Dienstag, 22. Juli 2025

Flow


Regie: Gints Zilbalodis

Strömung... 

Der lettische Animationsfilm "Flow" ist schon optisch eine Wucht und sicherlich einer der schönsten Zeichentrickfilme der letzten Jahre. Aufgrund der Popularität des Films in Lettland wurde in der Hauptstadt Riga eine Statue der Katze aus Flow aufgestellt. Darüberhinaus gab die lettische Post eine limitierte Sonderbriefmarke heraus, die dem Film gewidmet ist.  Regisseur Gints Zilbalodis wurde 2024 als "Rigaer Bürger des Jahres“ ausgezeichnet. Aufgrund des Erfolgs von Flow verzeichnete die lettische Filmindustrie erhöhte Investitionen. 2012 produzierte Zilbalodis "Aqua", einen Kurzfilm über eine Katze, die ihre Angst vor dem Meer überwindet. Die Prämisse von Aqua diente als Grundlage für Flow. Die Produktion von "Flow" begann 2019, und Zilbalodis und sein Produktionsteam benötigten fünfeinhalb Jahre für die Fertigstellung des Films.  Er enthält keine Dialoge, und Zilbalodis gab an, von Jacques Tati sowie der Anime-Serie Future Boy Conan inspiriert worden zu sein. Drehbuch und Produktion stammten von Zilbalodis und Matīss Kaža. Die lettisch-französisch-belgische Koproduktion folgt einer Katze, die zusammen mit anderen Tieren in einer scheinbar postapokalyptischen Welt zu überleben versucht, während der Wasserspiegel dramatisch ansteigt. Er wurde zum meistgesehenen Film in den lettischen Kinos aller Zeiten. Bei der 97. Oscarverleihung gewann Flow den Preis für den besten Animationsfilm und wurde als lettischer Beitrag auch für den besten internationalen Spielfilm nominiert. Damit war er der erste Film aus Lettland, der bei der Oscarverleihung nominiert wurde und gewann. Außerdem gewann er den Golden Globe Award für den besten Animationsfilm. Beide Statuetten wurden später im Lettischen Nationalen Kunstmuseum ausgestellt.Eine dunkelgraue Katze streift durch einen Wald. Ein Rudel Hunde kommt an den Fluss, um Fische zu fangen. Als sich zwei Hunde um einen Fisch streiten, nimmt die Katze den Fisch und wird von den Hunden verfolgt. Die Katze entkommt, bemerkt aber eine panische Hirschjagd, bevor sie von einer Flut erfasst wird. Katze und Hunde überleben die Flut und erreichen höher gelegenes Gelände. Ein gelber Labrador Retriever folgt der Katze zu ihrer verlassenen Hütte mit hölzernen Katzenskulpturen. Beide bemerken den steigenden Wasserspiegel. Der Labrador gesellt sich zu den anderen Hunden auf ein Boot. Als die Hütte von der Flut verschlungen wird, klettert die Katze auf eine riesige Katzenstatue, bis das Wasser bis zum Kopf der Statue reicht. Als das steigende Wasser die Statue vollständig unter Wasser setzt, springt die Katze in ein herannahendes Segelboot mit einem Wasserschwein an Bord. Am nächsten Morgen, als das Boot durch einen teilweise überschwemmten Wald fährt, geht die Katze über Bord und beginnt zu sinken, während sie versucht, einem weißen Vogel, einem Sekretär auszuweichen. Ein mutierter Wal rettet sie vor dem Ertrinken, doch ein anderer Sekretärvogel packt sie. Während des Fluges erblickt die Katze in der Ferne massive Steinsäulen. Der Sekretärvogel lässt die Katze über dem Boot frei. Kurz darauf, als der Wasserspiegel weiter steigt, lädt das Wasserschwein einen Katta-Affen mit seinem Korb voller Schmuckstücke ein, an Bord zu springen. Im Schlaf träumt die Katze, dass sie von einer Herde Hirsche umkreist wird und zu den massiven Steinsäulen blickt, bevor sie von einer Flut weggeschwemmt wird; dann wacht sie auf. Später am selben Tag landen die drei Tiere an Land und werden vom Labrador begleitet. Sie begegnen einem Schwarm Sekretärvögel, der ihnen feindselig gegenübersteht, woraufhin die Katze flieht. Der jüngere Sekretärvogel, der der Katze zuerst begegnet ist, fleht den Anführer an, ihm das Leben zu schenken, verliert jedoch in einem Duell und wird am Flügel verletzt, bevor der Schwarm ihn verlässt. Da er nicht mehr fliegen kann, schließt sich der Sekretärvogel dieser Schicksalsgemeinschaft an. Diese fünf unterschiedlichen Tiere mit jeweils verschiedenen Schwächen und Stärken muss nun im Kampf ums Überleben vor allem als Mannschaft funktionieren....








