Regie: Florian Henckel von Donnersmarck
Ein Staatsdiener für die innere Sicherheit...
Es gibt wohl kaum einen deutschen Film, der mehr Preise einsammeln konnte als Florian Henckel von Dommersmarks "Das Leben der Anderen", das Abhör-Vergangenheitsbewältigungsdrama über den Staatssicherheitsapparat der DDR. Angefangen mit dem deutschen Filmpreis 2006 in den Kategorien "Bester Spielfilm", Männliche Hauptrolle Ulrich Mühe, männliche Nebenrolle Ulrich Tukur, Beste Regie, bestes Drehbuch, beste Kamera und bestes Szenenbild setzte sich der Triumphzug international fort. Es konnten drei der begehrten europäischen Filmpreise gewonnen werden (bester Film, Hauptdarsteller, Drehbuch), obendrauf gabs auch noch den Oscar, den Cesar und den BAFTA Award als bester fremdsprachiger Film. Lediglich der Golden Globe Sieg blieb dem Film versagt, dort hatte Clint Eastwoods "Sends of Iwo Jima" die Nase interessanterweise vorn, obwohl dieser Antikriegsfilm aus Japanischer Sicht eine US-Produktion war.
Kaum ein anderer deutscher
Film wurde aber auch so kritisiert wie "Das Leben der Anderen". Es fand
ein Diskussion darüber statt, ob es wirklich sein darf, dass der
Stasi-Hauptmamn Gerd Wiesler ((Kürzel HGW XX/7) die Seiten wechselt und
am Ende viel zu positiv dargestellt wird - ein Schlag in das Gesicht der
vielen tausend Opfer durch diesen brutalen Sicherheitsapparat des
Arbeiter- und Bauernstaats.
Diese Diskussion ist wohl so
ähnlich wie die Debatte darüber, ob man in einem Film auch "gute" Nazis
darstellen darf - am ehesten entstammt diese Streitfrage aber dem Wunsch
eines deutschen Publikums mit Sehnsucht nach dem üblichen Gut und Böse
Schema und streng vorgegebenem Rollenverhalten. Realistische
Zwischentöne im menschlichen Verhalten werden daher eher als irritierend
angesehen, so auch das Verhalten des bösen Abhörspezialisten, der
plötzlich aus ganz anderen Motivationen heraus, seine eigene Aufgabe
sabotiert. Ich finde aber nicht, dass der Mann so gut weg kommt, als
dass er das Leid der Opfer ad absurdum führt. Ganz im Gegenteil, denn
seine Rolle ist so tragisch angelegt, dass man von einer zerstörten
Existenz reden kann, wenn man die Szene betrachtet, wo er nach der Wende
von einem Auto heraus von Theaterschriftsteller Georg Dreymann
(Sebastian Koch) beobachtet wird, wie er einsam und verlassen die Straße
entlang läuft. Er blieb wie auch schon in der DDR ein einsamer Mensch,
der sich nur über das "leben der Anderen" zu definieren weiß.
Er
hat auch solange großen Spass an seiner Arbeit als Spitzel, bis er von
einer größeren Emotion gepackt wird...der Stasi Hauptmann verliebt sich
in die Schauspielerin Christa Maria Sieland (Martina Gedeck) und aus
diesem Gefühl heraus agiert er plötzlich aus ganz egoistischen
Beweggründen ganz anders, als er entdeckt, dass Dreyman mittels einer
Schreibmaschine DDR-kritische Artikel für den westdeutschen Spiegel
kauft und diese mit Kurieren in den Westen geschmuggelt werden. Er will
die Frau retten, vielleicht in einer Illusion für sich selbst und am
besten sieht man diese Erkenntnis in einer Szene, wo er seinen Schwarm
in einer kleinen Kneipe um die Ecke trifft, sie dort anspricht und sie
offen als große Schauspielerin anhimmelt, während im Hintergrund der
größte Schlager der DDR "Wie ein Stern" von Frank Schöbel läuft. Ein
Song von einer überlebensgroßen Machart, passend zur Gefühlslage des
vorherigen eiskalten und brutal agierende Rationalisten, der in einer
der ersten Szenen als Dozent seine fiesen Mehoden zur Wahrheitsfindung
gegen Regimegegner vor den Schülern anpreist. Sein Vorgesetzer Anton
Grubitz (Ulrich Tukur) hält große Stücke auf seinen perfekt
funktionierenden Mitarbeiter. Dadurch wird er auch mit dem Ausspionieren
des Theaterschriftstellers Georg Dreyman beauftragt, er soll auf Wunsch
des Kulturministers Bruno Hempf (Thomas Thiene) belastendes Material
gegen Dreyman finden. Dieser ist zwar als labiler Lebemann bekannt, aber
er hat eine weiße Weste und es gab bislang nicht den kleinsten Grund an
seiner Regimetreue zu zweifeln.
Wiesler verwanzt nun mit
einem Trupp der Stasi die Wohnung, in der Dreyman und seine
Lebensgefährtin Christa Maria leben, und richtet auf dem Dachboden des
Hauses eine Abhörstation ein. Der Einzelgänger Wiesler hegt aber immer
mehr eine gewisse Faszination für das Leben des Mannes, den er zu
beobachten hat. Dieser ist künsterisch kreativ, hat eine attraktive Geliebte
und ist in seinem Metier äusserst erfolgreich. Alles Eigenschaften, die
der farblose Voyeur niemals haben wird. Doch im Laufe der tragische wie
dramatischen Geschichte wird er auch über sich selbst hinauswachsen...
Ein gelunngener Spagat vom Bösen zum Guten zu überzuwechseln, die Akton
bleibt geheim und nur sein wütender Chef weiß, dass Wiesler erfolgreich
einen Staatsfeind gerettet hat. Er kann es aber nicht beweisen, weil er
weiß, dass der kluge und besonnene Wiesler alle Beweise gekonnt
vernichtet hat. Erst durch Zufall und durch die Unterlagen, die die
Gauck-Behörde archiviert hat, kommt der inzwischen im Westen
erfolgreiche Dreyman daninter, dass er lange Opfer der Abhör-Stasi war
und dass er unter seinen Feinden einen Schutzengel hatte. Lediglich die
Widmung und der Dank an HGWXX/7 in seinem neuen Buch "Die Sonate vom
Guten Menschen" mag vielleicht etwas zu dick aufgetragen sein., aber es
unterstreicht noch einmal das Thema des Regisseurs, der bewusst eine
Versöhnung zwischen Opfern und Tätern im Auge hatte. Für mich hat der
Film vor allem mit Hauptdarsteller Ulrich Mühe und Nebendarsteller
Ulrich Tukur zwei großartige Darstellerleistungen aufzuweisen, in seinen
besten Momenten ist "Das Leben der Anderen" nahe dran an den
Abhörthriller "Der Dialog" von Francis Ford Coppola heranzukommen - das
gelingt in diesen Momenten, in denen die Einsamkeit und Verlorenheit des
Progagonisten nur allzu deutlich wird.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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