Dienstag, 15. August 2017

Komm und sieh







































Regie: Elem Klimov

Die Hölle auf Erden...

Zu den bekanntesten Filmen des russischen Regisseurs Elem Klimow gehören "Agonia" (1974) und "Abschied von Matjora" (1979-1982). Sein letzter Film "Komm und sieh" (Original: Idi I smotri - Geh und sieh dir das an) ist aber gleichzeitig auch sein Meisterwerk. Später gab es für ihn leider keine Möglichkeit mehr in seiner Heimat einen Film zu realisieren. Dieser Film steht ganz in der Tradition von Geschichten, die die Kriegserfahrungen durch die Augen eines Kindes filtern. Seinem Landmann Andrej Tarkowski gelang mit "Iwans Kindheit" wahrscheinlicher eines der gelungsten Beispiele. Aber auch Rene Clements "Verbotene Spiele", Volker Schlöndorffs "Die Blechtrommel" oder John Boormanns "Hope and Glory" verfügten über eine starke emotionale Kraft genau dieses Thema dem Zuschauer nahe zu bringen. Die Szene des Massakers an der Dorfbevölkerung wurde in Echtzeit gedreht und macht das Publikum zu Voyeuren. Mit Entsetzen verfolgt man diesen Albtraum, der leider einmal Realität war.
Die Geschichte von "Komm und sieh" ist die Geschichte des 14jährigen Florian (Alexei Krawtschenko), der in der realitiv verspielten Eingangssequenz mit seinem Freund in einem provisorischen Sandgraben ein Gewehr findet. Noch ist der Krieg nicht so nahe, wie er noch kommen wird und der Junge schließt sich gegen den Willen seiner Mutter den Partisanen an. Im Wald haben sie ihr Lager und er beobachtet dort auch die junge Glascha (Olga Mironowa), die Geliebte des Partisanenführers Kosatsch (Liubomiras Laucevicus). Als die Gruppe in den Kampf zieht, muss Florian solange Wache im Lager halten. Nur noch wenige Menschen sind dort - aber er kommt Glascha etwas näher, die beiden flirten sogar ein bisschen. Dann geraten beide in einen barbarischen Bombenangriff und überleben diese Katastrophe wie durch ein Wunder.  In diesem Augenblick wechselt der Film auch eine Struktur und verabschiedet sich von der nüchtern dargestellten Realität und wechselt zur Perspektive des Jungen, der die Geräusche im Wald nur noch wie ein dumpfes Echo wahrnimmt. Durch die Granatenexplosion ist er vorübergehend taub. Die beiden jungen Menschen sind jetzt ganz alleine auf sich gestellt und Florian beschließt sich nach Hause durchzuschlagen. Bei der Ankunft finden die beiden die Dorfbewohner ermordet, deren Leichen stapeln sich hinter einem Bauernhof. Auch die Mutter und seine kleinen Geschwister sind unter den Opfern. Die Überlebenden haben Hunger und so beschließt er mit zwei Männern etwas Eßbares aufzutreiben. Und wieder führt sein Wege geradewegs in das Tor zur Hölle. Dort muss er zusehen, wie die Bewohner eines anderen Dorfes in die Kirche getrieben und verbrannt werden...




Dem Jungen gelingt die Flucht, am Ende schießt er hasserfüllt auf das Bild des Führers. Dabei sieht man mit den Augen des Jungen, dass sich das Gesicht Hitlers verändert und in Gedanken wieder jünger wird, bis ein Bild des Kleinkindes Adolf Hitler zu sehen ist. In dem Moment gibt Florian das Schießen auf. Denn er bemerkt, dass sein Trauma sich nicht mit dem Schema "Auge um Auge, Zahn um Zahn" auflösen lässt.
Für mich ein sehr eindrücklicher Film, der trotz der expressionistischen Struktur ganz nah an der Realität bleibt. Die dramatischen Nahaufnahmen setzen dabei Akzente. Die Darstellung des unglaublichen Ausmaßes an Grausamkeit, die Menschen einander zufügen können, ist das zentrale Anliegen dieser bitteren Geschichte. Immer aus der intimen Sicht des Jungen. Die traurige Wahrheit ist die, dass es im Krieg nur Opfer gibt.





Bewertung: 10 von 10 Punkte

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