Einige Kritiker sahen starke Vergleiche zum legendären Disney Klassiker "Bambi", der als Höhepunkt mit dem Einsatz der Multiplan Kamera zum Erzeugen von Tiefe, naturalistischen Bewegungen der Tierfiguren, der Darstellung von Umwelteinflüssen wie Regen, Schnee oder Waldbränden.  Dank seiner innovativen Animation und der ausgereiften Themen ist Flow unwiderstehlich.Die Tiere verhalten sich wie Tiere, was ihren Abenteuern eine Authentizität verleiht, die die Emotionen in Momenten der Freude und der Gefahr noch stärker macht. Er kommt zwar ohne Text aus, ist aber von reichhaltigen Tierlauten durchzogen. Ein Film voller Gefühl, aber ohne Sentimentalität. Neben den amerikanischen Filmpreisen gab es auch Auszeichnungen beim Cesar und beim Europäischen Filmpreis, jeweils in der Kategorie "Animationsfilm des Jahres". Bei einem Budget von 3,5 Millionen Dollar machte "Flow" einen weltweiten Umsatz von mehr als 50 Millionen Dollar.










Bewertung: 10 von 10 Punkten 


Emilia Perez


Regie: Jacques Audiard

Völlig neue Identität...

Wahrscheinlich ist Jacques Audiards Musical-Thriller "Emilia Perez" der originellste Film des Jahres. Im Grunde ein Mafia-Drama, allerdings erweitert durch ein Transgenderthema, gespickt mit vielen Musiknummern, die von Zoe Saldana, Gascon, Selena Gomez, Mark Ivanir, Adriana Paz gesungen werden. Geschrieben wurde der soundtrack von der französischen Sängerin Camille und von Clement Ducol.  Bei den Filmfestspielen von Cannes 2024 gewannen die Stars Karla Sofía Gascón, Selena Gomez, Adriana Paz und Zoe Saldaña gemeinsam den Preis für die beste Schauspielerin, während Regisseur Jacques Audiard den Preis der Jury und Clément Ducol und Camille den Soundtrack Award erhielten. Der Film war außerdem für die Goldene Palme und die Queer Palm nominiert. Er wurde außerdem vom American Film Institute zu einem der zehn besten Filme des Jahres 2024 gekürt. Bei der 97. Oscarverleihung erhielt Emilia Pérez 13 Nominierungen, darunter Bester Film, Beste Regie für Audiard, Beste Hauptdarstellerin für transgeschlechtliche Hauptdarstellerin Karla Sofia Gascón und für die Beste Nebendarstellerin Zoe Saldaña, die die Trophäe gewann. Auch der Filmsong "El mal“ wurde prämiert.Weiterhin gab es auch Golden Globes und fünf Europäische Filmpreise (Bester Film, Hauptdarstellerin Karla Sofia Gascon, Beste Regie, Bestes Drehbuch, bester Schnitt).  Natürlich ist so ein Filmgemisch kein konventioneller Film, der sicherlich nicht wenige Zuschauer bereits am Anfang abschrecken könnte, da es völlig verwegen ist Thriller mit Musicalnummern zu kreuzen. Doch die Vorbehalte dürften sich legen, wenn man sich auf diesen hervorragenden Film einlassen kann, der sicherlich ganz großes Kino bietet. Etwas Almodovar ist mit dabei, auch wurden die Macher möglicherweise von der Oper "Carmen" inspiriert. Audiard hat aber etwas Neues geschaffen, die Handlung des Films ist so verwegen wie unwahrscheinlich.  Im Gegensatz zur positiven Branchenreaktion war die Rezeption im mexikanischen Kultursektor geteilt. Kritiker und Interessenvertretungen innerhalb und aus der LGBTQ-Community äußerten sich ebenfalls etwas kritischer.  