Freitag, 26. April 2019

Letzte Ausfahrt Brooklyn







































Regie: Uli Edel

Drogen, Sex, Schmutz, Elend...

In Hubert Selbys Roman "Letzte Ausfahrt Brooklyn", der 1964 entstand, wird ein schonungloses Bild des New Yorker Stadtteils Brooklyn in den 50er Jahren und einigen seiner Bewohner gezeigt. In dem Skandalroman geht es um einen harten, kompromisslosen Blick auf die niedrige Klasse mit Tabuthemen wie Drogenkonsum, Gewalt in der Straßen, Vergewaltigung, Homosexualität oder Transvestismus. 1989 folgte dank Produzent Bernd Eichinger die Verfilmung der episodenhaften Geschichte. Hier wird eine Bande von jungen Ganoven gezeigt, die sich gemeinsam mit der Prostituierten Tralala (Jennifer Jason Leigh) darauf spezialisieren, dass sie US-Armee-Soldaten berauben. Zu diesem Zweck lockt das Mädchen die sexgeilen Soldaten in einen Hinterhalt, während die dann glauben, dass ein Liebesspiel folgt, haben sie schon von hinten eine Flasche über den Schädel bekommen. In den nächtlichen Straßen treibt sich auch der Transvestit Georgette (Alexis Arquette) herum, immer auf der Suche nach Liebe und Geborgenheit, vielleicht bei Vinnie (Peter Dobson), Boss der Gang. Vom eigenen Bruder verachtet, feiert Georgette Partys mit Gleichgesinnten. Der Zufall will es, dass dort auch Harry Black (Stephen Lang) , Mitarbeiter der lokalen Gewerkschaft, auftaucht. Der Mann hat Familie und gehört momentan zu den Streikenden, die für mehr Lohn in der Fabrik kämpfen. Mit seinen Spesengeldern geht der naive Harry recht locker um und hat auch Kontakt zu der Straßengang. Er geht sogar eine heimliche Affäre mit der Drag Queen Regina (Bernard Zette) ein. Tralala versucht auch ihr Glück und landet beim jungen Soldaten Steve (Frank Military), der es ehrlich mit ihr zu meinen scheint. Für einige Stunden erleben die beiden ein bisschen Glück, doch Korea wartet auf den Lieutenant. Und der findet auch in Brooklyn statt. Immerhin geschieht dort aber auch alltägliches wie eine Schwangerschaft und Big Joe (Burt Young), der Vater der Braut ist sehr neugierig zu erfahren, welcher Mistkerl seine Kleine geschwängert hat...




So eigenwillig wie der Roman präsentiert sich auch Uli Edels Film, der mit einem beinahe schon künstlichen Stil Zeit und Ort auferstehen lässt. Dabei wirkt das Szenenbild tatsächlich wie ein 50er Jahre Film, die Ausstattung ist perfekt gestaltet. Man erinnert sich etwas an die Atmosphäre der "West Side Story", wird aber sehr schnell auf den Boden der Tatsachen heruntergeholt. Hier in dieser Ecke der Welt, in einem Stadtteil einer Metropole, ereignen sich menschliche Schicksale und so schnell sie sichtbar werden, so schnell verschwinden sie wieder als eine weitere, beinahe unbedeutende Episode des Daseins. Dies verleiht dem Film eine Stärke, dennoch behält man als Zuschauer das unangenehme, beklemmende Element. Horrormässig läuft dann als Höhepunkt sozusagen die Massenvergewaltigung der Dirne ab, die noch einige Stunden zuvor ein bisschen vom echten Glück abbekommen konnte, denn sie wurde in einem Moment geliebt und begehrt. Ansonsten herrscht Brutalität und Grausamkeit im Umgang miteinander vor. Neben diesem Wahnsinn läuft auch noch der große Fabrikstreik zeitgleich. Der Film ist umstritten und wird nicht uneingeschränkt geliebt: Kein Wunder, denn "Letzte Ausfahrt Brooklyn" ist kein Wohlfühlfilm und bietet keine einzige Figur an, mit der man sich identifizieren wollte. Es sind Figuren mit großen menschlichen Schwächen, die sich in ihrer Umgebung gehen und unterkriegen lassen. Ein sehr unangenehmer amerikanischer Alptraum wird hier gezeigt. 1990 gabs aber beim deutschen Filmpreis eine positive Überraschung, denn der gallige Film erhielt den Hauptpreis als bester Film. 





