Regie: Elem Klimov
Die Hölle auf Erden...
Zu
den bekanntesten Filmen des russischen Regisseurs Elem Klimow gehören
"Agonia" (1974) und "Abschied von Matjora" (1979-1982). Sein letzter
Film "Komm und sieh" (Original: Idi I smotri - Geh und sieh dir das an)
ist aber gleichzeitig auch sein Meisterwerk. Später gab es für ihn
leider keine Möglichkeit mehr in seiner Heimat einen Film zu
realisieren. Dieser Film steht ganz in der Tradition von Geschichten,
die die Kriegserfahrungen durch die Augen eines Kindes filtern. Seinem
Landmann Andrej Tarkowski gelang mit "Iwans Kindheit" wahrscheinlicher
eines der gelungsten Beispiele. Aber auch Rene Clements "Verbotene
Spiele", Volker Schlöndorffs "Die Blechtrommel" oder John Boormanns
"Hope and Glory" verfügten über eine starke emotionale Kraft genau
dieses Thema dem Zuschauer nahe zu bringen. Die Szene des Massakers an
der Dorfbevölkerung wurde in Echtzeit gedreht und macht das Publikum zu
Voyeuren. Mit Entsetzen verfolgt man diesen Albtraum, der leider einmal
Realität war.
Die Geschichte von "Komm und sieh" ist
die Geschichte des 14jährigen Florian (Alexei Krawtschenko), der in der
realitiv verspielten Eingangssequenz mit seinem Freund in einem
provisorischen Sandgraben ein Gewehr findet. Noch ist der Krieg nicht so
nahe, wie er noch kommen wird und der Junge schließt sich gegen den
Willen seiner Mutter den Partisanen an. Im Wald haben sie ihr Lager und
er beobachtet dort auch die junge Glascha (Olga Mironowa), die Geliebte
des Partisanenführers Kosatsch (Liubomiras Laucevicus). Als die Gruppe
in den Kampf zieht, muss Florian solange Wache im Lager halten. Nur noch
wenige Menschen sind dort - aber er kommt Glascha etwas näher, die
beiden flirten sogar ein bisschen. Dann geraten beide in einen
barbarischen Bombenangriff und überleben diese Katastrophe wie durch ein
Wunder. In diesem Augenblick wechselt der Film auch eine Struktur und
verabschiedet sich von der nüchtern dargestellten Realität und wechselt
zur Perspektive des Jungen, der die Geräusche im Wald nur noch wie ein
dumpfes Echo wahrnimmt. Durch die Granatenexplosion ist er vorübergehend
taub. Die beiden jungen Menschen sind jetzt ganz alleine auf sich
gestellt und Florian beschließt sich nach Hause durchzuschlagen. Bei der
Ankunft finden die beiden die Dorfbewohner ermordet, deren Leichen
stapeln sich hinter einem Bauernhof. Auch die Mutter und seine kleinen
Geschwister sind unter den Opfern. Die Überlebenden haben Hunger und so
beschließt er mit zwei Männern etwas Eßbares aufzutreiben. Und wieder
führt sein Wege geradewegs in das Tor zur Hölle. Dort muss er zusehen,
wie die Bewohner eines anderen Dorfes in die Kirche getrieben und
verbrannt werden...
Bewertung: 10 von 10 Punkte
Dem
Jungen gelingt die Flucht, am Ende schießt er hasserfüllt auf das Bild
des Führers. Dabei sieht man mit den Augen des Jungen, dass sich das
Gesicht Hitlers verändert und in Gedanken wieder jünger wird, bis ein
Bild des Kleinkindes Adolf Hitler zu sehen ist. In dem Moment gibt
Florian das Schießen auf. Denn er bemerkt, dass sein Trauma sich nicht
mit dem Schema "Auge um Auge, Zahn um Zahn" auflösen lässt.
Für
mich ein sehr eindrücklicher Film, der trotz der expressionistischen
Struktur ganz nah an der Realität bleibt. Die dramatischen Nahaufnahmen
setzen dabei Akzente. Die Darstellung des unglaublichen Ausmaßes an
Grausamkeit, die Menschen einander zufügen können, ist das zentrale
Anliegen dieser bitteren Geschichte. Immer aus der intimen Sicht des
Jungen. Die traurige Wahrheit ist die, dass es im Krieg nur Opfer gibt.
Bewertung: 10 von 10 Punkte
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