Montag, 4. März 2019

Cabaret







































Regie. Bob Fosse

Willkommen, Bienvenue, Welcome...

Bob Fosses "Cabaret" ist kein gewöhnliches Musical. Es stellt sogar die Gesetze dieses vor allem in den 50s und 60s beliebten Filmgenres total auf den Kopf. Dies war aber bereits beim Vorgänger "Sweet Charity" abzusehen, dass Fosse das Musical revolutionieren wollte - weg von der glücklichmachenden Idylle, hin zu mehr Realismus. Stattdessen fährt er einen moströsen Reigen an menschlichen Schwächen vor: Betrug, Untreue, Opportunismus und auch den Rassenhass zur Zeit der Wirtschaftskrise, wo man Schuldige braucht und ganz besonders in der Weimarer Republik, wo die Brutalität des beginnenden Nazi-Regimes bereits erstarkt.
Die vielen Songs, die fast alle zu Evergreens wurden, werden dabei im berüchtigten Berliner Kit Kat Club aufgeführt. Dort hat auf der Bühne ein dämonisch wirkender androgyner Confrerencier (Joel Grey) das Zepter in der Hand und dirigiert seine Kit Kat Dancers (Kathryn Doby, Inge Jaeger, Angelika Koch, Helen Velkovosrska, Gitta Schmidt und Louise Quick) bei den einfallsreichen und manchmal auch politisch gefärbten Tanzeinlagen. Dort gehts dekadent und verrufen zu, manche der Mädchen sind Jungs (Ricky Renee). Berlin ist eine Weltmetropole mit morbidem Touch, hier scheint alles möglich und die junge Sally Bowles (Liza Minelly) singt im Club, sucht sich ihre Freier und versucht ein Filmstar bei der UfA zu werden. Auch den jungen Briten Brian Roberts (Michael York) verschlägt es in die brodelnde Großstadt, die niemals schläft. Der angehende Autor und Sprachwissenschaftler will dort seine Doktorarbeit voranbringen. Er sucht in Berlin ein Zimmer und findet es dort in einer etwas heruntergekommenen Pension, wo auch Sally zur Untermiete lebt. 
"Cabaret" ist eines der besten Musicals überhaupt und gab der großartigen Interpretin Liza Minelly Gelegenheit als Ikone genauso unsterblich zu werden wie ihre Mutter Judy Garland. Für die Rolle der Sally Bowles bekam sie auch den Oscar als beste Hauptdarstellerin. Auch Joel Grey für seine großartige Performance als dämonischer Zeremonienmeister gabs die begehrte Filmtrophäe. Überhaupt gewann "Cabaret" 8 Oscars und ist bis heute der Film mit den meisten Auszeichnungen ohne den Sieg als bester Film in diesem Jahr zu bekommen. Der ging an "Der Pate". Weitere Siege gabs in den Kategorien Regie (Fosse), Kamera (Geoffrey Unsworth), Schnitt, Ton, Original-Score (Ralph Burns) und für die beste Art Direction (Rolf Zehetbauer, Hans Jürgen Kiebach, Herbert Strabel).
 Um seinen Unterhalt zu finanzieren, gibt der Brian Englischunterricht und flirtet mit der in Liebesdingen erfahrenen Sally. Zu Brians Kunden zählen der Gigolo Fritz Wendel (Fritz Wepper) und die reiche jüdische Kaufmannstochter Natalia Landauer (Marisa Berenson). In Berlin ist immer mehr der Einfluss vom kommenden Faschismus zu spüren, das Hakenkreuz sieht man überall. Während dieser Zeit kommen sich Sally und der zurückhaltende Brian näher und werden ein Paar. Dann lernen sie den Adligen Maximinal von Heune (Helmut Griem) kennen, der an beiden sexuelles Interesse zeigt. Auch im Kit Kat Club wird die Bühne immer mehr zum Spiegelbild von dem, was draußen auf der Straße passiert. Der Conferencier macht sich über die Nazis lustig, indem er einige schrille Gesangseinlagen zu diesem Thema auf die Bühne bringt. Doch alles ist natürlich ein Tanz auf dem Vulkan...





 "Cabaret" ist optisch brilliant und Liza Minelly ist die perfekte Besetzung für die unerschütterlich scheinende Sally, die angesichts der gesellschaftlichen und persönlichen Katastrophen ihre Lebensfreunde verliert, doch am Ende singt sie im schäbigen Kit Kat Club trotzig "Life is a Cabaret". Der Film greift viele Tabuthemen auf, so ist "Cabaret" auch ein Kind seiner Zeit, indem der Zuschauer Interesse an kontroversen Themen hatte: Ganz beiläufig geht es in "Cabaret" um Themen wie sexuelle Ambivalenz, Homosexualität, Promiskuität, Prostitution und Abtreibung. 
"Cabaret" wurde zu Recht ein großer Welterfolg und spielte 42 Millionen Dollar ein. Bob Fosse, der Regisseur, entwickelte nach diesem Triumph weiter und drehte seine eindringlichen Charakterstudien "Lenny" und "All that Jazz".





Bewertung: 10 von 10 Punkten. 

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