 

Bewertung: 8 von 10 Punkten.

Mittwoch, 24. April 2019

Duell am Missouri







































Regie: Arthur Penn

Kopfgeldjäger...

 Vergessen sie bitte alles schlechte was sie über diesen Film gehört haben...denn "Duell am Missouri" ist viel, viel besser als sein Ruf. Er spielte damals bei seinem Kinostart 1976 zwar 14 Millionen Dollar ein, aber dennoch galt er bald schon als ausgemachter Flop. Arthur Penn setzte in seinem dritten Western nach "Einer muss dran glauben" und "Little Big Man" auf das Duo Jack Nicholson und Marlon Brando. Dessen groteskes Spiel wurde damals am stärksten kritisiert: Extremes Overacing, ständige Marotten und die Allüren einer Diva. So darf Marlon Brando eine kleine Musicalszene aufführen, er darf in der Verkleidung einer alten Farmersoma aufkreuzen und hat eine Kußszene mit seinem Pferd. All dies wurde damals als extrem übertrieben und albern abgetan. Aus heutiger Sicht kann man seine markante Performance aber anders sehen und ich finde, dass er ein gelungenes Pendant zu Klaus Kinskis Kopfgeldjäger Loco aus dem Kultfilm "Leichen pflastern seinen Weg" darstellt. Und Brando hat genau wie sein Gegenspieler Nicholson eine helle Freude daran in diesem Film mal gehörig auf die Pauke zu hauen.
Dieser nach Lavendel duftende Regulator (so nennen die Menschen in "Missouri Breaks" diesen Killer, der nun den Pferdedieben in der Gegend den Garaus machen soll) ist so speziell und offen pervers angelegt, dass es bestens zu seinem Berufsstand passt. Er ist derjenige, der aus einer weiten Distanz sein Opfer zur Strecke bringt. Dabei muss er ihm nicht in die Augen sehen, es genügt ihn einfach aus der Ferne zu erlegen.
Engagiert wurde dieser schmierige Killer von dem Großrancher Braxton (John McLiam), der in der ersten Szene mit seinem tüchtigen Vorarbeiter Pete Marker (Richard Bradford) und dem jungen Pferdedieb Sandy (Hunter von Leer) durch die schöne Landschaft am Missouri-Break reitet. Es wird aber kein schöner Sonntagsausritt, den die drei machen. Ganz im Gegenteil: Der junge Cowboy wird nämlich nicht mehr lange leben. Braxton, der mächtige Mann, der hier das Sagen hat, lässt den Jungen an einer Waldlichtung aufhängen. Dort haben sich Frauen, Kinder und die wichtigsten Bürger eingefunden, um dem grauenvollen Spektakel zuzuschauen. Für dieses Urteil wird der Rancher aber von seiner Tochter Jane (Kathleen Lloyd) gehasst. Sandy, der Mann, der am Galgenbaum baumelt, gehörte zur Bande von Tom Logan (Jack Nicholson).
Der lässt sich dort in der Nähe von Braxton nieder und bewirtschaftet eine kleine Farm. Nebenbei beginnt er noch ein Verhältnis mit Jane, die ein Auge auf ihn geworfen hat und vermutet, dass ihr neuer Lover ein gemeiner Pferdedieb ist. Sie warnt ihn vor dem Regulator Robert Lee Clayton, der einen guten Ruf als Killer hat, aber unverschämte Manieren. Dieser hat auch schon einen Verdacht was Tom angeht, doch zuerst kümmert er sich um Logans vier Kumpane Little Tod (Randy Quaid), Cal (Harry Dean Stanton), Cary (Frederic Forrest) und Cy (John Ryan). Braxton hat zwar schon mehr als bereut diesen Killer engagiert zu haben und entlässt ihn. Doch ein Robert Lee Clayton lässt sich nicht entlassen, bevor er seinen Job perfekt erledigt hat...
 





