Samstag, 16. Dezember 2017

Wer den Wind sät...

Regie: Stanley Kramer

Give me that old time Religion...

Angelehnt an den tatsächlich stattgefundenen "Affenprozess" und basierend auf das Theaterstück von Jerome Lawrence und Robert E. Lee drehte Regisseur Stanley Kramer im Jahr 1960 mit "Wer den Wind sät" einen seiner besten Filme. Der Fall ging in die Gerichts-History der Vereinigten Staaten als "Scopes Prozess" ein, der 1925 vor einem Gericht in Dayton, Tennessee statt. Angeklagt war der Lehrer Scopes, der im gleichen Jahr an der Schule Theorien lehrte, die der Bibel in Bezug auf die Entstehungsgeschichte der Menschheit widersprach. Man könnte das Szenario des Films in der heutigen Zeit etwas veraltet empfinden, doch interessanterweise wird das Thema nach wie vor in den USA dank eines erstarkten Fundamentalismus immer wieder diskutiert. Diese extrem konservative christliche Bewegung hat in den USA immer noch großen Einfluß und ist heute noch der Meinung, dass die Bibel bezüglich der Schöpfung immer noch wörtlich zu verstehen sei. Im Jahr 1925 reichte dieser Einfluss sogar aus, dass in den Bundesstaaten Florida, Oklahoma und Tennessee Gesetze erlassen wurden, die das Unterrichten von abweichenden Auffassungen an öffentlichen Schulen untersagten und Tennessee hatte das schärfste Gesetz, weil es diese Art von Unterricht unter Strafe stellten. In "Wer den Wind sät" wurde die Handlung zwar in das fiktive Städtchen Hilsboro verlegt und die Namen der Beteiligten wurden verändert. Der Zuschauer wird aber dennoch ins Jahr 1925 in den Bundesstaat Tennesse entführt, wo bereits die erste Szene die Gottesfürchtigkeit der Bevölkerung, ja sogar eine gewisse Bigotterie, zeigen soll. Es erklingt der eindringliche Gospel "Give me that old time Religion, its good enough for me", der vermittelt, dass mit den Lehren, die der junge Lehrer Bertram T. Cates (Dick York) dort seinen Schülern nahe bringt, die Brisanz bildet, um den einfachen Gottesglauben dieser Menschen aufs Mark zu erschüttern und deshalb wird er vor den Augen seiner Schüler vom Sheriff  - im Beisein des bigotten Reverend Jeremiah Brown (Claude Atkins) - verhaftet.  Cates hat dort die Evolutionstheorie von Darwin durchgesprochen. Der Fall schlägt sofort hohe Wellen im Land und polarisiert natürlich. Unterstützt wird der Angeklagte, dem der Prozess gemacht werden soll, von der Presse. Der zynische Zeitungsmensch E.K. Hornbeck (Gene Kelly) berichtet für den Baltimore Herald. Die Anklage hat mit dem bibelgläubigen Fundamentalisten und früheren US-Außemminister Matthew Harrison Brady (Frederic March) ein bekanntes Zugpferd und einen Streiter für die göttliche Gerechtigkeit bekommen. Er reist mit seiner Frau (Florence Eldridge) in den Ort, wo schon reger Trubel herrscht. Ganz im Sinne des Bürgermeisters und der Geschäftsleute, die durch den Schauprozess riesige Geschäfte wegen der vielen Besucher erwarten. Doch Brady bekommt einen harten Gegner. Die Zeitung hat den agnostischen Verteidiger Henry Drummond (Spencer Tracy) gewinnen können - er gilt als äusserst erfolgreicher Anwalt und war sogar früher mal Weggefährte und sogar Freund von Brady und unterstützte dessen Ambitionen auf die Präsidentschaft der Vereinigten Staaten. Anklage und Verteidigung liefern sich bald erbitterte Duelle. Zur Schlüsselfigur wird die Pastorentochter Rachel (Donna Anderson), die zwischen Vater und Verlobtem (dem angeklagten Lehrer) entscheiden muss...




Dabei erweist sich "Wer den Wind sät" vor allem als großer Schauspielerfilm und sowohl Spencer Tracy als Henry Drummond und Fredric March als Matthew Harrison Brady liefern brilliante Vorstellungen ab. Dabei gelingt es March sogar trotz eines gewissen Overactings in einigen Szenen eine großartige Filmfigur zu schaffen, mit allen Stärken und Schwächen. Kramer gelingt ein Plädoyer für die freie Meinungsäusserung und es wird Spencer Tracys Part am Ende des Films sein, dass es gelingt die neuen Erkenntnisse der Wissenschaft mit in die biblische Lehren zu integrieren. Intoleranz und Fanatismus erteilt der Filmemacher jedoch eine klare Absage.
Der Film war sehr erfolgreich, dass sich Kramer beim nächsten Filmprojekt erneut für einen Gerichtsfilm entschied.  Sein 1961 entstandener "Urteil von Nürnberg" gehört sicherlich neben Billy Wilders "Zeugin der Anklage" und Sidney Lumets "Die 12 Geschworenen" zum Olymp des Genres.  Aber "Wer den Wind sät" ist beinahe ebenbürtig. Der Film erhielt auch vier Oscarnominierungen: Bestes adaptiertes Drehbuch, beste Kamera (Ernest Laszlo), bester Schnitt und bester Darsteller Spencer Tracy. Gewonnen hat er keine der begehrten Trophäen. Dafür wurde aber Frederic March für seine Rolle mit dem Silbernen Bären von Berlin ausgezeichnet und auch Regisseur Stanley Kramer wurde bei der Berlinale 1960 mit dem Jugendfilmpreis  ausgezeichnet. "Wer den Wind sät" hat es zwar nicht zu diesem überlebensgroßen Filmmeisterwerk geschafft, aber er gehört zu diesen großartigen alten Hollywoodklassikern aus längst vergangenen Tagen, die auch heute noch emotional begeistern können, weil sie mit viel Liebe gemacht wurden.




Bewertung: 10 von 10 Punkten.

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