Halle voller Mumien. Man hat das Gefühl als würden diese Figuren mit ihm kommunizieren. Als er das Museum verlässt, scheint draußen die Sonne. Ein trügerischer Augenblick, wie sich kurze Zeit später herausstellen wird. Denn der Richter, der es vorzieht nicht zu seinem Chauffeur in den Wagen zu steigen, sondern ein bisschen zu Fuß zu gehen, wird auf offener Straße erschossen. Der angesehene Inspektor Rogas (Lino Ventura), bester Mann seines Faches, nimmt die Ermittlungen auf. Dabei finden in der Stadt zeitgleich viele Demonstrationen und Streiks statt. Das Land steckt in politischen Spannungen zwischen den Kommunisten un der christdemokratischen Regierung. Rogas ist ein Mann, der festes Vertrauen in die Integrität der Justiz hat. Während seiner Ermittlungen werden zwei weitere Richter auf die gleiche Weise ermordet. Rogas findet heraus, dass die drei Todesopfer in mehreren früheren Fällen zusammengearbeitet haben. Er wird vom Polizeichef (Tino Carraro) ermutigt, diesen verrückten Serienkiller zu finden, der es auf die Richter abgesehen hat. Er findet drei Männer heraus, die von den toten Richtern höchstwahrscheinlich zu Unrecht verurteilt wurden. Er glaubt zuerst, dass einer dieser Männer der Täter sein könnte. Vor allem ein Mann in Cres, der wegen des Versuchs seine Frau zu töten verurteilt wurde. Mrs. Cres (Maria Carta) warf ihrem Ehemann vor, sie durch Vergiftung ihres Milchreises zu töten, dem sie nur entkommen konnte, weil sie zuerst ihrer verstorbenen Katze eine kleine Portion gegeben hatte. Immer mehr keimt jedoch der Verdacht auf, dass er einem Staatsstreich auf der Spur ist. Und er ist fest überzeugt, dass der Präsident des Obersten Gerichtshofs (Max von Sydow) das nächste Opfer dieses undurchschaubaren Komplotts auf höchster Ebene sein wird...






In weiteren Nebenrollen sind Fernando Rey als Justizmiinister, Alain Cuny als Richter Rasto und Paolo Bonacelli als Dr. Maxia zu sehen. Francesco Rosi zeichnet ein erschreckendes Bild einer Elite, die fest entschlossen ist eine große angelegte Verschwörung zu tätigen. Dazu nutzen sie die Tat eines verrückten Rächers aus, um eine Vielzahl unabhängiger Richter aus dem Weg zu räumen. Leider merkt der ermittelnde Kommissar zu spät, dass er schon im Visier dieser Mörder ist. So endet "Die Macht und ihr Preis" auch ungeheuer pessimistisch. Der Film gehört aber zweifelsohne zu den Hauptwerken des Genres "Politthriller" und der Regisseur und die Produzenten des Films wurden seinerzeit von der italienischen Justizbehörden angeklagt. Lino Ventura spielt klasse und Kameramann Pascalino de Santis (oscar für "Romeo und Julia") nutzte die Gelegenheit  die interessanten, sehr oft düsteren Drehorte in effektive Bilder zu kleiden. So beginnt der Film in einem Museum, als stumme Zeugen fungieren Mumien. Auch das Ende findet in einem Museum statt. Der Kommissar schreitet durch eine Halle voller Büsten, wo er sich mit dem Generalsekretär der Kommunistischen Partei trifft.






Bewertung: 9,5 von 10 Punkten.

Zwei Särge auf Bestellung







































Regie: Elio Petri

Gefährliches Sizilien...