"Duell am Missori" lebt natürlich von seinen seinen beiden Hauptdarstellern.
Ausserdem ist Arthur Penns Arbeit ein abstruser, aber höchst Spätwestern und  bietet tatsächlich einige unschlagbaren Momente, nicht nur der Showdown zwischen Brando und Nicholson am Ende des Films. Kurz und "schmerzlos?"...Marlon Brando wacht auf und "is ready for his close-up". Das ist einfach genial.






Bewertung: 9 von 10 Punkten.

Das Schießen



Regie: Monte Hellman

Psychedelischer Wilder Westen

Monte Hellman ist ein recht in Vergessenheit geratener amerikanischer Filmregisseur, der in den 60er und frühen 70er Jahren mit "Das Schiessen" und "Asphaltrennen" zwei interessante Kultfilme drehte, danach in der Bedeutungslosigkeit verschwand und erst 1992 wieder ins Gespräch kam als Mentor von Quentin Tarantino und Produzent dessen Erstlingswerks "Reservoir Dogs".
Durch die Zusammenarbeit von Regisseur Hellman mit dem damaligen Nachwuchsstar Jack Nicholson in seinem 1964 gedrehten Film "The Terror" wurden die beiden enge Freunde und dies führte dazu, dass Nicholson in den beiden Hellman Western "Ritt im Wirbelwind" und "Das Schiessen" mitwirkte.
In Amerika floppten die Hellman Filme, in Europa wurden sie von der Kritik positiv gefeiert. Beide Filme wurden in Cannes als existentialistische Meisterwerke gewürdigt.
Dabei geht es in "Das Schiessen" vor allem um einen Ritt, einen Auftrag, der sich später als Jagd heraussetellen wird:
Der Cowboy Willett Gashade (Warren Oates), der früher auch seine Brötchen als Kopfgeldjäger verdiente,  kehrt eines nachts in seine Goldmine zurück, die er mit seinem Bruder Coin und seinen Freunden beiden Freunden Coley Boyard (Will Hutchins) und Leland Drum (B.J. Merholz) zurück. Doch es knallen Kugels um seine Ohren. Er erfährt vom veränstigten Coley, der ihn für einen Fremden hielt, vom Tod Lelands, der von einem Unbekannten im Lager erschossen wurde. Coley war im Zelt und beobachtete das letzte Gespräch, das Leland mit dem Fremden führte, der nicht zu sehen war. Erfahren konnte er nur, dass Leland und Coin bei einem Ausflug in die Stadt Winslow einen über den Durst getrunken haben und volltrunken auf dem Weg nach Hause aus Versehen im Übermut ein Mann und ein Kind zu Tote geritten haben. 
Coin ist auf der Flucht vor dem Rächer. 
In der Einöde trifft bald eine mysteriöse Frau, (Millie Perkins) ein, die ein großes Interesse daran zu haben scheint, nach Kingsley zu gelangen.
Eine Strecke, wo auch Coin vermutet wird. Sie bietet den beiden Cowboys 1000 Dollar für die Begleitung an. Willet vermutet in der fremden Frau, die immer kurz angebunden ist, die Mutter und Frau der Toten. Der Ritt führt bald durch die Wüste, ein Profikiller (Jack Nicholson) gesellt sich hinzu und bald geht es um ganz existenzielle Fragen, um Leben und Tod...




Ein klasse Western - vorausgesetzt man kann sich auf die spröde und kryptische Handlung einlassen. Im Grunde passiert nicht viel. Es wird jemand gejagt und die Jäger - alle aus unterschiedlichen Gründen dabei - verbergen ihre Gesinnung. Der Zuschauer kann auch ein bisschen spekulieren, dabei lernt er die charakterlichen Profile der vier Protagonisten immer besser durch ihre Handlungsweisen und Gespräche kennen. Nebenschaupätze gibt es nicht. Hellman ist ganz nah bei seinen interessanten Figuren und schafft Platz für Tiefe, Atmosphäre und Meditation.
Total unbekannt und dennoch ein Meisterwerk des Genres.





