Dienstag, 22. August 2017

Im Schatten des Zweifels

Regie: Alfred Hitchcock

Onkel Charlie...
Dieser Film aus den 40s ist einer meiner absoluten Hitchcock-Lieblinge. Und somit ein ganz besonderes Kompliment, denn ich komme locker auf gut 20 Filme des besten Directors aller Zeiten, die ich zu meinen Favoriten zähle.
Der Film glänzt mit klasse Schauspielerleistungen, allen voran Joseph Cotten als Onkel Charly und die heute etwas in Vergessenheit geratene Teresa Wright. Eine in den 40er Jahren sehr populäre Schauspielerin,  die vor allem in ihrer Dekade sehr oft als das liebenswertes american girl eingesetzt wurde.
Das Unheil kommt in "Im Schatten des Zweifels" in der Gestalt eines liebenswerten Verwandten in die Idylle einer sehr liebenswerten amerikanischen Familie, die im sonnigen Santa Rosa in Kaliformien lebt.  Besonders die junge Charlie (Teresa Wright) ist begeistert, als sie erfährt, dass sich der geliebte Onkel Charlie (Joseph Cotten) per Telegramm zu Besuch ankündigt. Es muss Gedankenübertragung sein denn sie selbst hatte zeitgleich die Idee ihn einzuladen. Weil der ihr seelenverwandte Onkel der Familie wieder etwas Auftrieb geben könnte, raus aus dem Alltagstrott.
Aber dieser Charles Oakley ist nicht nur der liebe Onkel der Familie Newton, sondern führt ein Doppelleben und ist ein kranker Serienkiller, dem die Polizei immer mehr auf den Fersen ist. Daher entschliesst er das für ihn unsicher gewordene New York zu verlassen -  seine Schwester Amy (Patricia Collinge), deren Bank Joseph (Henry Travers) und die Kinder Charlie, Ann (Edna May Wonnacott) und Nesthäkchen Roger (Charles Bates) im betulichen Santa Rosa wissen nichts von seinen grauenvollen Neigungen. Und dementsprechend groß ist auch die Wiedersehensfreude am Bahnhof. Der liebe Onkel bringt Geschenke mit, seiner Charlie hat er sogar einen wertvollen Smaragd-Ring mitgebracht und er will bei der Bank, in dem Joseph Newton als Angestellter arbeitet, ein Konto mit 40.000 Dollar eröffnen. Daher hält Joseph den Bruder seiner Frau für bisschen wichtigtuerisch und tauscht sich lieber mit seinem Freund Herbie (Hume Cronyn) über Literatur aus - und vor allem über den perfekten Mord. Die kleine Tochter Ann ist ein Bücherwurm und sie misstraut dem Onkel als einzige in der Familie. Eine gute Intuition dieses Kindes. Kurz nach Onkel Charlies Ankunft tauchten zwei "Regierungsbeamte" auf, die eine amerikanische Durchschnittsfamilie interviewen und fotografieren wollen. In Wirklichkeit sind aber Jack Graham (MacDonald Carey) und Fred Saunders (Wallace Ford) Polizisten, die glauben, dass sich der "Lustige Witwen" Mörder im Hause der Newtons einquartiert hat...







Immer mehr schleicht sich auch zur grenzenlosen Verehrung eben dieser Zweifel auch bei der jungen Charlie ein, denn Onkel Charly benimmt sich teilweise sehr sonderbar, was eigentlich nur unserer Heldin auffällt und die Situation wird immer düsterer.
In dem Gesprächen mit Francois Truffaut bezeichnete der Master of Suspence dieses auf dem ersten Blick eher unauffällige Werk als seinen persönlichen Lieblingsfilm unter all seinen Werken. Diese Einschätzung teile ich auch, denn diese ruhige Charakterstudie im Vorstadtmilieu ist in jeder Hinsicht ein perfekter Film. Grandios gezeichnet ist die Familie Newton, hier ist jede Szene und jedes kleinste Detail einfach perfekt gestaltet. Kein Wunder, dass selbst Edna May Wonacott, die Darstellerin der jungen Ann, noch heute im Alter von 85 Jahren Fanpost bekommt. Hitchcock entdeckte damals die Schülerin, als sie auf den Schulbus wartete. Der Film selbst wurde damals tatsächlich im beschaulichen Santa Rosa gedreht. Doch die Stadt hat sich von den 40er Jahren bis heute gewandelt - damals lebten ca. 15.000 Menschen in der Kleinstadt, heute zählt die Stadt bereits 150.000 Einwohner.
Edna May Wonacott verehrte damals den Topstar Joseph Cotten, aber Hitchccck hielt sie immer wieder an in den Szenen mit ihrem Filmonkel recht misstrauisch zu wirken. Und dies gelang, genauso wie auch die Darstellung der sehr engen Beziehung zwischen Onkel und Nichte. Die Idylle legt immer mehr finstere Geheimnisse offen. Diese düstere Komponente reichert Hitchcock noch zusätzlich mit einer guten Portion Ironie und schwarzem Humor an. Denn während der Vater und sein bester Freund ständig Methoden erwähnen, die den perfekten Mord bedeuten, während in der ganz, ganz nahen Umgebung tatsächlich ein neuer Mord droht. Joseph Cotten liefert mit diesem ambivalenten Killer einen der besten Bösewichte der Filmgeschichte ab. Hitch hat zwar mehr Filme gedreht, in den ehrbare Menschen für Mörder oder Geheimagenten gehalten werden - hier in "Im Schatten des Zweifels" erscheint der schreckliche Verbrecher in der Maske eines geachteten Geschäftsmannes. 








Bewertung: 10 von 10 Punkten. 

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