Sonntag, 7. August 2022

Moonrise Kingdom


Regie: Wes Anderson

Teenager in Love...

Willkommen in der schrägen Welt des Wes Anderson und willkommen in der Zeitreise im Jahr 1965 auf der Insel New Penzance in New England.
Dort verbringt das zwölfjährige Waisenkind Sam Shakusky (Jared Gilman) seinen Ferien im Camp Ivanhoe der "Khaki Scouts".
Dort hat Scount Master Ward (Edward Norton) das Sagen und ist verantwortlich für die Jungs. Als Sam eines Nachts ausreist, löst er damit das größte Chaos aus, das diese von der Welt vergessene Inselidylle je erlebt hat.
Denn sein Kündigungsschreiben als Khaki Scout, das man in seinem leeren Zelt vorfindet, ist erst der Anfang der Aktion, bei dem gleich auch der Inselpolizist Captain Sharp (Bruce Willis) mitmischt.
Er befragt die Leute, die was gesehen haben könnten - so auch die Familie Bishop (Frances McDormand/Bill Murray). Was er gerne tut, denn er hat heimlich ein Verhältnis mit der Frau. Doch dann ist auch die Tochter der Bishops verschwunden. Die verschwundene Suzy (Kara Hayward) hat sich mit ihrer Katze und einem Koffer davongeschlichen und gilt als schwer erziehbares, persönlich gestörtes Kind.
Was bald klar wird: Hier sind zwei Liebende auf der Flucht...



Mit tollen Bildern ist dieses romantische Tragikomödie eine der ganz großen Kinoüberraschungen des Jahres. Denn "Moonrise Kingdom" schafft es mit ganz einfachen Mitteln sein Publikum im Sturm zu erobern. Der Film ist von etwa gleicher guter Qualität wie "Little Miss Sunshine" von Jonathan Dayton und Valerie Faris.
Der Film ist von einem sehr schönen, schrägen Humor geprägt und begeistert durch seine skurrilen Details.
Der hervorrangenden Eindruck rundet die gut harmonierende Ensembleleistung der Darsteller ab. Bislang Wes Andersons bester Film.




Bewertung: 9 von 10 Punkten.

Eine fatale Entscheidung


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Xavier Beauvois

Polizeialltag...

Einer der wenigen "Krimis", der sich versucht realistisch mit der Polizeiarbeit auseinanderzusetzen. Damit fällt dann auch der erwartete Spannungsbogen, den wir den US-Filmen kennen, total weg.
Bei der "fatalen Entscheidung" wird es daher erforderlich sein, die üblichen Erwartungshaltungen an das Genre etwas runterzuschrauben.
Es wird nämlich in der ersten Stunde nicht viel an "action" passieren, der Film stellt uns eine kleine Gruppe der Pariser Kripo vor.
Er beschreibt auch ihre privaten Wege, wenn sie nicht im Dienst sind und beleuchtet die Beziehungen untereinander.
Zwei Hauptfiguren...zum einen ein junger Kriminalbeamter, der direkt von der Polizeischule auf Wunsch in diese Einheit versetzt wird und der etwas naiv, aber voller Eifer und Neugier steckt.
Daneben seine routinierte Chefin, eine Frau, die von allen Kollegen gleichermassen geschätzt wird und nach Dienstschluss eine Selbsthilfegruppe für Alkoholiker besucht und seit 2 Jahren "trocken" ist.
Auf die Frage, warum er zur Polizei ging, antwortet ihr der junge Kollege mit "wegen den Filmen" und meint eben diese Action, die wir aus den Hollywood-Filmen kennen.
Ermittlungsarbeiten gestalten sich als zäh und weniger actionlastig wie man sich das vorstellt und der junge Protagonist ist mit Langeweile konfrontiert und vielleicht geht es manchem Zuschauer genauso, der auf diese bekannten Spannungsbögen im Krimi wartet und nichts zu kommen scheint, obwohl die Gruppe dann endlich ihren "Mordfall" bekommt.
Diese zwei Komponenten "Mordfall in den Händen dieses jungen Kollegen" leiten dann auch den zweiten Teil des Films ein, eben diese fatale Entscheidung.





Und ab da ist der Film dann in der krassesten Form bei seinem Thema angelangt und man ist dann bei einer Art Action angelangt, allerdings ganz anders als wir uns das vorstellen wollten. Die Realität übertrifft dann sozusagen jedes gängige Bild und hält eine äusserst bittere Analyse für uns bereit. Der Film wirkt dann, gerade weil er sich am Anfang viel Zeit für seine Figuren liess, umso intensiver und wird zu einem geschlossenen kleinen Meisterwerk.





