Samstag, 21. Januar 2023

Stunde der Bewährung


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Ulu Grosbard

Ewiger Verlierer...

Die 70er Jahre haben filmgeschichtlich sehr viele Meisterwerke hervorgebracht, die auch heute noch von den Filmliebhabern im besonderen Maße geschätzt werden. Kein Jahrzehnt danach hatte diese vielen progressiven Stoffe zu bieten, das Publikum hatte ein starkes Interesse an realistischen Geschichten, sie durften auch düster und hoffnungslos sein. Verlierer gab es in diesem Film häufig, dafür weniger Superhelden. Luke Skywalker von "Star Wars" und der von Christopher Reeve gespielte "Superman" waren da die Ausnahme.
Der gebürtige Belgier Ulu Großbard stammt aus einer jüdischen Familie, die aufgrund der Verfolgung durch die Nazis Europa verließen und auf Umwegen in die USA auswanderte.
Seine Liebe galt dem Theater, er interessierte sich aber auch für den Film. Unter Arthur Penn war er Regieassistent in dem Erfolgsfilm "Licht im Dunkel". Seine Regiearbeit "Wer ist Harry Kellerman ?" fand große Beachtung, es vergingen allerdings 7 Jahre bis er die Regie in dem düsteren Neo Noir "Straight Time" übernahm - der Film ist in Deutschland unter dem Titel "Stunde der Bewährung" bekannt. Wobei "bekannt" fast schon etwas übertrieben ist. Trotz der ausserordentlichen Qualität dieses Films, in dem Hauptdarsteller Dustin Hoffman eine seiner besten Rollen in seiner Karriere zeigt, ist der Film stark in Vergessenheit geraten.
Großbard zeigt die Geschichte des Verlierers Max Dembo - am Ende des Films werden seine polizeilichen Verhaftungsfotos der Jahre 1972, 1966 und 1954 gezeigt. Letzeres zeigt Hoffman als Teenager. Somit wird dem Zuschauer klar, dass die kriminelle Karriere dieses Mannes schon in seiner frühen Jugend begann. Viele wollten in diesem Max Dembo den Straftäter Edward Bunker gesehen haben, der einst der jüngste Gefangene von San Quentin war.
Die Geschichte beginnt mit Dembos Entlassung aus dem Gefängnis. Er saß dort 6 Jahre und jetzt endlich kommt er auf Bewährung frei. Doch so frei, wie Max es gerne hätte, ist diese Bewährungszeit nun nicht. Zum einen muss er die Schikanen des ruppigen Bewährungshelfer Earl Frank (M. Emmet Walsh) ertragen. Desweiteren muss er zeitnah einen Job finden. Die von ihm gemietete Bleibe, ein billiges Zimmer, darf er auch nur dann behalten, ansonsten sagt Earl Frank, wo er zu wohnen hat. Max hat tatsächlich vor seinem Leben eine neue Richtung zu geben. Was nicht ganz einfach ist, denn als er Kontakt mit seinem Freund Willy Darin (Gary Busey) aufnimmt, ist dessen Frau Selma (Kathy Bates) nicht besonders erfreut. Sie gibt Max zu verstehen, dass er unter Umständen einen schlechten Einfluss auf ihren Mann ausübern könnte, Dieser habe seit einiger Zeit die Kurve in ein besseres Leben hinbekommen. Als Willy ihn eines Abends in seiner Bude besucht, packt Willy Heroin und Besteck aus und spritzt sich trotz der Warnung von Max. Es kommt wie es kommen muss. Bei einem Kontrollbesuch von Earl entdeckt dieser vergessene Streichhölzer und sofort verdächtigt er Max, dass er heimlich konsumiert. Max kommt in Untersuchungshaft und wird von der jungen Jenny Mercer (Theresa Russell) besucht. Jenny ist Mitarbeiterin des Arbeitsamtes und hat Max den Job besorgt. Durch ein gemeinsames Essen sind sich die beiden näher gekommen. Jenny kann die Verhaftung nicht verstehen. Als der Drogentest endlich Aufschluß gibt, wird Max wieder entlassen. Er wird von Earl abgeholt, der während der Autofahrt unbedingt herausbekommen will, wer nun in Max´s Bude Drogen genommen hat. Nun ist die Grenze erreicht, Max wird handgreiflich und begibt sich auf Flucht. Er muss untertauchen. Jenny hält weiterhin zu Max und es entsteht eine Beziehung, die aber überschattet wird von der Angst der Frau und der mangelnden Aussicht auf eine gemeinsame Zukunft. Max plant einen großen Coup zu landen, was ihn wieder mit seinen alten Kumpels zusammenbringt. Mit Jerry Shue (Harry Dean Stanton) plant er einen Überfall, bei dem vielleicht 20.000 Dollar herausspringen...





Kameramann Owen Roizman hat es gut verstanden, dieses tragische Verliererepos in graue Bilder zu packen. Roizman wurde insgesamt fünfmal für den Oscar nominiert (French Connection, Exorzist, Tootsie, Wyatt Earp und Network), konnte sich aber nie als Sieger durchsetzen. 2018 wurde ihm aber der Ehrenoscar für sein Lebenswerk zuerkannt. Grosbard ist ein kleines Meisterwerk des Neo Noir gelungen. Er erklärt seine Hauptfigur Max nicht. Er zeigt ihn so wie er ist. Der Zuschauer muss selbst die Lücken füllen. Hoffman zeigt eine sehr ambivalente Figur, die Anfangs recht sympathisch wirkt und später durch den Druck immer mehr die Kontrolle verliert und zu extremsten Aggressionen und zur höchsten Unberechenbarkeit neigt. Trotz der nur wenigen Zugeständnisse an die Publikumserwartung ist der Film vom Anfang bis zum Schluß fesselnd. Ein unbekannter großartiger Film.






Bewertung: 9 von 10 Punkten. 

 

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