Donnerstag, 19. Oktober 2017

Der letzte Kaiser







































Regie: Bernardo Bertolucci

Marionette...

Bei der Oscarverleihung 1988 war Bernardo Bertoluccis "Der letzte Kaiser" der große Abräumer. Insgesamt 9 Nominierungen in den Kategorien bester Film, beste Regie, bestes adaptiertes Drehbuch, beste Musik (Ryuichi Sakamoto, David Byrne und Su Cong), beste Kamera (Vittorio Storaro), bestes Szenenbild, bestes Kostümdesign, bester Schnitt und bester Ton und in allen Kategorien war er siegreich. Der farbenprächtige und opulente Film konnte in der Verbotenen Stadt gedreht werden und in der ersten Szene führt Bertolucci seine Zuschauer auf einen Bahnhof in der Mongolei. Dort werden viele Gefangene in ein Umerziehungslager der Kommunisten gebracht. Darunter befindet sich auch Pu Yi (John Lone spielt den Erwachsenen, weitere Pu Yi Darsteller sind Richard Vuu 3 Jahre, Tiger Tsou 8 Jahre und Wu Tao 15 Jahre), der ehmalige Marionettenkaiser von Mandschukuo und letzte Kaiser von China.
In der neu gegründeten Volksrepublik China gilt Pu Yi vor allem durch seinen Kollaboration mit den Japanern als Kriegsverbrecher. Nach der Ankunft im Lager misslingt ihm der Selbstmord, da er von dem Gefängnisaufseher (Ying Ruocheng) in letzter Sekunde gerettet wird. Auf die Frage warum man ihn nicht in Ruhe lässt antwortet sein Retter "Du bist ein Kriegsverbrecher, du musst dich verantworten".
In Rückblenden wird das bewegte Leben von Pu Yi erzählt, der im Jahr 1908 als Dreijähriger Knirps von seiner Familie entrissen wird und zur Kaiserin Witwe Cixi (Lisa Lu) gebracht wird. Da der Kaiser verstorben ist, wird sie einen Nachfolger bestimmen und ihre Wahl fiel auf Pu Yi. Immer wieder will der kleine Junge nach Hause, doch man vertröstet ihn. Er ist der Herrscher über die verbotene Stadt, aber alle anderen bestimmen über den Werdegang des Kleinen. Da er wie in einem goldenen Käfig lebt, den er nie verlassen darf, bekommt er auch nicht mit, dass vier Jahre später die Revolution bereits gesiegt hat und die Monarchie und somit auch der Kaiser abgeschafft wurde. Allerdings darf er weiterhin als eine Art lebender Anachronismus seine Rolle beibehalten und prachtvoll und feudal im abgegrenzten Kaiserpalast regieren. Der Zuschauer wird Zeuge wie unwohl sich Pu Yi in seinem luxuriösen Gefängnis fühlt. Von seinem englischen Tutor Reginald Johnston (Peter O´Toole) lernt er aber was ausserhalb der Palastmauern wichtig ist. 1922 heiratet Pu Yi die schöne Wan Jung (Joan Chen) und später als Nebenfrau Wen Hsiu (Vivian Wu), die beiden Frauen werden zu Freundinnen. 1924 wird der Schattenkaiser mit seinem gesamten Hofstaat aus der verbotenen Stadt vertrieben. Er findet schließlich Konktakt zu den Japanern, die ihm als einzige helfen. Aber Japan ist auf einem expandierenden Eroberungstrip, sie machen ihn zum Kaiser des neu gegründeten Staates Mandschukuo (ehemalige Mandschurai). Macht gewinnt er auch hier nicht. Erst später erkennt er, dass er auch hier nur eine Marionette ist und benutzt wurde. Nach dem Krieg wird von der roten Armee gefasst, die ihn schließlich an die Chinesen aufliefern. Nach 10 Jahre Umerziehung lebt er als Gärtner in Peking und sieht während Maos Kulturrevolution, dass sein ehemaliger Lageraufseher als  Konterrevolutionär angeklagt wird und als mahnendes Beispiel durch die Straßen laufen muss....









1967 stirbt Pu Yi und in seinem Film sieht der Zuschauer immer mit den Augen der Hauptfigur. Ein Mensch, der sich immer gefangen fühlt und nie wirklich frei war. Daher auch sein Faible für eine kleine Maus, die er in seinem opulenten Kostüm versteckt und immer dann rauslässt, wenn keiner es sehen kann. Er identifiziert sich mit seiner gefangenen Maus und auch mit einer kleinen Grille, die er als Kind in einer Bambusdose, einem Spielzeug gefangen hielt. Diese Dose fungiert auch als letzte Szene des 160 Minuten langen Films. Interessanterweise ist die Geschichte dieser extrem passiven Figur des Pu Yi ausserordentlich vielschichtig und Bertolucci hat alles daran gesetzt, dass sein Film als farbenprächtiges Epos alle Register zieht.








Bewertung: 10 von 10 Punkten. 

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