Bewertung: 9,5 von 10 Punkten

Jagd nach Millionen


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Robert Rossen

Körper und Geist...

Seinen größten Erfolg feierte der Regisseur und Drehbuchautor Robert Rossen bei der Oscarverleihung 1950. "Der Mann, der herrschen wollte" gewann in den Kategorien "bester Darsteller" Broderick Crawford, "beste Nebendarstellerin" Mercedes McCambridge und "bester Film", dieser Preis ging an den Produzenten Robert Rossen. Seine Filme in der Folgezeit waren nicht mehr so erfolgreich, es gelang ihm jedoch 1961 mit "Haie der Großstadt" ein großes Comeback. Neben diesen  beiden Filmen, die zu den Klassikern des Hollywood Kinos gezählt werden, darf auch sein Boxerdrama "Body and Soul" aus dem Jahr 1947 nicht vergessen werden. Mit dem Hauptdarsteller John Garfield gelang ihm einer der eindrucksvollsten Werke dieses Genre, vor allem sind die stilistischen Verbindungen zu den Kriminalfilmen der Schwarzen Serie mehr als augenfällig. Für Martin Scorsese war er gar Inspiration für den eigenen Boxerfilm "Wie ein wilder Stier" mit Robert deNiro.
Als Sohn eines Süßwarenhändlers wuchs Charlie Davis (John Garfield) aus New York in eher bescheidenen Verhältnissen auf. Die Eltern (Art Smith/Anne Revere) sind bescheidene, ehrliche Leute und vor allem Charlies Mutter will, dass ihr Sohn einen Beruf erlernt, anstatt sich nur auf sein Talent als Boxer zu konzentrieren. Sein Freund und Manager Shorty Polaski (Joseph Pevney) unternimmt immer wieder Versuche das Talent von Charlie bei Promoter Quinn (William Conrad) anzupreisen. Der ist zunächst unbeeindruckt, doch dann erkennt auch er das große Talent von Charlie. Bei einem Bombeneinschlag auf eine benachbarte Kneipe, die Alkohol ausschenkt, wird auch der Laden der Familie Davis zerstört, der Vater stirbt bei dem Anschlag. Um seiner Mutter und seiner Freundin Peg Born (Lilli Palmer) ein Leben in Armut zu ersparen, wechselt Charlie vom Amateurfach zu den Profis. Doch beim Boxsport tummeln sich auch dubiose und Kriminelle Gestalten. Vor allem der ruücksichtslose Promoter Roberts (Lloyd Goff) hat nur eines im Sinn: Ohne Rücksicht auf Verluste groß abzusahnen. Im Ring ist Charlie erfolgreich, doch er geht immer mehr Deals mit seinen jetzigen Ratgebern und Förderer ein. Da ist erstmals kein Platz für Peg. Ihren Platz nimmt Femme Fatale Alice (Hazel Brooks) ein. Shorty wird heimlich abserviert und bei einem Kampf wird der frühere Meister Ben Chaplin (Canada Lee) so schwer verletzt, dass er bleibenden Schaden davonträgt. Auch der neue Titelkampf mit dem aufsteigenden Talent Jack Marlowe (Artie Dorell) ist abgesprochen. Roberts hat eine riesige Summe auf den Youngster gewettet und besteht darauf, dass sein bisheriger Schützling Charlie den Kampf in der 15. Runde verliert. Manipuliert durch das viele Geld, dass nun winkt, geht Charlie auf dieses falsche Spiel ein..





Vor allem die Schauspielerleistung sind richtig gut. John Garfield in einer seiner besten Rolle, er bekam dafür auch eine Oscarnominierung. Auch die Nebendarsteller Joseph Pevny, William Conrad, Lloyd Goff oder Ann Revere sind perfekt besetzt. Kameramann war James Wong Howe. Bei der Oscarwahl gewann Rossens Film den Preis für den besten Schnitt. Auch das Originaldrehbuch war nominiert. Dabei gelang es Robert Rossen mehr als nur eine Boxer- und Film-Noir-Geschichte zu zeigen, denn der oscarnominierte Drehbuchautor Abraham Polonsky machte daraus ein sozialistisches Drama vom Schlage wie Kazans "Die Faust im Nacken" - es geht um die Macht des Geldes und dass ein einfacher Mann dieser Macht unter Umständen so verfallen kann, dass er völlig entgleist. Auch das Ende hinterlässt trotz positiver Momentaufnahme ein mulmiges Gefühl. Wie wird es wohl für Charlie weitergehen ?