Elio Petri gilt neben Francesco Rosi und Damiano Damiani als Begründer des sehr pessimistischen Mafiafilms aus Italien. Höhepunkt seiner Karriere war sicherlich der Gewinn des Oscars im Jahr 1971 in der Kategorie "Bester ausländischerr Film" für seinen brillianten "Ermittlungen gegen einen über jeden Verdacht erhabenen Bürger". Leider ist dieser Film immer noch nicht in einer deutschsprachigen DVD-Ausgabe erhältlich. Dafür aber sein 1967 realisierter Sizilien-Thriller "Zwei Särge auf Bestellung" - auch in diesem Film spielt Gian Maria Volonte die Hauptrolle. Wie in allen guten Mafiafilmen aus dieser Dekade zeichnet auch Elio Petris Film ein komplexes Bild der politischen und gesellschaftlichen Situation Italiens. Darüberhinaus sind diese Filme von zynischer Machart, denn am Ende siegt meistens nicht das Gute und der Regisseur gibt für die Zukunft wenig Hoffnung. Allein gegen einen riesigen Feind anzukämpfen erscheint als ziemlich aussichtslos. Und wenn man zu weit in diese korrupten Strukturen vorgedrungen ist, dann ist auch irgendwann das eigene Leben in Gefahr.
Der örtliche Apotheker Arturro Manno (Luigi Pistilli) bekommt anonyme Briefe. In diesen Briefen wird er mit Mord bedroht. Seine Freunde, dazu gehören auch der introvertierte Geschichtsprofessor Paulo Laurano (Gian Maria Volonte) und Dr. Antonio Roscio (Salvo Randone), haben sofort den Verdacht, dass es mit Arturros ständigen Frauengeschichten zu tun hat. Der verheiratete Apotheker rennt jedem Rock hinterher und unter seinen vielen Geliebten sind auch verheiratete Frauen. Daher könnte eine eifersüchtige Geliebte hinter diesen Briefen stecken aber auch ein gehörnter Ehemann. Jedenfalls versucht sich Manno nicht einschüchtern zu lassen. Doch so ganz wohl ist es ihm nicht. Eines Morgens geht er gemeinsam mit Roscio auf die Jagd und er entdeckt in dieser sonst fast menschenleeren Gegend noch ein anderes Auto, dass dort parkt. Das könnten auch Jäger sein und die beiden rufen laut, um sich bei den anderen Jägern bemerkbar zu machen. Doch schon sackt auch Manno zusammen - er wurde von einer Kugel getroffen. Eine zweite Kugel ist tödlich, danach wird auch Roscio ermordet. Paulo Laurano kann es nicht fassen und stellt eigene Nachforschungen an. Die Buchstaben des anonymen Briefes stammen aus dem Osservatore Romano, der Tageszeitung des Vatikan. Und die wird nur von zwei Geistlichen des Ortes bezogen. Die Polizei hat auch schnell drei Verdächtigen festgenommen. Es sind der Vater und die zwei Brüder der minderjährigen Rosina (Luciana Scalize), die aber ein Alibi für die Tatzeit haben und zudem noch nicht mal lesen und schreiben können. Laurana bittet seinen Freund, den Anwalt Rosello (Gabriele Ferzeti), die Verteidigung für diese zu Unrecht eingesperrten Verdächtigen zu übernehmen. Und er kümmert sich um Roscios Witwe Luisa (Irene Papas), in der heimlich verliebt ist...





Das Drebhuch, das Elio Petri gemeinsam mit Ugo Pirro schrieb, ist meisterhaft aufgebaut und die wahren Strippenzieher des Mordes bleiben immer im Dunkel. Sie sind bestens geschützt und sitzen am längeren Hebel. Dies weiß der Geschichtsprofessor, dennoch läßt ihn dieser Mordfall nicht mehr los. Diese Geschichte ist bis zum Schluß und noch danach sehr bedrückend. Auch die Schauspieler sind perfekt besetzt. Gian Maria Volonte und Irene Papas spielen perfekt das Paar, dass in einem Fall ermittelt, den man besser auf sich beruhen lassen sollte.




Bewertung: 9,5 von 10 Punkten. 

Das Verfahren ist eingestellt, vergessen sie´s








































Regie: Damiano Damiani

Ein Bürger in Untersuchungshaft...