Rita Mora Castro (Zoe Saldana), eine erfolglose Anwältin in Mexiko-Stadt, führt die Verteidigung in einem Mordfall, in den die Ehefrau eines prominenten Medienvertreters verwickelt ist. Gegen ihr Gewissen argumentiert Rita, die Frau habe Selbstmord begangen. Nach ihrem Sieg erhält Rita einen anonymen Anruf mit einem mysteriösen, aber lukrativen Angebot. Angesichts ihrer Unzufriedenheit stimmt sie einem Treffen zu. Ihr Mandant, der sich als Kartellboss Juan „Manitas“ Del Monte (Karla Sofia Gascon) entpuppt, äußert den Wunsch, sich heimlich einer geschlechtsangleichenden Operation zu unterziehen und ein neues und authentisches Leben als Frau zu beginnen. Nach Konsultationen mit Ärzten in Bangkok und Tel Aviv findet Rita einen Chirurgen (Mark Ivanir), der sich bereit erklärt, den Eingriff durchzuführen, nachdem sie Manitas' Erinnerungen an Geschlechtsidentitätsstörungen in ihrer Kindheit gehört hat. Nach dem Eingriff werden Manitas' Frau Jessi (Selena Gomez) und ihre Kinder in die Schweiz übersiedelt. Jessi bittet darum, stattdessen in die USA zu ihrer Schwester gehen zu dürfen, doch man erfährt ihr, dass die Schweiz zu ihrer Sicherheit gewählt wurde. Rita erhält eine exorbitante Summe für ihre Dienste. Manitas täuscht unterdessen den Tod vor und beginnt ein neues Leben als Emilia Pérez. Vier Jahre später begegnet Rita in London Emilia, die sich wünscht, wieder mit ihren Kindern zusammenzukommen. Rita arrangiert die Rückkehr Jessis und der Kinder nach Mexiko-Stadt, wo Emilia leben soll. Sie stellt sie als entfernte, wohlhabende Cousine von Manitas vor, die sich freiwillig bereit erklärt hat, die Kinder großzuziehen. Jessi erkennt Emilia nicht und widersetzt sich der Vereinbarung. Schließlich stimmt sie der Rückkehr nach Mexiko zu, trifft dort aber Gustavo Brun (Edgar Ramirez) wieder, einen ehemaligen Liebhaber, mit dem sie in den späteren Jahren ihrer Ehe eine Affäre hatte. Während sie sich an ihr neues Leben in Mexiko gewöhnen, treffen Rita und Emilia zufällig die Mutter eines vermissten Kindes. Emilia denkt über ihre kriminelle Vergangenheit nach. Später, als sie ihren Sohn ins Bett bringt, sagt der, sie würde wie sein verstorbener Papa riechen.  Reumütig nutzt Emilia ihre Kontakte zu inhaftierten Kartellmitgliedern, um eine gemeinnützige Organisation zu gründen, die die Leichen von Kartellopfern identifiziert, um sie ihren Familien zurückzugeben, damit diese endlich Trauerarbeit leisten können und abschließen können. Rita und Emilia arbeiten beim Aufbau der Organisation und der Gewinnung von Spendern zusammen, von denen einige, wie Rita bemerkt, gefährlich und korrupt sind.. Eeine Frau (Adriana Paz), deren gewalttätiger Ehemann von der Organisation identifiziert wurde, trifft sich mit Emilia, um dessen Tod zu bestätigen. Die beiden beginnen daraufhin eine Beziehung. Unterdessen knüpft Jessi neue Kontakte zu Gustavo - eine Affäre mit Tragweite...







Die Geschichte klingt nicht ganz realistisch, aber es ist Kino und Audiard erzählt eine transsexuelle Geschichte mit großer Faszination. Ein völlig verrücktes Musical, dass lange im Gedächtnis bleibt, weil es eben so einzigartig ist. Das Ensemble spielt grandios.







