Samstag, 18. April 2020

Faustrecht der Freiheit



































Regie: Rainer Werner Fassbinder
Der tragische Lottokönig...

Rainer Werner Fassbinders "Faustrecht der Freiheit" entstand 1974 und wurde wie auch "Die bitteren Tränen der Petra von Kant" oder "Angst essen Seele auf" von Tango Film produziert. In dieser Zeit war dem kontroversen Regisseur ein Maximum an öffentlicher Aufmerksamkeit gewiss, die er unter anderem auch seinem TV-Skandal von 1972 "Wildwechsel" zu verdanken hatte. Auch "Faustrecht der Freiheit" war in seiner Entstehungszeit voller Brisanz, denn die Hauptfigur des Films war ein Schausteller, der seine Homosexualität offen auslebt. Dieser Franz Bieberkopf (von Fassbinder selbst gespielt) nennt sich "Fox, der tönende Kopf" und arbeitet als Schausteller auf dem Jahrmarkt. Mit seinem Chef Klaus (Karl Scheyd) hat er eine Beziehung und dementsprechend hart trifft ihn die Tatsache, dass dieser bei laufendem Betrieb von der Polizei verhaftet wird und für längere Zeit in den Knast wandert. Damit verliert der naive, gutmütige Franz sowohl den Lebenspartner als auch den Arbeitsplatz. Aber er hat im Gefühl, dass er im Lotto gewinnen wird. Aber Geld um den Schein abzugeben hat er nicht. So versucht er als Stricher auf einer Klappe sein Glück und lernt den Antiquitätenhändler Max (Karlheinz Böhm) kennen. Tatsächlich gewinnt Franz stolze 500.000 DM im Lotto und kommt so in die besseren Kreise der münchner Schwulenszene. Er lernt durch Max den jungen Unternehmersohn Eugen (Peter Chatel) kennen, der mit Philipp (Harry Baer) befreundet ist. Aus der anfänglichen Ablehnung von Eugen wird eine Affäre, die von Eugen auch mit dem Hintergedanken geführt wird, dass mit dem Geld seines neues Freundes auch die Druckerei, ein marodes Unternehmen seiner Eltern (Adrian Hoven, Ulla Jacobsen) vor dem drohenden Bankrott gerettet werden könnte. Eine luxuriöse Wohnung muss natürlich auch sein - so blättert Franz insgesamt 84.000 DM allein in die Ausstattung des neues Dominzils, allesamt von Max organisiert. Eugen macht es sich auch zur Aufgabe seinem neuen ungehobelten Freund Manieren beizubringen, damit dieser sich sicher in der High Society bewegen kann und man sich nicht für ihn schämen muss, was oft der Fall ist. Doch die Beziehung ist zum Scheitern verurteilt, das Geld ist weg und am Ende liegt Franz leblos in der U-Bahn Unterführung Marienhof. Kinder rauben dem Leichnam das letzte Geld aus der Hosentasche. Max und Eugen kommt zufällig dort vorbei und entdecken den Leichnam, entscheiden sich aber schnell zu verschwinden, um nicht in die Geschichte verwickelt zu werden...



Eine sehr schwarze Komödie, die mit einigen Überzeichnungen daherkommt.  Der Reiz des Films liegt in seiner Balance zwischen melodramatischem Verliererepos und dem Bruch geselschaftlicher Tabus, was aus heutiger Sicht nicht mehr ganz sichtbar ist. Aber zur Zeit seiner Entstehung war es sehr mutig und provokativ einen Film mit einer schwulen Hauptfigur zu machen, denn das Verständnis für Männer, die Männer lieben, war noch nicht allzu hoch. So ist "Faustrecht der Freiheit" ebenso wie der drei Jahre später entstandene "Die Konsequenz" von Wolfgang Petersen eine Art Pionierarbeit im Genre des Gayfilm. Anders als Petersen, der seinen Film als Plädoyer für Toleranz angelegt hat und sein Thema stark emotional präsentiert, ist Fassbinder zumindest in diesem Bereich schon ein Stück weiter und mutiger. Er ist nicht interessiert daran seinen Franz in einer homphoben Umgebung zu zeigen, sondern die Neigung und auch die Beziehung wird als ganz normal gezeigt (für die 70er eine sehr radikale Entscheidung) - Franzs Feinde sind eher  in der eigenen Subkultur zu finden. Fassbinder interessiert sich ausschliesslich für die Ausbeutung von Gefühlen und der Einfluss des Geldes auf die Gefühlswelt . Dabei sind die Figuren seiner Geschichte zwar immer ein bisschen überzeichnet dargestellt, aber er lotet auch immer wieder die Liebesgeschichte an der richtigen Stelle aus, so sind seine Figuren zwar mit Klischees besetzt, aber nie im einseitigen "Gut" und "Böse" Schema zu finden und sind bei näherer Betrachtung reich an vielschichtigen Nuancen. Allerdings ist das Ende sehr bitter - mit dem Tod in der U-Bahn Unterführung zeigt Fassbinder radikal wie alleine der Mensch doch sein kann.



Bewertung: 7,5 von 10 Punkten.

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