Der italienische Filmemacher Damiano Damiani feierte seine größten Filmerfolge Ende der Sechzigerjahre, Anfang der Siebziegerjahre im Genre des Mafiafilms. "Der Tag der Eule", "Der Clan, der seine Feinde lebendig einmauert", Warum musste Staatsanwalt Traini sterben ?" und "Das Verfahren ist eingestellt, vergessen sie´s" waren seine bekanntesten Arbeiten. Die Filme hatten nicht nur in Italien Erfolg, sondern fanden auch eine breite internationale Beachtung. In allen Filmen spielte Franco Nero die Hauptrolle.
Dabei beschäftigen sich seine Thriller nicht mit dem Aufzeigen der gängigen Strukturen der Mafia wie es sein Regiekollege Francesco Rosi tat. Bei Damiano Damiani bleibt die Organisation immer im Hintergrund, sie ist gar nicht so leicht greifbar. Aber mehr und mehr erkennt der Zuschauer, dass sehr viele Protagonisten in diesem System mitwirken. Sie profitieren von der Mafia und die Mafia profitiert von diesen Menschen. Durch dieses zusammenhängende Geflecht ist es auch sehr schwierig dieser Organisation beizukommen, denn sie halten zusammen wie Pech und Schwefel.
In dem 1971 entstandenen Gefängnisfilm "Das Verfahren ist eingestellt, vergessen sie´s" wird der unbescholtene Bürger, Architekt Vanzi (Franco Nero) Zeuge wie stark die Mafia wirklich ist und am Ende wird er sich auch mit diesem System arrangieren. Somit ist Damianis Film Pessimismus pur.
Architekt Vanzi ist glücklicher Familienvater, doch der Vorwurf der Fahrerflucht nach einem Verkehrsunfall mit Todesfolge bringt den bis dato rechtschaffenen Bürger in Untersuchungshaft. Doch der Direktor der Strafvollzugsanstalt (Ferruccio de Ceresa) gibt ihm dem guten Rat friedlich und ruhig zu bleiben, dann ist diese Haft nur halb so schlimm. Und als angesehener Bürger ist man eh sehr schnell wieder draußen. Auch sein Anwalt (Damiano Damiani) macht ihm Hoffnungen, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis wann er wieder zuhause bei seinen Lieben sein kann. Im Knast wird der Bürger der gehobenen Mittelschicht schräg angesehen und in seiner Zelle liegt ein wegen Mordes verurteilter, aufbrausender Gangster (John Steiner), der versucht bei jeder Gelegenheit zu provozieren. Vanzi hat sehr schnell von dem Einfluss des Mafiosi Salvatore Rosa (Claudio Nicastro) gehört, dem es sehr gut im Knast geht, weil er noch höhere Paten mit seinem Schweigen vor einer Verurteilung geschützt hat. Er bittet ihn um die Verlegung in eine andere Zelle und tatsächlich wird sein Wunsch prompt erfüllt. In der neuen Zelle sitzt der misstrauische Pesenti (Riccardo Cucciolla), der sich anfangs sehr ablehnend gegenüber Vanzi verhält. Dieser hat bemerkt, dass Pesenti dem Mithäftling Ventura (Antonio Casale) im Hof einen Zettel zugesteckt hat. Dies bekommen anderen Häftlinge mit, die daraufhin ventura krankenhausreif prügeln, um an diese Nachricht zu kommen. Langsam erfährt Vanzi auch, warum Pesenti so paranoid auf ihn reagiert - er glaubt, dass Vanzi Handlanger für die Mafia ist, die ihn hier im Gefängnis ausschalten wollen. Schließlich ist er ein Kronzeuge in einem Prozess über Korruption in den höchsten Kreisen. Ventura lebt sehr gefährlich. Und irgendwann muss sich auch Vanzi für eine Seite entscheiden...





Dem Zuschauer wird nach und nach immer mehr bewusst, dass selbst der Oberaufseher, gespielt von Turi Ferro, in dieser Struktur mitmischt und er wird Zeuge dieses Systems durch die Augen des Architekten, der immer mehr erkennt, dass er gegen diese Macht nicht die geringste Chance hat. Er wird sich also am Ende fürs Mitläufertum und auch für den gesunden Egoismus entscheiden, der ihn aus dem Gefängnis bringt. Der andere Weg wäre die Auflehnung gegen dieses übermächtige, nicht greifbare System der Mafia. Am Ende ist er mit seiner Frau zu sehen, sie leben ihr Leben unbeschwert weiter. Von seiner Jacht aus, sieht er ein unbekanntes Mädchen, dass ihm eine Frage stellt. Es ist die Tochter seines ehemaligen Zellengenossen Pesenti.





Bewertung: 9,5 von 10 Punkten. 

Mittwoch, 15. Mai 2019

Im Rausch der Tiefe

 





































Regie: Luc Besson

Das Duell in der Tiefe...