Bewertung: 8,5 von 10 Punkten.

Der Illusionist


Regie: Sylvain Chomet

Der Zauberer und seine Bewunderin...

Während der große Jacques Tati seine Klassiker "Mon Oncle" und "Tatis herrliche Zeiten" drehte, schrieb er auch ein Drehbuch, dass von der väterlichen Beziehung zwischen einem alten armen Zauberer und einer jungen Bewunderin handelt. Tati hat zwar vor das Skript selbst zu verfilmen, aber wurde doch nie realisiert. Erst Sylvain Chomet, der Macher des Animationsfilms "Das große Rennen von Belleville" bekam die Erlaubnis von Tatis Tochter zu verfilmen. Ausschlaggebend war es, dass Sylvain Chomet keinen Realfilm im Sinn hatte, denn es wäre nach Ansicht der Tochter lächerlich gewesen, dass ein Schauspieler die Rolle ihres Vaters übernommen hätte. Der Film heißt "Der Illusionist" und wurde 2010 realisiert. Im Paris des Jahres 1959 packt ein arbeitsloser Illusionist seine Sachen, darunter ein übellauniges Kaninchen, und zieht nach London. Da er mit moderner Unterhaltung wie Rock ’n’ Roll nicht mithalten kann, übt er sein Handwerk bei kleineren Veranstaltungen in Bars, Cafés und auf Partys aus. Er nimmt die Einladung eines betrunkenen Partygastes an, eine abgelegene schottische Insel zu besuchen, wo er die Einheimischen unterhält. In einem Zimmer über dem Pub lernt er Alice kennen, die von seinen Illusionen und seiner Freundlichkeit fasziniert ist und ihr rote Schuhe schenkt. Alice glaubt, der unterdrückte Künstler besitze echte magische Kräfte und folgt ihm nach Edinburgh, wo er in einem bescheidenen Theater auftritt. Sie teilen sich ein Zimmer in einem heruntergekommenen Gästehaus, das bei anderen verblassenden Künstlern beliebt ist. Der Illusionist schläft auf einer Couch, während das Mädchen sich mit Putzen und Kochen beschäftigt, das sie mit den Nachbarn teilt. Die Zuneigung des Mädchens zähmt sogar das Kaninchen, doch der immer kargere Lohn des Illusionisten, der für Geschenke für Alice ausgegeben wird, führt dazu, dass er seinen Zauberkasten verpfändet und heimlich erniedrigende Jobs annimmt. Alice erregt die Zuneigung eines attraktiven jungen Mannes. Als der Illusionist die beiden zusammen spazieren sieht, hinterlässt er ihr Geld und eine Notiz mit der Aufschrift "Zauberer gibt es nicht“. Er lässt das Kaninchen auf Arthur’s Seat frei, wo es bald auf andere Kaninchen trifft. Als Alice bei ihrem Freund einzieht, reist der Illusionist mit einem Zug ab, der von einer Lokomotive mit der Nummer 4472 gezogen wird. Im Zug führt er einem Kind einen letzten einfachen Zaubertrick vor... 









Eine schöne einfache Geschichte, die wunderbar bebildert wurde. Nostalgie wird großgeschrieben in dieser melancholischen Geschichte.  Jacques Tatis verlorener Film enthüllt eine Menge Schmerz des Verfassers. Durch seine ruhige und langsame Art ist "Der Illusionist" fast schon ein Gegenmittel zum grellen Mainstream. Eine zarte und nachdenkliche Geschichte eines Mannes, der keine Wurzeln kennt. Wenn man den überwältigenden Wow-Faktor der Filmgestaltung einmal beiseite lässt, sorgt das Fehlen einer starken Charakterisierung dafür, dass das Endergebnis düsterer und weniger ergreifend ist, als wahrscheinlich beabsichtigt. Dafür gab es einen Cesar und auch den Europäischen Filmpreis - ausserdem konnte man sich über die Golden Globe Nominierung freuen. 








Bewertung: 8 von 10 Punkten.