Mittwoch, 13. Dezember 2017

Brokeback Mountain







































Regie: Ang Lee

Jack,  ich schwöre.....

Als "Schwulen Western" propagiert wurde Ang Lees "Brokeback Mountain" aus dem Jahr 2005 ein überragender Kassenhit, für ein Filmdrama spielte er weltweit 178,1 Millionen Dollar ein. Da der Film auch überaus anspruchsvoll in Szene gesetzt wurde, regnete es auch zahlreiche Oscar-Nominierungen. Bei der Oscarverleihung 2006 ging der Film mit 8 Nominierungen (Bester Film, beste Regie, Bester Hauptdarsteller Heath Leadger, beste Nebendarsteller Jake Gyllenhal, beste Nebendarstellerin Michelle Williams, beste Kamera Rodrigo Prieteo, beste Filmmusik Gustavo Santoallala und bestes Drehbuch Larry McMurtry und Diana Osanna) als riesengroßer Favorit ins Rennen. Am Ende schnappte ihm mit Paul Haggis Episodenfilm "L.A. Crash" ein echter Überraschungskandidat den Hauptpreis weg. Ang Lee bekam aber seinen Regie-Oscar und das Drehbuch sowie die Musik waren auch erfolgreich.
Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, wo auch die Prüderie sehr groß geschrieben wird, sorgte der Film nicht für Aufsehen, sondern auch für eine gewisse Empörung. Vor allem christlich konservative Kreise ärgerten sich darüber, dass "Brokeback Mountain" mit diesem homosexuellen Lebensstil christliche Wertvorstellungen total untergraben würde. Der Film stelle eine solche Beziehung gleichwertig der Ehe zwischen Mann und Frau gleich und durch den heimlichen Ehebruch wird nicht eingehend auf die Tatsache eingegangen, dass die Frauen dieser Männer in den Hintergrund der Geschichte geraten.
Dabei ist genau dies völlig an den Haaren herbeigezogen, wie ich finde. Ang Lee schafft gleichermaßen das Leben der beiden Cowboys - ausserhalb der von der Gesellschaft geächteteten Leidenschaft in natürlicher Idylle  -  zu skizzieren.
Der 19jährige Ennis del Mar (Heath Ledger) und der etwas ältere Jack Twist (Jake Gyllenhaal) lernen sich erstmalig im Jahr 1963 in Wyoming kennen, weil beide einen Job bei dem mürrischen Schaftzuchtbetreiber Joe Aguirre (Randy Quaid) annehmen. Die beiden Cowboys sollen einige Monate gemeinsam am Brokeback Mountain in den Rocky Mountains eine riesige Schafherde beaufsichtigen.
Das Verhältnis zwischen dem recht einsilbigen Ennis und dem etwas wilderen Jack entwickelt sich im Laufe der Zeit zu einer Kameradschaft. Ennis kümmert sich um den Lagerplatz, während Jack tagsüber zwischen Weide und Lager pendelt und die Nacht bei den Schafen verbringt. In der Einsamkeit der Berge führt diese wachsende Vertrautheit in einer schicksalhaften Nacht zu sexuellen Handlungen. Am Morgen danach werden Grenzen gezogen und jeder der beiden behauptet nicht schwul zu sein. Doch in der nächsten Nacht schlafen sie erneut miteinander.  Im Herbst gehen die beiden Cowboys wieder getrennte Weg. Ennis heiratet seine Alma (Michelle Williams), wie er es schon vor den Ereignissen in den Bergen vorhatte und auch Jack lernt beim Rodeoreiten seine spätere Ehefrau Lureen Newsome (Anna Hathaway) kennen, die Tochter eines schwerreichen Geschäftsmannes.
Erst vier Jahre später treffen sie sich und bei diesem Wiedersehen wird ihnen sofort klar, dass ihre Liebe kein Versehen war. Von nun an verabreden sie sich immer wieder zu gemeinsamen Angelausflügen. Ennis Frau Alma hat das Geheimnis ihres Mannes zwar entdeckt, sie schweigt aber darüber. Dennoch zerbricht die Ehe und die beiden Töchter kann Ennis nur alle 2 Wochen einmal sehen. Jack könnte sich ein gemeinsames Leben mit Ennis vorstellen, doch Ennis fürchtet die Ausgrenzung. Als Junge hat er schon einmal erleben müssen, wie zwei schwule Männer ermordet aufgefunden wurden. Ennis geht eine Beziehung mit der blonden Cassie Cartwright (Linda Cardellinii) ein, während Jack gelegentlich nach Mexiko fährt, um dort im Strichermilieu die Zärtlichkeiten zu finden, die ihm fehlen. Doch die lebenslange Liebesbeziehung wird aufrechterhalten...





Sie hat jedoch in der Gesellschaft dieser Zeit keinen Platz und demnach unterdrücken beide Männer ihre Gefühle und gehen Ehen ein, die den beiden Männern im Grunde nichts mehr bedeuten. Ang Lees Kameramann Rodrigo Prieto bringt die schroffe Schönheit dieser Landschaft voll zur Geltung. Es scheint zuerst etwas feindlich, doch diese Natur erweist sich für die beiden Männer wie das Paradies. Hier sind sie zusammen und allein - sie müssen keinem Rechenschaft ablegen. In einer Szene des Films sagt Jake zu Ennis "Dies geht nur uns beide etwas an" und gilt aber auch für das Versteckspielen und für die Heimlichtuerei in ihrem ganz normalen Umfeld. Ang Lee setzt dabei voll auf die hervorragende Leistung seiner beiden Hauptdarsteller, auf ein weiteres gut spielendes Ensemble und auf die wunderbaren Bilder, die natürlich zu einem Western - wenn auch zu einem extrem ungewöhnlichen - gehören. "Brokeback Mountain" war aber nicht der erste Western mit dieser Thematik. Edward Dmytryks "Warlock" zeigte - wenngleich viel versteckter - die tragische Lovestory zwischen zwei Revolverhelden, die damals von Henry Ford und Anthony Quinn verkörpert wurden.
Eine thematische Verwandtschaft sehe ich aber eher bei David Millers "Einsam sind die Tapferen" oder "Der Wildeste unter allen"  - diese hervorragenden 60s Klassiker der NeoWestern Sparte, die ein Bild vom Wilden Westen nach der Zeit des Wilden Westens liefert.
Insgesamt ist der Film ruhig und macht nicht viel Worte - genauso wie Ennis. Und der Film selbst ist weit entfernt von einem Schwulenwestern, wenn man es genau nimmt. Es geht um die Unterdrückung eigener Gefühle zugunsten von gesellschaftlichen Konventionen. "Brokeback Mountain" - eine Meditation über die Liebe, wenn sie sich frei enfalten könnte. Und ein Film über eine Momentaufnahme. Etwa dann, wenn Ennis am Ende im Kleiderschrank von Jack sein verschwundenes Hemd entdeckt, dass am selben Bügel hängt wie Jacks blutverschmiertes Jeanshemd von damals. Er riecht daran, so als wolle er die Zeit noch einmal spüren und diesen schönen Augenblick für immer konservieren.






Bewertung: 9 von 10 Punkten.

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