Wenn "Leon, der Profi" der populärste und beliebteste Film von Luc Besson ist, dann ist "The Big Blue" sicherlich sein ambitioniertester Film. Als Directors Cut kommt "Le Grand Bleu" aus dem Jahr 1988 auf eine hohe Laufzeit von über 160 Minuten und orientiert sich dabei lose an den Biografien der beiden Apnoe-Tauchrekordler Jacques Mayol und Enzo Maiorca. Die beiden waren tatsächlich Meister in ihrem Metier - allerdings ist der freundschaftliche Konkurrenzkampf der beiden erfunden und keiner der beiden starb beim Tauchen.
Was stimmt ist allerdings die Liebe von Mayol zu den Delphinen. Sein Herzschlag verlangsamte sich beim Tauchen von 60 auf 27 Schläge pro Minute und er hielt mehrere Weltrekorde. Auch Enzo Molinari (so heißt Maiorca im Film) hielt zahlreiche Tiefenrekorde.
Als europäischer Actionfilm mit besonderer Note wurde "The Big Blue" sehr schnell zu einem Kultfilm. Tatsächlich hat Luc Besson mit den beiden unterschiedlichen Charakteren - Jacques Mayol ist ein wortkarger, weltfremder Einzelgänger und Enzo könnte nicht extrovertierter sein - eine sehr spannende Geschichte geschaffen. Der hübsche Jean Marc Barr wurde in Frankreich über Nacht zum Star und zum Idol zahrlreicher Teenager. Er wurde auch für die Rolle des Jacques Mayol für einen Cesar als bester Hauptdarsteller nominiert. Sein Partner Jean Reno bekam eine Nominierung als bester Nebendarsteller und startete mit diesem Meeres-Epos seine große internationale Karriere. Im Jahr 2000 bekam er den europäischen Filmpreis für "Die herausragende Leistung eines Europäers im Weltkino".
Die Geschichte des packenden Duells zweier Männer beginnt bereits in den 60er Jahren. Kameramann Carolo Varini zeigt diese Rückblende in die Vergangenheit in wunderbaren Schwarz-Weiß Bildern. Der kleine Jacques Mayol (Bruce Guerre-Berthelot) lebt auf der Insel Amorgos und dort lebt auch der etwas ältere Jugendliche Enzo (Gregory Forstner). Schon als Kind ist Jacques ist eine echte Wasserratte und ein großes Tauchtalent. Enzo aber auch und der fordert den Jüngeren immer gern heraus. Jacques ist sich noch unsicher und lässt Enzo den Vortritt, um eine begehrte Münze am Meeresboden in Rekordzeit aufzusammeln. Kurze Zeit später verunglückt Jacques Vater beim Tauchen tödlich. Der Junge wird Zeuge dieses tragischen Unglücks und wächst bei seinem Onkel (Jean Bouise) auf. Zwanzig Jahre später sind beide bekannte Taucher. Enzo (Jean Reno) lebt in Sizilien, ist ein Playboy, lebt immer noch bei Mamma (Alexandra Vazzoler)  und wird von seinem Bruder Roberto (Marc Duret) betreut. Aus Jacques ist ein Weltenbummler geworden, die nirgends richtig seßhaft wurde, der Mann bezeichnet Delphine als seine Familie. Derzeit ist er an der Teil einer wissenschaftlichen Truppe, die sich in den vereisten Seen der peruanischen Anden befindet. Dort lernt er auch die Versicherungsangestellte Johana Baker (Rosanna Arquette) kennen. Oder besser gesagt: Sie lernt ihn kennen und verliebt sich in den introvertierten Einzelgänger. In New York zurück will sie ihn wieder treffen. Sie erfährt, dass Jacques bei den Weltmeisterschaften in Taormina auf Sizilien dabei sein wird und benutzt bei ihrem Arbeitgeber einen Trick, um dorthin zu reisen. Dort wird sie Zeuge der Weltmeisterschaft und vor allem zwischen der Besessenheit der beiden Freunde, die sich von einem Rekord zum anderen jagen. Dabei ist immer der Tod an der Seite der beiden Extremtaucher...






Immerhin gab es zwei Cesars für diesen faszinierenden Film. Die Filmmusik von Eric Serra wurde prämiert, ausserdem gabs einen Sieg für den besten Ton. Der Film wirkt etwas widersprüchlich, was jedoch an den Handlungsweisen der beiden Protagonisten liegt, die anders ticken als der Normalo. Sie sind so im Rausch der Tiefe, dass sie einen Grund haben müssen um wieder ins Leben und an die Wasseroberfläche aufzusteigen. Die Männer lieben das Tauchen und sind dafür alles zu opfern. Am Ende zahlen sie für den Betrachter einen hohen Preis für ihre Obsession, aber man hat das Gefühl, dass sie eine bessere Welt, dort unten in der Tiefe gesucht und schließlich auch gefunden zu haben.
Rosanna Arquette spielt die liebende Frau, die am Ende den Kürzeren zieht...weder die große Liebe, noch das noch nicht geborene Kind waren Grund genug ihren Freund von dieser Sucht bzw. Todessehnsucht zu befreien.






Bewertung: 9 von 10 Punkten 

Die bleierne Zeit

 





































Regie: Margarethe von Trotta

Juliane und Marianne...

