Freitag, 13. Oktober 2017

Babel







































Regie: Alejandro González Iñárritu

Meditation...

Neben seinem ersten Filmerfolg "Amores Perros" aus dem Jahr 2000 ist das 2006 gedrehte Episodendrama "Babel" sicherlich die beste Arbeit des zweifach oscarpreisgekrönten Regisseurs Alejandro Gonzalez Inarritu. "Babel" galt auch bei der Oscarwahl 2007 als einer der großen Favoriten - und man traute dieser faszinierenden Geschichte über kulturell-gesellschaftliche Verständnisprobleme in der heutigen globalen Welt durchaus zu der Nachfolger von "L.A. Crash" zu werden, der als Epsisodenfilme ein Jahr zuvor überraschend in der Oscarnacht als bester Film des Jahres 2006 triumphierte. Doch leider konnte "Babel" von den ingesamt 7 Nominierungen (Nebendarstellerinnen: Adriana Barazza, Rinko Kikuchi, bester Film, beste Regie, bestes Drehbuch, bester Schnitt) lediglich den Preis für die beste Filmmusik (Gustavo Santaolalla) gewinnen. Sehr gerechtfertigt, da gerade der Einsatz der Musik eine meditative Note beisteuert, dennoch hätte der Film viel mehr gewinnen müssen.
"Babel" glit als moderne Parabel auf den biblischen Turmbau und beschäftigt sich mit kulturellen Codes und mit der Schwierigkeiten sich zu verständigen. Durch die Aufteilung der Story in drei Geschichten aus 3 Kontinenten wird die Völkerverständigung in den Mittelpunkt gerückt, aber darüberhinaus zeigt Inarritu auch die Unfähigkeit des Menschen den Anderen in seiner unmittelbaren Gegend zu verstehen. Ein Gefühl, dass sich im Laufe des 142 Minuten langen Films breit macht: Diese gewisse Unfähigkeit wirklich miteinander kommunizieren zu können - trotz oder vielleicht gerade wegen der immer hochentwickelteren Technik. Der Mensch scheint einer unsichtbaren oder vielleicht auch höheren Macht ausgeliefert zu sein. Menschen isoliert in ihrer Einsamkeit - das Verhältnis von Eltern und Kindern, der Kontakt zu den Nachbarn bis hin zu globalen Dimensionen. Für mich eine perfekte Studie über das biblische Bild des berühmten Turmbaus.
Denn interessanterweise sind die Schicksale von Menschen aus Marokko, San Diego, Mexiko und Tokio miteinander verquickt. Und ein Schuß aus einem Winchester-M 70 Jagdgewehr löst eine Verkettung tragischer Ereignisse aus. Die beiden minderjährigen Brüder Ahmed (Said Tarchani) und Yussef (Boubker Ait El Kaid) werden von ihrem Vater Abdullah (Mustafa Rahidi) beauftragt die Ziegenherde der Familie zu hüten und vor allem vor den Schakalen zu schützen. Abdullah gibt dabei den Jungs ein Gewehr mit, dass er einen Tag zuvor von seinem Nachbarn Hassan (Abdelkader Bara) gekauft hat. Hassan selbst bekam das Gewehr vor einigen Jahren von dem japanischen Geschäftsmann und Großwildjäger Yasujiro Wataya (Koji Jakusho) geschenkt. Als die Brüder das Gewehr ausprobieren und dabei gedankenlos auf einen Reisebus zielen, wird die Amerikanerin Susan (Kate Blanchett) von einer Kugel getroffen. Susan befindet sich mit ihrem Mann Richard (Brad Pitt) in der letzten Etappe einer Urlaubsreise durch Marokko. Die Beziehung der beiden ist angespannt, weil man den Verlust eines Kindes immer noch nicht verarbeiten konnte. Während dieses schwerwiegenden Unfalls, bei dem zuerst von den Behörden in Marokko und in den USA ein terroristischer Anschlag vermutet wird, passt zuhause in San Diego die zuverlässige Haushälterin Amelia (Adriana Barraza) auf die beiden anderen Kinder des Ehepaars auf. Amelia hält sich bereits 16 Jahre illegal in den USA auf und will zur Hochzeit ihres Sohnes nach Mexiko fahren. Nun verzögert sich alles, Richard bittet Amelia am Telefon doch weiter auf die Kinder aufzupassen. Amelias Neffe (Gael Garcia Bernal) hat da die zündende Idee: Einfach die Schutzbefohlenen mit nach Mexiko zur Hochzeit mitzunehmen. Ein fataler Fehler, denn die US-Grenzpolizei macht bei der Wiedereinreise in die USA Schwierigkeiten. Zur gleichen Zeit versucht im fernen Tokio die taubstumme Chieko (Rinko Kikuchi) den Selbstmord der Mutter zu verarbeiten. Das Verhältnis mit ihrem Vater Yasujro ist mehr als angespannt. Das Mädchen ist auf der Suche nach Kontakten. Gemeinsam mit ihrer Freundin Mitsu (Yuko Murata) versucht sie Jungs kennenzulernen und stürzt sich ins Nachtleben...






Interessanterweise sind alle Szenen des Films mit der Handkamera gedreht - und dies fällt dem Zuschauer zu keiner Zeit auf. Großartig sind die stimmungsvollen Landschafts- und Großstadtpanoramen von Kameramann Rodrigo Prieto. Das Schauspiel-Ensemble lieferte eine hervorragende Arbeit ab. Besonders hervorzuheben sind die Japanerin Rinko Kikuchi und die Mexikanerin Adriana Barraza, die ja beide auch für den Oscar vorgeschlagen wurden. Der Film beginnt mit diesem Schuß und die Ereignisse enden leider auch dramatisch. Eine der Figuren verliert ihre Existenz, die andere sogar das Leben. Filmtechnisch begeistert die verschachtelte Inszenierung der drei Geschichten, der Zuschauer kann das Mosaik irgendwann zusammenfügen, ohne dass er aber Antworten auf die aufgeworfenen Fragen erhalten wird. Rein oberflächlich gesehen eine filmische Abhandlung über die Schmetterlingstheorie, aber durch die Zerbrechlichkeit der Figuren auch eine gewisse Innenschau.







Bewertung: 10 von 10 Punkten.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen