Regie: Theodor Kotulla
Kommandant eines Vernichtungslagers...
Theodor Kotullas eindringliche Studie "Aus einem deutschen Leben" konnte 1978 das Filmband in Silber gewinnen. Leider gehörte Hauptdarsteller Götz George nicht zu den Preisträgern, denn hier gelingt ihm eine der besten Schauspielerleistungen in einem deutschen Film. Seine Darstellung des Lagerkommandanten Franz Lang ist einfach genial. Der 145 Minuten lange Film schildert in 14 Einzelepisoden, die durch Zwischentitel deutlich getrennt sind, Stationen im Leben dieses Mannes. Für den Spielfilm wurde gegenüber dem Roman "Der Tod ist mein Beruf" von Robert Merle der Name des Protagonisten in Frank Lang umgeändert. Gemeint ist aber der berüchtigte SS-Offizier und Kommandant des Konzentrations- und Vernichtungslager Ausschwitz Rudolf Höß, der nach Kriegsende unter dem Namen Franz Lang als vermeintlicher Bootsmaat untertauchen konnte, bis er 1946 enttarnt und verhaftet wurde. In der Zeit seiner Gefangenschaft unter den Briten und anschließend in polnischer Haft verfasste er in seiner Zelle Aufzeichnungen über sein Leben. Am 16. April 1947 wurde er hingerichtet, nachdem er zum Tod durch den Strang verurteilt wurde.
Der militärbegeisterte sechzehnjährige Franz Lang (Kai Taschner) wird im ersten Weltkrieg Soldat. Aber vorher versucht der Junge mehrmals vergeblich an die Front zu kommen. Als er sich in einem Lazarett als Freiwilliger meldet, lernt er dort den verwundeten Hauptmann Günther (Sigurd Fitzek) kennen. Von diesem Mann wird Franz noch mehr in seinem Willen unterstützt ein gehorsamer Soldat fürs Vaterland zu sein, denn es gäbe nur eine Sünde: Kein guter Deutscher zu sein. Er nimmt Franz in seine von ihm neuaufgestellte Kompanie und dort wird Franz zum Kriegsheld und wird befördert. Nach dem Krieg versucht er im Arbeitsleben Fuß zu fassen, aber sein Starrsinn in Punkto Pflichterfüllung und Autoritätsgläubigkeit bringen ihm Ärger ein. In einer Maschinenfabrik wird er deshalb entlassen. Er schließt er sich dem Freikorps Roßbach an. Dort wird er biem Ruhraufstand gegen kommunistisch orientierte Arbeiter eingesetzt. Einer dieser Gegner ist ein früherer Kriegskamerad, den er bei seiner Flucht erschießt. Gemeinsam mit seinen Kameraden begeht er auch einen Fememord an einem Kommunisten und wird für diese Tat zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt - eine Amnestie macht es möglich, dass er bereits nach 5 Jahren wieder ein freier Mann ist. Er tritt in die NSDAP ein, nachdem er im normalen Arbeitsalltag immer mehr Schwierigkeiten hatte und sich schließlich mit einer Mauserpistole töten wollte. Dort in der Partei beginnt sein unaufhaltsamer Aufstieg. Er heiratet Else (Elisabeth Schwarz) auf Drängen des Oberst Baron von Jeseritz (Kurt Hübner), der der Partei nahe steht. Von diesem wird er weiter gefördert - bei einem späteren Empfang auf dem Gutshof lernt er Heinrich Himmler (Hans Korte) kennen. Dieser hat schon viel von Franzs Zuverlässigkeit und Organisationstalent gehört und nach der Machtergreifung gibt ihm Himmler einen Verwaltungsposten im Konzentrationslager Dachau bei München. Diese Lager - so Himmler - sollen vor allem für Maßnahmen der Umerziehung genutzt werden. Auch dort ist er erfolgreich, weil er alle Befehle widerspruchslos ausführt. Ab 1940 ist Lang der Kommandant des größten Vernichtungslagers. Denn 1941 wird der mit der geheimen Plan über die "Vernichtung der Juden" informiert. Adolf Eichmann (Walter Czaschke) verlangt von ihm hohe Vernichtungskapazitäten. Durch Zufall kommt Franz die Idee zum Einsatz des Giftes Zypkon B. Damit lassen sich dann bis zu 9.000 Menschen pro Tag töten...
Kotulla gelingt es dabei die Figur nicht als sadistischen Massenmörder hinzustellen - was einfach gewesen wäre. Die Figur des Franz regt vielmehr zum Nachdenken an, denn er zeigt einen Menschen, der in einer kriegsverherrlichten Zeit aufwächst, in der aggressive Elemente das Sagen haben. Gehorsam ist die oberste sittliche Wertvorstellung. Es ist sozusagen unmöglich einem Befehl nicht zu gehorchen. Dies ist auch irgendwann einmal Inhalt eines tragischen Gesprächs, nachdem seine ahnungslose Frau von der Vernichtung - nur ein paar Hundert Meter weit von ihrer bürgerlichen Welt entfernt - erfahren hat. Sie bemerkt die Befehlshörigkeit ihres Mannes und weiß nun, dass er selbst den eigenen kleinen Sohn erschießen würde, wenn der Führer dies befehlen würde. Er war ein idealer Untertan - wie viele in dieser Zeit. Damit ist diese Figur auch heute noch aktuell - Kotulla verhindert, dass der Zuschauer diesen Menschen nicht weit weg als Art historische Abnormität begreift, die man aus sicherer Distanz betrachten darf.
"Aus einem deutschen Leben" ist einer der besten deutschen Filme zum Themenkomplex "Drittes Reich" - auch die Leistung von Kotulla ist bemerkenswert. Die Inszenierung streng, nüchtern bis schlicht - ein bisschen beeinflusst von Robert Bresson.
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