Montag, 25. Dezember 2017

Schuhputzer







































Regie: Vittorio de Sica

Unbarmherziger Jugendknast...

1957 wurde offiziell die Oscar-kategorie "Beste ausländischer Film" eingeführt. Wie in den anderen Kategorien gab es 5 Nominierungen und es gewann Federico Fellinis "La Strada".  In den Jahren 1948 bis 1956 wurde der beste Auslandsfilm intern ausgewählt. Im ersten Jahr ging dieser Spezialpreis an Vittorio de Sicas "Schuhputzer", den er 1946 drehte. Zwei Jahre später gewann er mit seinem bekanntesten Film "Fahrraddiebe" ebenfalls diesen begehrten Preis.
Ab 1943 arbeitete de Sica vor allem mit Drehbuchautor Cesare Zavattini zusammen. Zavattini schrieb nicht nur die Bücher für diese beiden Oscarfilme, sondern auch für weitere Meisterwerke wie "Das Wunder von Mailand", "Umberto D." oder Der Garten der Finzi Contini".
Leider sind einige der großen Filme eines der besten Vertreter des Neorealismus in Deutschland nicht als DVD erhältlich. Interessanterweise kann man aber über amazon.fr "Sciuscia" (so der Originaltitel von "Schuhputzer") eine deutschsprachige DVD finden. Für Fans solcher Filme - und ich bin einer von ihnen - ein großartiger Fund.
"Fahrraddiebe" ist natürlich einer meiner ganz großen Lieblingsfilme, aber "Schuhputzer" ist ebenfalls ein Meisterwerk und steht für mich auf einer Stufe mit seinem grandiosen Märchen "Das Wunder von Mailand".
Dabei ist der Film äusserst düster und zeigt die Armut Italiens kurz nach dem 2. Weltkrieg anhand der beiden Jungs Pascquale Maggi (Franko Interlenghi) und Giuseppe Filibucci (Rinaldo Smordoni), die in Rom als Schuhputzer ein bisschen Geld verdienen. Pascale hat seine Eltern im Krieg verloren und der kleine Giuseppe muss aber mit diesem kargen Lohn auch noch seine arme Mutter (Irene Smordoni) versorgen. Jeder Tag ist ein neuer Überlebenskampf. Die beiden Jungs halten aber fest zusammen, sie sind beste Freunde und unzertrennlich. Beide träumen davon, eines Tages das weiße Pferd Bersagliere kaufen zu können. Wenn etwas vom Schuhputzergeld übrig bleibt, dann mieten die beiden das schöne Pferd und reiten es. In Rom herrscht hohe Kriminalität durch Diebstahl und Schwarzmarkt. Giuseppes älterer Bruder Attilo ist ohne Arbeit, wie viele andere - daher hat auch er einen kriminellen Werdegang eingechlagen. Gemeinsam mit dem Hehler Panza (Gino Saltamerenda) soll Diebesgut verkauft werden. Bei einer Wahrsagerin verdienen sie mit gestohlenen Decken tatsächlich etwas Geld und für einen Tag winkt das Glück. Mit dem Geld kaufen sie das Pferd. Doch die Polizei schlägt zu und verhaftet die zwei Jungen, weil sie natürlich verdächtigt werden bei Raubzügen mitzumachen. Sie landen in einem Jugendknast. Dort halten die beiden aber dicht und sagen nicht gegen Bruder und Hehler aus. Erst als Pasquale glaubt, dass sein kleinerer Freund geschlagen wird (ein Trick des konservativen Gefängnisdirektors) gibt er alles zu, was auch zu einer Verurteilung der Drahtzieher führt. Giuseppe erfährt vom Verrat und will von seinem ehemals besten Freund nun nichts mehr wissen. Manipuliert von seinem Zellengenossen Arcangeli (Bruno Ortenzi) will er sich sogar rächen. Es kommt zum Kampf im Knast. Bei einer Filmvorführung wollen einige der jungen Strafgefangenen ausbrechen..




Der düsterste Teil des Films wird eröffnet, wenn sich auch für den Zuschauer die Tor zum Knast öffnen. Statt Reszonialiserung wird mit Strafen und harten Drill gearbeitet, obwohl viele der Insassen noch richtige Kinder sind. Die gezeigte Haftanstalt ist in drei Ebenen unterteilt. In jedem Stock befinden sich Reihen von Zellen mit jeweils 5 Jungen. Kontakte sind verboten. Eines der Kinder verliert bei dem Ausbruch, der auch einen Brand und Panik zur Folge hat, sein Leben. Am Ende steht die Flucht des Einen und der Verrat des Anderen. Aber auch der zweite Verrat von Pasquale geschieht nur deshalb, weil er seinen Freund schützen will. Der letzte Kampf der beiden endet tragisch. Das Pferd trabt alleine davon, Giuseppe stirbt im Kampf und Pasquale wird von der Polizei abgeführt. Lange Jahre im Knast werden die Folge sein, in jungen Jahren hat sich das Schicksal für den jungen Deliquenten bereits vollzogen. Der Film über diese Straßenjungs, die amerikanischen GIs im Nachkriegsitalien auf der Straße die Schuhe putzen, ist einer der wichtigsten Vertreter des Neorealismus und wie viele Filme dieser Sparte ein Zeitdokument mit dokumentarischem Touch.





Bewertung: 9 von 10 Punkten. 

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