Samstag, 13. Januar 2018

Eine auswärtige Affäre







































Regie: Billy Wilder

In den Ruinen von Berlin...

In der 40er Jahren war Billy Wilder noch nicht der unangefochtene Meister der Filmkomödie. Seine Erfolge hatte er vor allem in Dramen wie "Das verlorene Wochenende" sowie "Reporter des Satans" und düsteren Filmen der schwarzen Serie wie "Boulevard der Dämmerung" oder "Frau ohne Gewissen".  Erst mit dem 1954 entstanden leichten Liebesfilm "Sabrina" läutete er seine große Zeit im Genre der Komödie ein und es gelangen ihm Welterfolge wie "Das verflixte 7. Jahr", "Manche mögens heiß", "Das Appartment", "Eins, zwei, drei", "Das Mädchen Irma La Douce" oder "Küß mich, Dummkopf". Einem Genre, dem er auch in seinen Alterswerken treu geblieben ist. Es lohnt sich aber auch ein Blick auf seine frühen humorvollen Filme: 1941 entstand "Das Mädchen und der Major" und "Eine auswärtige Affäre" mit Superstar Marlene Dietrich drehte er 1948 im zerbombten und geteilten Berlin. Dieser Film ist sozusagen ein naher Verwandter seines 1961 enstandenen Meisterwerks "Eins, zwei, drei" mit James Cagney - auch hier macht sich Wilder über fast alles lustig. Allerdings ist dieser 40er Jahre Klassiker nicht ganz so zynisch und fies wie sein zweiter Berlin Film. In "Eine auswärtige Affäre" fehlt auch die menschliche Wärme nicht und trotz der humorvollen Struktur sind auch die düsteren Inhalte und Verweise sehr schnell zu erkennen. Es ist die Zeit nach dem Krieg. Die Menschen in Berlin sind arm, sie hungern und der Schwarzmarkt blüht.
Zu dieser Zeit wird eine US-Delegation, der auch die republikanische Kongressabgeordnete Phoebe Frost (Jean Arthur) angehört, ins kriegszerstörte Berlin geflogen, um dort die Moral der stationierten amerikanischen Truppen zu überprüfen. Denn in der Heimat ist man sehr besorgt, dass die Boys die Entnazifizierung vor allem und am liebsten bei blonden Fräuleins durchführen. Bei der Ankunft am Flughafen lernt die zugeknöpfte Miss Frost den smarten Captain John Pringle (John Lund), dem sie ein Präsent (einen Kuchen von einer Bekannten) aus Iowa mitbringt. Colonel Rufus J. Plummer (Millard Mitchell) organisiert auch gleich eine Rundfahrt durch das noch weitgehen zerstörte belrin. Bewusst vermeidet er dabei die kritischen Punkte wie Nachtlokale oder Schwarzmärkten. Der sittenstrengen und aufmerksamen Frau entgeht aber dennoch nichts und auf der Fahrt macht sie einige erschreckende Beobachtungen, die auf moralische Entgleisungen schließen lassen könnten. Alles schreibt sie in ihr Notizbuch. Als sie auf zwei zudringliche Soldaten trifft, gibt sie sich als "Fräulein" aus und lässt sich von den beiden Unholden in den Nachtclub "Lorelei" führen. Dort feiert die Sängerin Erika von Schlütow (Marlene Dietrich) große Erfolge mit ihren Liedern "The Ruins of Berlin", "Black Market" und "Illusions". Die beiden Soldaten erzählen, dass die attraktive Künstlerin mit vielen Nazigrößen per Du war, aber nicht ermittelt wird, weil wohl ein einflussreicher Soldat der US-Armee seine schützende Halt über sie hält. Das Drehbuch von Charles Brackett und Richard L. Breen sieht natürlich vor, dass der Liebhaber der deutschen Femme Fatale kein Geringerer als John Pringle ist. Und dieser merkt sehr schnell, dass Phoebe Frost ihm auf die Schliche kommen könnte. Grund genug die zugeknöpfte Moralistin anzuflirten. Mit Erfolg. Phoebe taut auf, verliebt sich den Soldaten und auch Pringle entwickelt eine Zuneigung...



Diese Konstellation führt zu einigen Verwicklungen, die sehr leicht und locker von Billy Wilder präsentiert werden. Mit dem Auftauchen des Naziverbrechers Hans Otto Birgel (Peter von Zerneck) wird es am Ende nochmal richtig gefährlich. Überhaupt hat Billy Wilder sehr viele wichtige Themen aus dem Nachkriegsdeutschland, als alles noch in Trümmern lag, sehr treffend beschrieben. Dadurch funktioniert der Film nicht nur als tolle Komödie, in der es viel zu schmunzeln gibt, sondern auch als atmosphärisches Zeitdokument. Nicht zu vergessen die schöne Liebesgeschichte, die zu vielen Mißverständnissen führt, aber am Schluß sich ein Happyend andeutet. Marlene Dietrich ist klasse inszeniert und bringt ein großartiges Cabaret-Flair mit den Liedern von Friedrich Hollaender. Sie passt perfekt in diese Dreiecksgeschichte. Der Film wurde leider nie deutsch synchronisiert, obwohl "Eine auswärtige Affäre" sicherlich zu den ganz großen Wilder Movies gezählt werden muss. Tragische Situationen, mit gutem Zynismus und vor allem grandioser Balance zwischen Moral und Unmoral.




Bewertung: 9 von 10 Punkten.

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