Dienstag, 23. Mai 2023

Oliver


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Carol Reed

Fagin und seine Jungs...

Die Jahre 1968 bis 1970 markieren einen gewissen Wendepunkt in der Oscargeschichte. Während bei der Oscarwahl 1969 das opulente Musical "Oliver" von Carol Reed zum großen Sieger erklärt wurde, ging der innovative Konkurrent "2001 - Odyssee im Weltraum" mit nur einer Trophäe für die besten visuellen Effekte nach Hause. Er wurde damals auch nicht in der Kategorie "bester Film" berücksichtigt. Der Oscar brauchte eine Verjüngungskur, denn die Academy versuchte damals althergebrachte Erfolgsmuster weiter am Leben zu erhalten. Die 60er Jahre brachte alleine in der Kategorie "Bester Film" vier Musicals als Sieger hervor: West Side Story, My Fair Lady, The Sound of Music und Oliver. Die Oscarnacht 1970 brachte dann eine Überraschung zustande: "Hello Dolly" mit Topstar Barbra Streisand wurde in dieser wichtigsten Kategorie von einem sehr düsteren Film geschlagen, denn John Schlesingers "Asphalt Cowboy" gewann diesen Hauptpreis. Und "Easy Rider " ein Film der 68er Generation erhielt immerhin 2 Nominierungen.
"Oliver" brachte dem britischen Regisseur Carol Reed ein echtes Comeback, denn seine größten Erfolge wie "Ausgestoßen" und vor allem "Der dritte Mann" lagen schon lange Jahre zurück. "Oliver" basiert auf dem gleichnamigen Bühnenmusical von Lionel Bart, ein Adaption des berühmten Romans "Oliver Twist" von Charles Dickens. Dieser düstere Roman über ein Waisenkind, das im Armenhaus groß wird wurde mehrfach verfilmt. Die Versionen von  David Lean aus dem Jahr 1948 und von Roman Polanski aus 2007 sind nahezu perfekt. Bei Reeds Muscialversion muss man sich vielleicht daran gewöhnen, dass viele Szenen gesanglich und tänzerisch sind. Dennoch ist Carol Reed ein bezaubernder Film gelungen mit sehr vielen klasse Szenen und genauso guten Darstellerleistungen. Gute Kasse machte das Musical auch und landete mit 74 Millionen Dollar auf Platz 5 der Kino-Jahrescharts.
In einem Arbeitshaus in Dunstable wird den Waisenkindern der tägliche Haferbrei serviert. Eine Gruppe von Jungen ziehen Lose, wobei der kleine Oliver (Mark Lester) als einziger den verhedderten Strohhalm zieht. Dies zwingt ihn dazu aufzustehen und Mr. Bumble (Harry Secombe) und der Witwe Corney (Peggy Mount) um ein weiteres Tellerchen Brei zu bitten. "Ich will noch mehr, bitte Sir" wird aber als solche Frechheit angesehen, dass der Junge verkauft werden soll. Mr. Sowerberry (Leonard Rossiter) kauft den Jungen, weil er ihn besonders für Kinderbeerdigungen als Bestatter brauchen könnte. Sowerberrys etwas älterer Lehrling Noah Claypole (Kenneth Granham) schikaniert den Neuling wo er nur kann. Als er Olivers Mutter, die bei der Geburt starb, aufs übelste beledigt, kommt es zum Rinkampf der Beiden und anschließend wird Oliver in den Keller gesperrt. Er kann fliehen und versucht in London ein neues Leben zu beginnen. Dort trifft er auf den Artful Dodger (Jack Wild), der ihn sofort unter seine Fittiche nimmt und ihm auch ein Quartier zum Schlafen anbietet. Das befindet sich bei Fagin (Ron Moodey), Der jüdische Hehler verköstigt Oliver und Fagin hat eine ganze Meute von elternlosen Jungs bei sich beherbergt. Alle diese Jungs wurden von ihm zu versierten Taschendieben ausgebildet. Artful Dodger ist der Beste von Ihnen. Noch ehe Oliver die Kunst des Stehlens erlernen kann, wird er bei der Diebestour - ohne Dieb zu sein - fälschlicherweise dafür gehalten und verfolgt, er kommt ins Gefängnis. Doch als das Opfer Mr. Brownlow (Joseph O´Connor) sich sicher ist, dass der Junge nicht der Dieb war, nimmt er ihn bei sich auf. Eine Wendung, die sowohl Fagin noch dem äusserst brutalen Eigenbrötler Bill Sykes (Oliver Reed), mit dem Fagin Geschäfte macht und dessen Freundin Nancy (Shani Wallis) Sorgen bereitet. Denn der Junge könnte der Polizei zuviel von den kriminellen Machenschaften erzählen, das Versteck der Diebesbande ausplaudern, so dass Fagin und Sykes am Galgen enden. Bald schmiedet Sykes einen Plan, wie er den unliebsamen Mitwisser aus dem Wege räumen kann...





Am Ende ist es Sykes Hund Bully, der die aufgebrachte Menge zu seinem Versteck führt. Anders als im Roman kommt der Gauner Fagin in der Musical Version mit dem Leben davon und endet nicht am Galgen. Gemeinsam mit Artul Dodger tanzen sie durch eine Gasse im nächtlichen London, bereit für einen neuen Anfang und damit auch für weitere Schandtaten. Der Kinderdarsteller Jack Wild liefert eine überzeugende Darstellung, für die der damals 15jährige Junge eine Oscarnominierung bekam. Auch Ron Moodey als Fagin wurde in der Kategorie "bester Hauptdarsteller" berücksichtigt, unterlag jedoch Cliff Robertsons Leistung in "Charly".
Neben der Auszeichnung als bester Film gab es weitere Oscars für die grandiose Ausstattung, die Choreographieleistung von Onna White wurde mit einem weiteren Oscar bedacht. John Greens Musik gewann in seiner Kategorie, das Shepperton studio Sound Department durfte den Preis für den besten Ton entgegennehmen So auch der Regisseur selbst. Das British Film Institute, die Reeds Meisterwerk "Der dritte Mann" zum besten britischen Film aller Zeiten wählten, erkannten auch die Qualität seines Musicals und setzten "Oliver" in der gleichen Umfrage der All Time Top 100 auf Platz 77.








Bewertung: 9 von 10 Punkten. 

 

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