Bewertung. 9 von 10 Punkten. 

 

Painted Birds


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Vaclav Marhoul

Angemalte Vögel...

Der tschechische Film "Painted Birds" (Originaltitel: Nabarvene ptace) basiert auf dem gleichnamigen Roman des polnisch-jüdischen Schriftstellers Jerzy Kosinski aus dem Jahr 1965. Ins Deutsche wurde der Roman unter dem Titel "Der bemahlte Vogel" von Herbert Roch übersetzt. Durch Vaclav Marhoul wurde der Stoff 2020 verfilmt. Er führte dabei nicht nur Regie, sondern verfasste auch das Drehbuch. Als besonderer Glücksgriff erweist sich die Entscheidung des Machers den Film in schwarz-weiß zu drehen, dies verleiht ihm aufgrund der überragenden Bildgestaltung durch Kameramann Vladimir Smutny bereits einen Filmklassiker Touch. Im eigenen Land sehr gut aufgenommen wurde er als tschechischer Beitrag für die 92ste Oscar Verleihung ausgewählt, wo er in die Shortlist der besten 9 Filme kam. Leider fiel er am Ende knapp bei der Wahl der fünf besten Auslandsfilme heraus und erhielt keine Nominierung. Verdient hätte es dieser tragische Film aber auf jeden Fall, auch wenn die Geschichte sehr brutal ist. Tiere, genau wie der kleine jüdische Junge, sind den Aggressionen der Menschen ausgesetzt. In einigen Szenen wird das Leid der Tiere gezeigt, was schließlich immer auch Rückschlüsse auf das Leid des kleinen Protagonisten zulässt. "Painted Birds" wird in 9 verschiedene Episoden eingeteilt. Jede dieser Epsioden steht für einen Teil der Odyssee, die der Junge (Petr Kotlar) in den Zeiten des Krieges durchlaufen muss. Wir befinden uns in einem unbekannten Gebiet im kriegszerrütteteten Osteuropa. Dort lebt dieser Junge bei seiner Tante Marta (Nina Schunewytsch). Als die betagte Frau plötzlich stirbt, setzt er das Bauernhaus versehentlich in Brand und muss auf Wanderschaft gehen. Die weiteren Abenteuer, die er erlebt, sind eine Reihe schrecklicher Begegnung mit Ignoranz, Ausbeutung und Verderbtheit. Die Wahrsagerin Olga (Alla Sokolowa) nimmt den Jungen bei sich auf, weil sie eine kostenlose Arbeitskraft braucht und weil die anderen Dorfbewohner in dem kleinen Kind das Unheil, den Teufel und einen Vampir sehen. Die nächste Station führt ihn zu einem Müller (Udo Kier), der irgendwann seinen Gehilfen die Augen ausmeißelt, weil der mit der wesentlich jüngeren Ehefrau des Müllers flirtet. Der Junge rennt davon und kommt zu dem Vogelzüchter Lekh (Stellan Skarsgaard), der ihn gut behandelt, doch auch diese Zeit bei ihm wird nur kurz sein. Er findet ein lahmes Pferd, versucht dem Tier zu helfen, indem er es in das nächste Dorf bringt. Dort wird das Tier aber erschossen und er selbst wird als Jude den Deutschen übergeben. Der Junge soll erschossen werden, doch der Soldat Hans (Stellan Skarsgaard), der ihn töten soll, lässt ihn laufen. Ein Pfarrer (Harvey keitel) meint es gut mit ihm und bringt ihn bei seinem Gemeindemitglied Garbo (Julian Sands) unter. Doch der missbraucht das Kind. Wieder kommt es zur Flucht, aber auch sein Aufenthalt mit der jungen Labina (Julia Valentova Vidrnakova) endet tragisch, danach kümmert sich der Rotarmist Mitka (Barry Pepper) um ihn. Am Ende trifft der Junge, der Joska heißt, seinen Vater Nikodem (Petr Vanek) wieder...








Eine drastische Beschreibung eines Kinderschicksals aus dem zweiten Weltkrieg. Einige Kritiker haben den Film mit dem großen 80er Jahre Meisterwerk "Geh und sie" von Elem Klimov verglichen, wobei dieser noch intensiver ist. Aber ein guter Film ist "The Painted Bird" auf jeden Fall. Mich hat er auch an Rick Ostermanns "Wolfskinder" erinnert.








Bewertung: 9 von 10 Punkten.