Regie: Clint Eastwood
Schafft der Polizeiapparat eigene Realitäten ?
Los Angeles im Jahre 1928: Die alleinerziehende Mutter Christine Collins (Angelina Jolie) ist eine aufstrebende Angestellte bei einer Telefongesellschaft. Ihr Sohn Walter (Gattlin Griffith) ist wegen ihrer Berufstätigkeit oft allein. An einem Tag, als sie sich für ihren Jungen freigemacht hat und mit ihm ins Kino will, muss sie kurzfristig für eine kranke Kollegin einspringen. Am frühen Abend als sie nach Hause zurückkehrt, ist Walter spurlos verschwunden.
Und er bleibt es auch. Nach fünf Monaten verzeichnet die Polizei von Los Angeles, die immer wieder wegen Korruption und äusserster Brutalität in den Schlagzeilen auftaucht, einen scheinbaren Erfolg.
Ein Junge wird in Illionois gefunden, der angibt Walter Collins zu heissen. Die Beamten machen bei diesem in der öffentlichkeit bereits bekannten Fall ein grosses inszeniertes Medienspektakel bei der Zusammenführung zwischen Mutter und Sohn am Bahnsteig. Doch Christine erkennt in dem Jungen nicht ihren Sohn. Captain J.J. Jones (Jeffrey Donovan) kann die verblüffte und enttäuschte Frau vor Ort überreden, den Jungen eine Zeitlang auszuprobieren und argumentiert gekonnt mit traumatischen Belastungsstörungen. Auch der Psychologe der Polizei erkennt keinen Grund, an der guten Polizeiarbeit zu zweifeln. Obwohl Christine glaubwürdig - durch Zeugen und Indizien - versichern kann, einen "Fremden Sohn" zuhause zu haben. Reverend Briegleg (John Malkovich) versucht als einziger der verzweifelten Frau zu helfen.
Da ereignen sich bei einer Routineverhaftung des kleinen kanadischen Landstreichers Sanford Clark (Eddie Alderson) durch Detective Lester Ybarra (Michael Kelly) neue Erkenntnisse, die auch Licht ins Schicksal des kleinen Walters bringen könnte. Sanford erzählt dem Cop eine unglaubliche Geschichte über einen Serienkiller...
Clint Eastwood hatte 2008 ein besonders gutes Jahr in seiner Schaffensphase. Mit mittlerweile 78 Jahren schuf er mit "Gran Torino" und "Der fremde Sohn" gleich zwei seiner besten Arbeiten überhaupt.
"Der Fremde Sohn" ist alleine für sich schon eine sehr brillinate Drehbucharbeit, die geschickt zwei interessante Zeitgeschichten aus Los Angeles miteinander verwebt. So basiert die Geschichte tatsächlich auf den wahren Fall der "Wineville Chicken" Morde. Verbunden wird diese schreckliche Mordserie mit den Machenschaften der damals sehr umstrittenen Los Angeles Police, die bekannt war für Korruption und unlautere Methoden. Bereits in anderen Filmen wie "LA Confidential" wurde dieses korrupte System der exekutiven Gewalt im Amerika der Vorkriegsjahre gezeigt.
Auch Kameramann Tom Stern leistet meisterhafte Arbeit, er kreiert wahrlich grosse Kinobilder und zelebriert durchgehend eine vollendete Bildsprache. Jede Kameraeinstellung sitzt und sowohl Ausstattung oder Kostüme machen das perfekte Bild auf ein nostalgisches L.A. möglich. Jedes Detail glänzend herausgearbeitet und die Spannung wurde in dem ca. 140 Minuten langen Film nicht eine Sekunde aus den Augen gelassen. Selten zeigte sich US-Kommerzkino in den letzten Monaten so intelligent und erlesen. Clint Eastwood ist das geniale Bindeglied zwischen Mainstream-Kino und Autorenfilm....
Bewertung: 9,5 von 10 Punkten.