Montag, 18. Januar 2021

Leid und Herrlichkeit



 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Pedro Almodovar

Film und Wirklichkeit...

Der Künstler steckt in einer großen Schaffenskrise und zieht eine Art Zwischenbilanz seines Lebens und seiner Berufung.  Im Film gibt es einige Beispiele dafür. Der große Federico Fellini fällt mit seinem genialen "Achteinhalb" sofort ein. Er hatte vor diesem Meisterwerk starke Probleme, die Krise lähmte ihn beruflich. Er hatte zwar alle Themen seines Films schon beisammen und sich alles ausgedacht, doch es fehlte ihm eine Handlung, ein roter Faden, um seinen Ideen und Gedanken eine Struktur zu verleihen. Irgendwann kam ihm der Einfall seine eigene Krise zum Thema des Films zu machen. Marcello Mastroianni spielte somit das Alter Ego des Regisseurs, er kämpft in "Achteinhalb" mit denselben Problemen wie Fellini in der Realität. Pedro Almodovar ist ebenfalls ein großer Filmregisseur, dessen gesamtes Werk auch immer wieder stark autobiographische Züge aufweist. Sein "Leid und Herrlichkeit" ist sehr stark mit Fellinis Film verbunden, die Herangehensweise ist jedoch grundverschieden. Während Fellini sein Werk als ein "Mittelding zwischen einer unzusammenhängenden psychoanalytischen Sitzung und einer etwas planlosen Gewissensforschung" bezeichnete und auch für den Zuschauer etwas verwirrend durch ständigen Übergang von Traum, Gedanke und Realität war, ist Almodovars "Leid und Herrlichkeit" für den Zuschauer wesentlich greifbarer. Wie der Name schon sagt ist das Auf und Ab des Lebens gemeint - plakativ gesagt "Gute Zeiten, schlechte Zeiten". Aber genau diese beiden Gefühlsstimmungen hat Almodovar in seinem Film meisterhaft miteinander verbunden.  In den Kinos lief der Film sehr erfolgreich und spielte weltweit 38, 1 Millionen Dollar ein. Trotz seiner vielen starken bisherigen Filme wie "Frauen am Rande eines Nervenzusammenbruchs", "Gesetz der Begierde", "Alles über meine Mutter", "Sprich mit ihr" oder "Volver" ist ihm tatsächlich sein größtes Meisterwerk gelungen. Salvador Mallo (Antonio Banderas) ist ein Filmregisseur, der sich zur Zeit eher mit seinen vielen Gebrechen auseinandersetzt als einen neuen Film zu realisieren. Er meidet eher die Öffentlichkeit und lebt derzeit von seinen Erinnerungen - an seine Kindheit im einfachen Dorf Paterna, an seine schöne Mutter (Penelope Cruz), an den Vater (Raul Alevaro) und an seinen ersten Schwarm, den Arbeiter Eduardo (Cesar Vincente). Dem bringt er als kleiner Junge das Schreiben und Rechnen bei, als Gegenleistung verschönert der Arbeiter das Haus der Familie Mallo. Einer seiner frühen Filme - Sabor - wurde restauriert und an dieses Projekt hat der Regisseur eher negative Erinnerungen. Denn er hat sich mit seinem Hauptdarsteller Alberto Crespo (Asier Etxeandia) damals zerstritten, weil dieser die Rolle nicht so spielen konnte wie es Mallo vorschwebte. Seine alte Freundin Zulema (Cecilia Roth) hat jedoch die Idee, dass er sich doch wieder mit Alberto versöhnen könnte, gerade jetzt wo der remasterde Film einem ausgewählten Publikum vorgestellt werden soll. Tatsächlich trifft er sich nach vielen Jahren mit Alberto wieder, doch diese Treffen sind nie harmonisch sie enden manchmal im Streit. Aberto, der immer mal wieder Heroin nahm, führte Salvador in das Heroinrauchen ein. Was den Zustand des Filmemachers noch zusätzlich erschwert - zusammen mit seinen vielen Tabletten, die er gegen Schmerzen nimmt, ein total gesundheitliches Risiko. Im Laufe der Handlung werden weitere Erinnerungen wach. An seine zweite große Liebe in den 80er Jahren mit Federico Delgado (Leonardo Sbaraglia) und an die letzte Zeit mit seiner verstorbenen Mutter (die ältere Jacinda wird von Julieta Serrano gespielt - unvergessen als durchgeknallte Lucia in "Frauen am Rande eines Nervenzusammenbruchs), deren Tod er nie ganz verkraftet hat...






Im Vergleich zu den meisten anderen Almodovar Filmen ist "Leid und Herrlichkeit" ein leiser und sehr intimer Film, der sich bis zum Schluß steigert. In der letzten Szene schlafen Mutter und Sohn (Avier Flores spielt den kleinen Salvador) auf dem Bahnhof. Eine Erinnerung, die dann plötzlich zur Filmszene im Film wird. Der Regisseur freut sich wie auch sein Tontechniker über diese gelungene Szene in seinem neuen Film. Somit wird angedeutet, dass der Regisseur seine Schaffenskrise überwinden wird. Der größte Triumph des Films ist jedoch seine poetische Machart und sein Bekenntnis zum Kino. Große Emotionen und Obsessionen werden aufgerollt und es entsteht so etwas wie das Puzzle eines Lebens, mit dem man sich gut identifizieren kann. "Leid und Herrlichkeit" wurde mit Preisen geradezu überhäuft - es gab zwei Mal den europäischen Filmpreis (Banderas als Hauptdarsteller und Antxon Gomez für die Ausstattung), 7 Goyas, 2 Golden Globe Nominierungen und zwei Oscarnominierungen (Bester Auslandsfilm und Antonio Banderas als Darsteller).






Bewertung: 10 von 10 Punkten.

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