Mittwoch, 27. März 2019

Napoleon



Regie: Abel Gance

Der Retter Frankreichs...

Mit Hilfe seiner Kameraleute Jules Kruger, Joseph Louis Mundwiller und Leonce Henri Burel erhöhte Regisseur Abel Gance für sein Historienepos "Napoleon" die Mobilität des Filmapparats. Er wollte, dass der Zuschauer mit Haut und Haar am Geschehen beteiligt war. Also hängte man Kamera an Drähten auf, ließ sie von einer Seite zur anderen schwingen und an allem befestigen, was Räder oder Beine hatte, sei es ein Fahrrad, einer der Kameramänner oder ein Pferd. Doch trotz überreicher Phantasie mahnte sich der Filmpionier immer wieder selbst nicht in die Gefahr zu geraten visuell zu übertreiben.
Eine der großen Pioniertaten dieses ambitionierten Filmprojekts aus dem Jahr 1927 war das Triptychon, bei dem sogar am Ende des Films die Farben der Trikolore zum Einsatz kamen. Dieser frühe Cinerama Effekt hieß Polyvision. Er bot auf einer dreifach geteilten Leinwand sowohl Gesamtansichten als auch eine dramaturgische Mehrstimmigkeit, weil zeitgleich drei verschiedene und einander ergänzenden Handlungsmomente ablaufen konnten. Nach 7 Monaten am Schneidetisch stand der Premiere im Kino nichts mehr im Wege. Sie fand am 7. April 1927 in der Pariser Opera Comique statt und sie wurde zum großen Triumph. "Napoleon" wurde danach in weiteren europäischen Städten gezeigt - die Länge des Films betrug gut sechseinhalb Stunden. Sie wurde aber bald wieder geschnitten, da der Tonfilm viel attraktiver wurde als ein Stummfilm mit diesen verwegen anmutenden Laufzeiten.
In Deutschland wurde der Film eher reserviert aufgenommen und auch heute noch sind viele Kritiker der Meinung, dass Gances Werk eher eine hochpatriotische Mär mit einer überlebensgroßen Figur im Sinn hatte, der in einer Szene nicht nur das Meer bezwingt, sondern zeitnah den Konvent überzeugt Retter der Franzosen zu werden und der französischen Schreckensherrschaft ein Ende zu bereiten.
Diese von Kevin Brownlow rekonstruierte Fassung aus dem Jahr 1981 wurde durch die eindringliche Musik von Carmine Coppola (Vater des Regisseurs Francis Ford Coppola) neu untermalt. Der Film handelt von Napoleons Schulzeit bis hin zum Italienfeldzug 1796 und hat eine Laufzeit von 222 Minuten.
Dennoch blieb der Film ein Torso, gleichsam nur das Vorspiel zu dem, was dem Filmemacher Gance vorschwebte. Gance selbst in der Rolle des Saint Just zu sehen.
Ein Höhepunkt der frühen Filmgeschichte - vor allem wegen seinem perfektem Rhythmus und einer suggestiven Eindringlichkeit, die von Anfang bis Ende gegeben ist. Phasenweise wirkt "Napoleon" wie ein überlanger meditativer Videoclip.
Die ersten Szenen sind dem Jungen Napoleon (Wladimir Roudenko) gewidmet, der ein Einzelgänger auf der Militärakademie in Brienne ist. Bereits bei einer Schneeballschlacht beweist er militärisches Geschick. Doch seine Lehrer und Mitschüler mögen ihn nicht sonderlich. Zwei Mitschüler nehmen Rache wegen der Schneeballschlacht und öffnen die Tür des Käfigs von Napoleons geliebtem Adler. Der fliegt auf und davon, Napoleon trauert um seinen verlorenen besten Freund. Dann plötzlich taucht der Adler wieder auf und setzt sich zu dem Jungen. Der Adler wird noch mehrmals symbolisch im weiteren Verlauf der Geschichte verwendet. Der erwachsene Napoleon (Albert Dieudonne) fühlt sich berufen Frankreich zu stärken. Dann beginnt die Revolution. Der König und die Königin fallen der Schreckensherrschaft der Jakobiner zum Opfer. Doch die auch die Köpfe der Revolution - Marat (Antonin Artaud), Robespierre (Edmund van Daele), Danton (Alexandre Kubitzky) und Saint Just - werden auf dem Schafott rollen. In einer magischen Szene sprechen die toten Führer der schreckensherrschaft in den leeren hallen des Konvents zu Napoleon und bezeichnen ihn als den Vollstrecker der neuen Ordnung. Die der Guillotine nur durch Glück entgangene Josephine de Beauharnais (Gina Manes) wird Napoleons große Liebe, die er später heiratet. Am Ende steht der Italienfeldzug...






Eindrucksvoll wie Abel Gance mit seinem "Napoleon" bereits im Jahr 1927 von der Einheit Europas als riesiger Staat und Heimat aller Menschen spricht. Europa soll nicht nur geeinigt werden, sondern auch durch die Niederschlagung aller Grenzen in eine universelle Republik münden. Napoleons Ziel ist der Friede ohne Waffen, aber vorher muss natürlich viel Krieg geführt werden. Somit sah Gance Napoleon sicherlich als Idealisten und vom Schicksal getriebenen Kämpfer, gesapnnt auf das Rad der Historie und leider dazu verurteilt, im Kampf ein höherwertiges Ziel zu verfolgen. Die Bilder bleiben im Kopf - auch die Gesichter der beiden Napoleon Darsteller Wladimir Roudenko und Albert Diendonne.







Bewertung: 9,5 von 10 Punkten.

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