Mittwoch, 27. März 2019

Romanze in Moll








































Regie: Helmut Käutner

Die Ehebrecherin...

Die französischen Filme der 30er und 40er Jahre waren oftmals bemüht mehr Realitätsnähe und Sozialkritik in die Stoffe zu integrieren, der Alltag der Protagonisten ist dabei eher düster, die Menschen sind volkstümlich und lebensecht und die Liebe ist ein Ziel, aber auch eine große Illusion. Zusammengefasst wurden diese Filme als "Poetischer Realismus", der sehr viele Meisterregisseure und großartige Filme hervorbrachte: Marcel Carne Kinder des Olymp, (Hafen im Nebel, Der Tag bricht an), Rene Clair (Unter den Dächern von Paris), Julien Duvivier (Pepe le Moko - Im Dunkel von Algier) , Jean Renoir (Die große Illusion, Bestie Mensch, Die Spielregel) oder Jean Vigo (Betragen ungenügend, Atalante). Auch der deutsche Filmemacher Helmut Käutner war sehr stark von dieser Strömung beeinflusst und interessanterweise konnte er sogar während des 2. Weltkriegs einige Filme realsieren, die so gar nicht ins Weltbild der Nazis passten, denn sowohl "Große Freiheit Nr. 7" und "Unter den Brücken" betonten die Indivdualität der Figuren. Beim genauen Betrachten weichen selbst auch die unverfänglicheren Filme wie "Kleider machen Leute" und "Romanze in Moll" von den Mustern nazionalsozialistischen Denkens oder Idealen merklich ab. Der 1943 entstandene "Romanze in Moll" zeigt eine Ehebrecherin und man wird auch im Verlauf der Geschichte mit ihr mitfühlen und sie in ihrem Handeln verstehen können. Dabei greift von Anfang an ein sehr düsterer, pessimistischer Grundton gleich in der ersten Szene als Madeleines Ehemann (Paul Dahlke) vom Kartenspielen mit Freunden spät Abends nach Hause kommt und seine Frau Madeleine (Marianne Hoppe) leblos im Ehebett vorfindet. Er ist schockiert, kann diese Tat überhaupt nicht begreifen. Diese tragische Geschichte trägt sich im Paris um die Jahrhundertwende zu. Der kleine spießige Buchhalter versetzt die Habseligkeiten seiner Frau, die nun im Krankenhaus um ihr Leben ringt. Mit dem Erlös der Sachen will er versuchen ihr Leben zu retten. Als der Pfandleiher ein vermeintlich wertloses Perlenketten-Imitat als kostbares Original aus der Goldschmiede des besten Juweliers von Paris ausmacht und den Wert auf 10.000 Francs schätzt keimt der Verdacht auf, dass seine Frau Geheimnisse hat, die er nun aufdecken will. Er sucht den Juwelier auf und dieser gibt an, dass er das teure Schmuckstück an den erfolgreichen Komponisten Michael (Ferdinand Marian) verkauft habe, der es einer fremden Frau schenken wollte, die diese Kette im Schaufenster lange betrachtete. In dieser Rückblende lernt der Zuschauer die Frau kennen, die sich zuerst zögernd nur auf die Annäherungsversuche ihres charmanten Verehrers einlässt. Sie erzählt ihm auch nicht, dass sie verheiratet ist, was daran liegt, dass sie ebenfalls Gefallen daran gefunden hat mit dem Feuer zu spielen. Zu leidenschaftslos ist ihre Ehe, zu bieder der Alltag zuhause - umgeben von einer äusserst neugierigen Concierge (Elisabeth Flickenschildt) und gefangen wie ihr Kanarienvogel im Käfig. Bald wird Madeleine sich auf eine Liebschaft einlassen und ein Doppelleben führen. Sie wird so auch zur Muse des Komponisten, der durch sie die "Romanze in Moll" komponiert. Weil sie ihren pflichtbewussten, soliden Mann trotzdem achtet, verschweigt sie die Affäre. Doch das Schicksal will es, dass sie durch ihren Liebhaber den Lebemann Viktor Martin (Siegfried Breuer) kennenlernt, der dann in der Annahme ist, dass Madeleine die Frau von Michael ist. Er wird später der neue Vorgesetzte ihres richtigen Mannes und kennt nun ihre Doppelleben. Erschwerit wird die Situation deshalb, weil auch Viktor Madeleine leidenschaftlich begehrt. Diese Konstellation sorgt für die spätere Katastrophe...


Zwar wird im Film nicht ausdrücklich gesagt, dass Madeleine verstorben ist, aber die Schlußeinstellung lässt keine Zweifel zu. Der Selbstmordversuch hat schließlich doch funktioniert. Der Film begeistert nach wie vor durch seine guten Darstellerleistungen. Noch besser sind die düsteren Bilder, die immer wieder symbolhaft untermauert sind. Käutner hat viel mit Licht und Schatten gearbeitet und Kameramann Georg Bruckbauer liefert eine klasse Leistung ab. Dabei ist auch das Setting und die Ausstattung erlesen, gerade weil viele Bilder einen Studiocharakter verraten. Diese küsntliche Komponente verstärkt aber m.E. zusätzlich noch dieses ausserordentlich geglückte und atmosphärisch dichte Melodram. Helmut Käutner ließ sich durch die Novellen von Maupassant inspirieren. Der sensible und melancholische Bilderbogen eines bürgerlichen Eheausbruchs um 1900 zählt mit Sicherheit zu den besten deutschen Filmen, die während des 3. Reiches und der damit verbundenen Zensur durch den Propagangaminister, entstanden sind.


Berwertung. 9 von 10 Punkten.

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