Donnerstag, 5. Oktober 2017

Der Fremde am See







































Regie: Alan Guriaudi

Nah am See, nah am Feuer...

Alan Guriaudis Film "L'inconnu du lac" (Der Fremde am See) war in Frankreich im letzten Jahr ein Skandalfilm, die Städte Saint-Cloud und Versailles liessen aus moralischen Gründen die Kiinoplakate entfernen, da das gemalte Cover zwei sich küssende Männer an einem Strand zeigt. Immerhin fanden dann die Kritiker von "Cathiers du Cinema" den Nudistenkrimi so gut, dass sie ihn noch vor "Spring Break", La vie D´Adele" und "Gravity" zum Film des Jahres kürte. Das ist vielleicht doch etwas zu hoch gegriffen, aber der Film hat was und überzeugt mit einer sehr gelungenen Atmosphäre. Viel trägt dazu bei, dass der Regisseur die Natur als eigentlichen Hauptdarsteller ausgewählt hat. Dieser See, der von Hügeln und Wäldern umgeben ist, ist im Sommer ein beliebter Ort für Nudisten. Und dort gibt es auch einen Bereich, in dem sich vor allem schwule Männer treffen und am Ufer in der Sonne liegen. Immer sehr aufmerksam, sobald ein neuer Besucher in dieser Cruising-Area auftaucht, immer mit einem Blick in das Wäldchen, wer dort gerade rumläuft. Nach dem Schwimmen ein Spaziergang im Dickicht, wo man im Gebüsch und im Gras nackte Körper wahrnimmt. Ein Paradies für schnellen Sex unter der sommerlichen Sonne, ein Klima von Promiskuität. Jeden Tag legt dort Franck (Pierre Deladonchamps) sein Handtuch auf die weißen Kieselsteine, viele der anderen Männer, die da sind, kennt er ganz gut. Es kommen aber immer wieder neue Besucher dazu. Beispielsweise Henri (Patrick D`Assumcao), der immer etwas abseits liegt und so gar kein richtiges Interesse für die hinter ihm abgehende Sexaffären zu haben scheint. Langsam freundet sich Franck mit dem etwas sonderbaren Eigenbrötler an. Doch sein größtes Interesse gilt dem attraktiven Michel (Christophe Paou), den er mit einem anderen Mann im Gebüsch beim Sex beobachtet. Es scheint als hätte Michel auch Interesse, aber dessen heutige Eroberung quittiert die Blicke mit Eifersucht. Franck bleibt an diesem Tag bis in die Nacht am Strand. Dort beobachtet er Michel mit dem anderen im See. Er wird dabei Augenzeuge des Geschehens und erkennt die Gefahr, die Michel mit sich bringt. Doch andererseits will er auch die Leidenschaft mit dem Fremden ausleben und spielt damit erheblich mit dem Feuer...




Sehr cool wirkt die Beiläufigkeit mit der der ruhige pornographisch angehauchte Krimi inszeniert wurde. Er spielt sich ausschliesslich an diesem sommerlichen Fleck ab, die Szenen werden immer wieder unterbrochen mit dem Bild des Parkplatzes vor dem See, der Zuschauer sieht wie ein Auto kommt oder wenn einer nach dem schnellen Vergnügen wieder dort wegfährt. Dabei ist es Guiraudie sehr gut gelungen das Geschehen dort lebhaft zu machen, man fühlt sich manchmal mittendrin in diesem Kosmos des sommerlichen Cruisings. Der Schluß wirkt zuerst sehr irritierend, aber immer mehr plausibel und man erkennt das Thema "Lust am Masochismus". "Der Fremde am See" ist trotz der ruhigen, stillen Art von einer eigentümlichen Spannung. er ist trotz expliziter Szenen von einer poetischen Grundstimmung.




Bewertung: 9 von 10 Punkten.

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