Samstag, 26. August 2017

Once upon a time in Anatolia

Regie: Nuri Bilge Ceylan

Nächtliche Leichensuche....

Mit "Once upon a Time in Anatolia" (Originaltitel: Bir Zamanlar Anadolu´da) hat der türkische Regisseur Nuri Bilge Ceylan eine großartiges Meisterwerk geschaffen. Je länger der 157 Minuten Film läuft, desto mehr zieht er den Zuschauer gekonnt in seinen Bann. Als Stilistisches Kennzeichen des Regisseurs scheinen lange Einstellungen zu sein, die dem Publikum sorgfältig komponierten Bildkompositionen präsentieren. "Once upon a Time in Anatolia" enstand im Jahr 2011 und erhielt gemeinsam mit "Der Junge mit dem Fahrrad" einem Film der Gebrüder Dardenne (Belgien) den großen Preis der Jury bei den internationalen Filmfestspielen in Cannes. Drei Jahre später erhielt er ebenfalls in Cannes die Goldene Palme für den Nachfolgefilm "Winterschlaf".
Der Film lässt sich viel Zeit zum Aufbau seiner Geschichte, dabei ist auch die Kameraführung von Gökhan Tiryaki lobend zu erwähnen, die Bilder sind so gemacht als würden die Figuren, die in einem Mordfall eine Tatortbegehung machen, auf sehr beengtem Raum agieren. Es ist Nacht und sie fahren mit drei Autos durch die türkische Provinz. Kenan (Firat Tanis) ist der Mörder und auch sein Komplize 'Ramazan (Burhan Yildiz) sitzt in einem der Wagen. Beide umringt von Polizisten. Der Staatsanwalt Nusret (Taner Birsel) ist dabei, ebenso der Gerichtsarzt Dr. Cemal (Muhammet Uzuner). Am Anfang unterhält sich Kommissar Naci (Yilmaz Erdogan) mit seinem Fahrer Arap Ali (Ahmet Müntaz Taylan) über Büffel-Joghurt. Man hat beinahe das Gefühl die türkische Ausgabe eines Tarantino-Films zu sehen, der Humor ist relativ schwarz. Naci ist ungeduldig, da Kenan nicht mehr genau weiß, wo er die Leiche von Yasar (Erol Eraslan) vergraben hat. Oder aber die Beamten absichtlich immer wieder in die Irre führt. Zumindest ist dies Nacis Verdacht, irgendwann wird er gegen den Gefangenen handgreiflich. Der Staatsanwalt ist sichtlich gelangweilt, denn er wollte eigentlich am nächsten Tag frühzeitig nach Ankara reisen. Er erzählt dem Gerichtsarzt eine sonderbare Geschichte einer Frau, die ihren Todestag genau vorhergesagt hat. Immer wieder wird diese Geschichte im Lauf der Handlung fortgesetzt und man erfährt näheres und kann wie in einem Puzzle Stein für Stein langsam zusammensetzen, damit daraus ein Bild wird. Jedenfalls werden die Männer nach so langer erfolgloser Suche müde und vor allem hungrig. So entscheiden sie sich zur Schlafensstunde in einem nahen Dorf beim Dorfvorsteher Mukhtar (Ercal Kesal) einzukehren. Dort sind sie trotz später Stunde willkommen, es wird Lamm gegessen und die Männer bewundern die Schönheit von Mukhtars jüngster Tochter Cemile (Cansu Demirici). Bei diesem Besuch gesteht Kenan dem Kommissar, dass er mit Yasars Frau Gülnaz (Nihan Ocutucu) ein Verhältnis hatte und er der Vater ihres Sohnes Adem (Fatih Ereli) ist. Am frühen Morgen bricht der Konvoi wieder auf, dann finden sie auch den Ort, wo die Leiche vergraben wurde....





Ein atmosphärisch dichtes Meisterwerk, sehr schwermütig und vor allem bietet "Once upon a time in Anatolia" einen interessanten Einblick in Land und Leute. Die Szenen wurden formstreng gestaltet, aber immer wieder schimmert eine vollende Schönheit aus ihnen. Magische Augenblicke und tragische Momente, die sehr tief gehen. Die Dialoge zwischen den Staatsanwalt und dem Gerichtsartz werden immer wahrhaftiger, auch wenn man genau dies vermeiden will. Viele Sequenzen bleiben im Gedächtnis haften: Der Wind und die Bäume im Dunkel, vom Licht der Autos angestrahlt. Man weiß man ist irgendwo in Anatolien, aber alles wirkt so eng. Wenig Totale, die Kamera agiert in Augenhöhe und zeigt nicht was rechts, links, unten oder oben ist. Poetische Momente sind dabei. Viele Kritiker verglichen den Film mit Antonionis großartigem "Blow up" - schon alleine wegen des Phantoms "Leiche". Mich erinnerte Ceylans Film aber auch an den Oscarpreisträger aus Argentinien "In ihren Augen" von Juan Jose Campanella. In beiden Filmen wird der Krimianteil dazu verwendet für wesentlich vielschichtigere Aussagen.




Bewertung: 10 von 10 Punkten.

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