Bewertung: 10 von 10 Punkten.

Keine Gnade für Ulzana







































Regie: Robert Aldrich

Flucht und Zerstörung...

 Die Chiricahua Apachen leben seit längerem im Indianerreservat San Carlos, dort werden sie von den Behörden klein gehalten, in ihrem Stolz gekränkt und gedemütigt. Die leben dort in sehr ärmlichen Verhältnissen und werden auch von Behörden mit den Essensrationen betrogen.
Der ehemals stolze Häuptling Ulzana (Joaquin Martinez) bricht daher mit 7 Stammensbrüder in der Nacht aus dem Reservat aus.
Die Nachricht verbreitet sich schnell im Fort, der Militärkommandant schickt sofort zwei Boten los, die die Siedler in der Nähe warnen sollen, denn es muss davon ausgegangen werden, dass die Indianer auf dem Kriegspfad sind und rauben und morden werden.
Major Cartwright (Douglas Watson) vom Fort Lowell beauftragt den noch sehr unerfahrenen Lieutenant Garrett deBuin (Bruce Davison) mit einer Kavallerieeinheit die Apachen zu verfolgen und zu fangen.
Der erfahrene Kundschafter McIntosh (Burt Lancaster) und der Apache und Fährtensucher Ke Ni Tay (Jorge Luke) reiten als große Unterstützung beim Aufspüren mit.
Währenddessen mordet und plündert die Apachen Guerillagruppe alles was Ihnen unterwegs begegnet.
Einer der Boten muss zuerst daran glauben, bald darauf treffen sie auch auf den zweiten Boten, der die Frau (Gladys Holland) und den kleinen Jungen des Farmers Rukeyser (Karl Swenson) in Sicherheit bringen will.
Die Verfolger kommen leider immer ein paar Stunden zu spät, sie finden immer eine grausame Verwüstung vor: Die Farmen sind ausgebrannt, die Siedler auf brutale Weise ermordet und gefoltert.
Garrett de Buin neigt in seiner Jugend zu überstürzten Handlungen, wird aber von den beiden Scouts immer an die Vernunft erinnert, denn es ist offensichtlich, dass Ulzana auf die Verfolger wartet und es vor allem darauf ankommt nicht den ersten verhängnisvollen Fehler zu machen...





Robert Aldrichs "Keine Gnade für Ulzana" dauert in der vom NDR rekonstruieten Fassung 110 Minuten, die vorliegende DVD ist identisch mit der 98minütigen US-Kinofassung von 1972.
Aber auch in dieser gekürzten Fassung zählt Robert Aldrichs Film für mich zu den besten Western überhaupt.
Er zeigt zwar sehr schonungslos die Brutalität der Indianer, trotzdem schwingt immer sehr viel Respekt und Verständnis für eine fremde Kultur mit, nicht zuletzt zeigt der Film, dass auch die weißen Männer zu genau den gleichen schrecklichen Taten fähig sein könnten wie die als Wilde geltenden Indianer.
Der Western ist großartig fotografiert von Joseph F. Biroc (40 Gewehre, Wiegenlied für eine Leiche, Ist das Leben nicht schön ?) und verfügt über ein spannendes Drehbuch von Alan Sharp, über gute und interessante Figuren, nicht nur die beiden Indianer, die durch ihre Frauen verwandt sind, sondern auch das Zusammentreffen zwischen den versierten McIntosh und dem sehr unerfahrenen Lieutenant ist gut ausgearbeitet.
Der Film zeigt eine sich noch einmal mit allen Mitteln sehr aufbäumende, sterbende Kultur der Indianer, die im Grunde keine Chance hat die Expansion aus europäischen Immigranten im amerikanischen Westen zu verhindert. daher ist der einzige Weg der Untergang.
Ein großartiges Meisterwerk des Genres, dass ich gerne mal in der längeren Fassung sehen würde.




Bewertung: 10 von 10 Punkten.