Beim deutschen Filmpreis 2019 bekam die Regisseurin Margarethe von Trotta für ihr Lebenswerk den Ehrenpreis für ihre herausragenden Verdienste um den deutschen Film.
Die am 21. Februar 1942 in Berlin geborene Filmemacherin war von 1971 bis 1991 die Ehefrau von Volker Schlöndorff. Gemeinsam realisierten die beiden die brilliante Heinrich Böll Verfilmung "Die verlorene Ehre der Katherina Blum" und einige Monate später wagte sie den Regie-Alleingang mit "Schwestern oder die Balance des Glücks".
1981 entstand mit "Die bleierne Zeit" vielleicht ihr bester Film noch vor "Rosa Luxemburg" aus dem Jahr 1986 -  beide Filme erhielten das Filmband in Gold. "Die bleierne Zeit" wurde darüberhinaus auch in Venedig mit dem Golden Löwen ausgezeichnet. 
In "Die bleierne Zeit" widmet sich die Filmemacherin der von der RAF geprägten Zeit in dern 70er Jahren. Angelehnt an das Schicksal der Ensslin-Schwestern zeigt von Trotta in deutlicher Schärfe den stillen Übergang von persönlicher Überzeugung in Fanatismus.
Im Film heißen die beiden Schwestern Juliane (Jutta Lampe) und Marianne (Barbara Sukowa), die beide als Kinder noch das Ende des 2. Weltkrieges mitbekommen und im Nachkriegsdeutschland aufwachsen. Der Vater (Franz Rudnick) ist ein evangelischer Pfarrer, die Mutter (Doris Schade) lässt den autoritären Partner gewähren. Der erzieht die beiden Töchter sehr streng (Julia Biedermann spielt die 16jährige Marianne, und Ina Robinski die 17jährige Juliane) und sehr früh schon ist Marianne eher die stille und sanfte, Juliane eher rebellisch. Beide Schwestern leiden aber unter der autoritären Kälte ihres Elternhauses, sie erleben diese Zeit als bleiern. Das Land ist nach dem Krieg erstarrt - dann werden sie mitgerissen von den 68ern und jede will ein Teil der Veränderung werden. Juliane wählt einen langsameren, bedachten Weg. Sie arbeitet irgendwann engagiert für eine Frauenzeitschrift, sie setzt sich für Frauenemanzipation ein und protestiert mit anderen Frauen für die Abschaffung des § 218.
Aus Marianne wird aber eine Terroristin, die langsam immer mehr im Untergrund verschwindet. Die Schwestern entfremden sich dadurch, bald verbindet sie nichts mehr. Eines Tages taucht Mariannes ExMann mit dem gemeinsamen Sohn Jan (Patrick Estrada Pox) bei Juliane auf und bietet diese das Kind bei sich aufzunehmen. Er fühlt sich als Alleinerzieher einfach überfordert. Juliane sagt für einige Tage zu, doch der Vater begeht Selbstmord. Also wohin mit dem Kind ?
Marianne sucht einmal Unterschlupf bei ihrer Schwester und dessen Freund (Rüdiger Vogler) , doch der Empfang ist alles andere als herzlich. Marianne verschwindet wieder und wird später verhaftet. Sie hat Isolationshaft und die Besuche werden total überwacht. Die Gespräche werden mitgehört, finden in einem leeren Raum statt, zwei Wächterinnen sind dabei, ebenso ein Stenograf, der die Gespräche dokumentiert. In diesen Besuchen werden die beiden Schwestern sehr emotional, schreien sich an...aber sie kommen sich langsam wieder näher. Dann bringt das Fernsehen die Nachricht von Tod der inhaftierten Terroristin...





Margarethe von Trotta hat ihren Film in vielen Szenen kammerspielartig inszeniert und der Stil erinnert sehr an die 70er Jahre Filme von Ingmar Bergman. Am Ende will Juliane beweisen, dass ihre Schwester ermordet wurde, doch niemand scheint an der Wahrheit Interesse zu haben. Dabei brachten beide Schauspielerinnen Barbara Sukowa und Jutta Lampe sehr viel Einflühlsamkeit mit, um in ihren Rollen zu überzeugen. Die Jugend der beiden Schwestern wird in Rückblenden verdeutlicht. Dabei ist die Aufführung von Alain Resnais "Nacht und Nebel" in der Schule ein Schlüsselerlebnis für die beiden Teenager. Es wird sogar ein politisches Erweckungserlebnis für Beide.
Die Regisseurin selbst legt ihren Fokus nur auf die beiden Schwestern. Sie nimmt keine poliitsche Wertung vor. Die Perspektive ist die der beiden Frauenfiguren und deren Umgang mit einer zeit, in der sich viele Veränderungen ereigneten.






Bewertung: 8,5 von 10 Punkten.