Montag, 14. August 2017

Die Jungfrauenquelle


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Ingmar Bergman

Töres Rache...

Ingmar Bergman selbst bezeichnete "Die Jungfrauenquelle" als einen seiner schwächeren Filme. Aber genau das Gegenteil ist der Fall: Das oscarpreisgekrönte Drama (Bester fremdsprachiger Film 1961) ist für mich neben "Das siebente Siegel" der beste Kinobeitrag aller Zeiten über das Mittelalter. Fasziniert hat mich diese Geschichtsepoche schon als kleines Kind und ich finde Bergman hat diese archaische Zeit perfekt eingefangen. Es gelang dem schwedischen Filmemacher aber auch die Gefühlswelt dieser Menschen jener Zeit einzufangen, die von Aberglauben, Gottesfurcht und vielen Existenzängsten geprägt war.
"Die Jungfrauenquelle" orientiert sich an der mittelalterlichen nordischen Ballade "Töres dotter I Wänge" aus dem 12. Jahrhundert, hat die Geschichte aber etwas verändert. Die Geschichte führt den Zuschauer in das mittelalterliche ländliche Schweden, wo der wohlhabende Bauer Per Töre (Max von Sydow) mit seiner Frau Märeta (Brigitta Valberg) lebt. Die hübsche Tochter Karin (Birgitta Petterson) wird vor allem von der Mutter sehr verwöhnt, der Vater ist etwas strenger. Das Leben der Familie ist sehr christlich geprägt, sie haben die Adoptivtochter Ingeri (Gunnel Lindblom) nicht wegen ihrer ledigen Schwangerschaft verstoßen. Ingeri ist sehr eifersüchtig, weil Karin bevorzugt wird und betet den nordischen Gott Odin an, der Karin strafen soll. Es ist der Tag, an dem die Marienkerzen zur Weihe in die Kirche gebracht werden soll und diese Aufgabe fällt der Tochter des Hauses zu. Karin ist aber vom Tanzen am Vorabend noch sehr müde und würde gerne länger ausschlafen. Die Mutter hat Verständnis und will stattdessen die Magd Frida (Gudrun Boost) zur Kirche schicken, doch schließlich setzt sich der strengere Vater durch. Immerhin darf Karin aber die beste Kleidung tragen und Ingeri soll sie begleiten. Da der Weg zum Dorf weit ist, sind die Mädchen mit den Pferden unterwegs.  Auf dem Weg dorthin treffen sie einen sonderbaren alten einäugigen Mann (Axel Slangus) am Bach, der mit unheimlichen Mächten in Verbindung stehen könnte. Dort bekommen die Mädchen auch Streit, so dass Karin die Reise ins Dorf alleine fortsetzt. Ingeri folgt ihr heimlich und sieht wie Karin auf drei Hirten (2 Erwachsene: Axel Düberg; Tor Isedal/ 1 Junge: Ove Porath) treffen. Da die Drei etwas ausgehungert aussehen, bietet Karin ihnen an mit ihr das Mittagessen einzunehmen. Doch die beiden erwachsenen Männer haben eher auf etwas ganz anderes großen Appetit. Viel zu spät bemerkt Karin, dass die beiden großes sexuelles Interesse an ihr haben und sie nicht mehr so ohne weiteres gehen lassen. Das Mädchen wird vergewaltigt und nach dem brutalen Vergehen von einem der Männer mit einem Stein erschlagen. Zeugin des Mordes ist Ingeri. Inzwischen ist es dunkel geworden. Auf dem Bauernhof macht man sich Sorgen, weil Karin und Ingeri immer noch nicht zurückgekehrt sind. Besonders die Mutter, die in der Nacht einen unheilvollen Traum hatte. Dann klopft es an der Tür und die drei Hirten fragen nach einem Quartier für die Nacht. Der Bauer gewährt ihnen diesen Wunsch und die drei sind auch zum Abendessen eingeladen. Als die Bäuerin zu Bett geht, bietet ihr einer der Hirten ein sehr schönes edles Kleid zum Kauf an. Sofort bemerkt die Mutter, dass es sich um Karins Kleid handelt. Sie nimmt alle Kraft zusammen, um sich nichts anmerken zu lassen und meint, dass sie dies mit ihrem Mann besprechen will. Draußen bricht sie fast zusammen und erzählt Per davon. Die Mutter hat die Tür des Zimmers, wo die Hirten schlafen, bereits verriegelt. Der Bauer bereitet sich für seine Rache vor, die er im Morgengrauen brutal und schonungslos vollzieht...








Die prägendsten Szenen dieses großartigen Films sind der im Raum sitzende Max von Sydow, der sein riesiges Schlachtermesser in den Tisch sticht und einige Zeit vor der Rache die mentale Kraft sucht, das Vorhaben auch erfolgreich zu meistern. Er macht dies alleine und nimmt nicht die Hilfe seiner Knechte dazu, wie Märeta es gehofft hat. Am Ende der Tat bereut der Bauer, da er auch den kleinen Jungen nicht verschont hat, von dem man sicherlich wusste, dass ihn keine Schuld trifft - er war nur der Bruder der Mörder. Dieser dritte Totschlag innert von Minuten ist auch eine weitere sehr unvergessene Szene des Films - Verzweiflung, Hass, Unbarmherzigkeit und sehr viel Menschlichkeit liegen in dieser beeindruckenden und starken Sequenz. Max von Sydow spielt für mich hier seine beste Rolle überhaupt und ihm zur Seite steht ein wunderbares Schauspielensemble. Das erschreckendste Bild ist aber die eben vergewaltigte Karin, sie steht völlig gebrochen wieder auf und Bergman wählte hier eine Nahaufnahme ihres Gesichtes, das ausdrückt, dass sie gerade die Hölle und alle Qualen durchlebt. Sehr selten hat ein Film die Gefühle seiner Figuren so nahe an den Zuschauer gebracht wie hier in "Die Jungfrauenquelle".
Diese zweiminütige Vergewaltigungsszene des Films löste damals Ende der 50s einen Zensurskandal aus und machte Bergman in der Bundesrepublik einem grösseren Publikum bekannt.
Ein ganz grosser Film, der sehr lange und nachhaltig wirkt. Traurig, spirituell und doch sehr elementar und lebensbejahend.







 Bewertung: 10 von 10 Punkten. 

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