Regie: Julien Duvivier
Kasbah...
"Algier ist eine terassenförmig angelegte Stadt, deren höchster Punkt die Kasbah ist. Ursprünglich heißt "Kasbah" auf arabisch so viel wie Festung bzw. Zitadelle. Heute nennt man den gesamten Stadtteil, der die Zitadelle umgibt, die Kasbah. Aus der Vogelperspektive wirkt die Kasbah wie ein unentwirrbares Labyrinth von Treppen, ein Gewirr von Winkeln und Gassen, die stufenförmig ineinander verschachtelt sind. Somit ideale Schlupfwinkel für alles, was sich verbergen will. Richtige Mauselöcher, vor denen ein Fremder völlig hilflos ist. Und aus diesen Mauselöchern schlägt ihnen ein Gestank entgegen, wie sie ihn sich nicht vorstellen können. Sie werden obskure Kaschemmen in ausgestorbenen Gassen entdekcen. Sie werden das Geschrei hören on feilschenden, gestikuierenden Menschen, die ihre Ware verkaufen wollen. Auch Flüche und Schimpfworte sowie das Geschrei der Frauen. Auch das Gebrüll von verlausten Kindern. 40.000 Menschen leben in der Kasbah auf einem Raum, der eingentlich nur für 10.000 Platz bietet. Ein großer Schmelztiegel aller Rassen und Nationen. Jedes Haus dort ist wie eine kleine Zitadelle mit einem Innenhof gebaut und alle diese Häuser haben Flachdächer, die nur durch niedrige Mauern oder auch durch Treppen voneinander getrennt sind. Dadurch ist jedes Haus eine Art Festung, eine Kasbah und somit ein idealer Unterschlupf für Verbrecher. Es gibt also nicht nur eine Kasbah, es gibt Hundert, es gibt Tausend - und in diesem Labyrinth ist der Verbrecher Pepe Le Moko zuhause. Er wird geschützt von seiner Bande und dort in der Kasbah sind alle Verbrecher Komplizen. Pepe hat nur Freunde dort" - das sind die erklärenden Worte von dem dort arbeitenden Inspektor Meunier (Rene Bergeron) für seinen Pariser Kollegen Janvier (Philippe Richard), der den Gangster endlich hinter Gittern haben will. Doch auch die Polizei in Frankreich muss sich fragen lassen, warum Pepe überhaupt nach Algerien flüchten konnte. Seit dem Überfall in Toulon wird mit Hochdruck nach ihm gefahndet, denn fünf Polizisten hat diese Gangsterjagd schon das Leben gekostet. Pepe (Jean Gabin) ist ein charismatischer Gangsterboss, der sich versteckt und bei seiner Freundin Inez (Line Moro) untergetaucht ist. Doch der ehrgeizige Inspektor Slimane (Lucas Gridoux) ist ihm auf den Fersen. Slimane ist der Einzige Polizist, der in der Kasbah geduldet wird - wohl auch deshalb, weil es Pepe gestattet. Vielleicht weil er seinen einzigen ernsthaften Verfolger nahe bei sich haben will, um zu wissen, was dieser tut. Slimanes Taktik ist ein Spinnennetz, dass er um den Flüchtigen zieht und er will im richtigen Moment auch zuschlagen. Slimane hat tatsächlich etwas sehr spinnenhaftes, ein ruhiger und fast devot wirkender Mann, der aber genau weiß, was er will. Pepe hat zwei Schwächen. Die erste ist sein Ziehsohn Pierrot (Gilbert Gil), der ebenfalls zur Bande gehört und für den er eine hohe Verantwortung hat. Die zweite Schwäche sind schöne Frauen. So ist er seiner Freundin inzwischen überdrüssig und als er Gaby (Mireille Balin), eine Touristin aus Paris, in der Kasbah kennenlernt, ist er Feuer und Flamme. Und sie ebenfalls - die Frau ist die Begleitung eines alten reichen Mannes, der für Gabys Liebesdienste viel Geld und Luxus springen lässt. Und Gaby wird es auch sein, die am Ende das Schicksal von Pepe besiegelt....
Das Ende hat sicherlich den britischen Meisterregisseur bei seinem
Film "Ausgestoßen" inspiriert, der 10 Jahre später im Jahr 1947 gedreht
wurde. "Pepe Le Moko" aus dem Jahr 1937 ist das Meisterwerk seines
Regisseurs Julien Duvivier, ein Vorläufer des Film Noir und eines der
besten Werke des poetischen Realismus. Es stimmt alles in diesem
düsteren Kriminalfilm, der durch den Schauplatz Kasbah noch zusätzlich
an perfekter Atmosphäre gewinnt. Auch die Schauspieler glänzen in diesem
großen französischen Klassiker, der immer noch nicht als deutsprachige
DVD Fassung erhältich ist. Jean Gabin in einer seiner besten Rolle, dazu
ein so interessanter Gegenspieler wie Lucas Gridaux, ein perfekt
besetzter Inspektor Slimane. Zweimal wurde der Film in Amerika neu
verfilmt - 1938 hieß das Remake "Algiers" und 1948 sogar in einem Film
Noir Musical, wo Peter Lorre die Rolle des Slimane übernahm.
Bewertung: 10 von 10 Punkten.
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