Regie: Francesco Barilli
Rätselhafte Alpträume...
Francesco Barilli schrieb 1972 das Drehbuch zu Aldo Lados Giallo
"The Child" und ein Jahr später entstand mit "Das Parfüm der Dame in
Schwarz" seine erste Regiearbeit, die später zu einem echten Kultfilm
des Genres wurde.
Tatsächlich sind die Lobeshymnen nicht zu hoch gegriffen - "Das
Parfüm der Dame in Schwarz" erweist sich als Meisterwerk des Giallo. vor
allem weil der Regisseur es versteht bis zum Ende die Spannung
aufrechtzuerhalten. Dabei spielt er mit dem Zuschauer, der gerne wissen
möchte, warum die junge Sylvia (Mimsy Farmer) "heimgesucht" wird -
kommen diese Phänomene aus ihrem Innern oder wird sie von Außen bedroht ?
In gewisser Weise erinnert mich "Das Parfum der Dame in Schwarz" an
das Robert Altman Kammerspiel "Spiegelbilder " - auch dort lässt man
die Hauptigur - ebenfalls eine sensible junge Frau - plötzlich
halluzinieren. Es erscheinen ihr Personen aus der Vergangenheit,
irgendwann kommt auch in Kind hinzu, von dem man sagt, dass es so
aussieht wie die Protagonistin als sie Kind war. Und bis zum Schluß ist
alles offen - eine mögliche Auflösung wird angeboten, doch es bleibt
eine starke Unsicherheit bestehen. Wie der Filmfigur haben die Macher
entschieden dem Zuschauer den Boden unter den Füßen wegzuziehen.
Während Altman aber sehr still in der Art eines Kammerspiels
inszeniert hat, entschied sich Francesco Barilla für eine viel
knalligere Variante.
Er erzählt vom Schicksal der jungen Silvia Hacherman, die als
Chemikerin ganz viel Zeit und Engagement in ihren Job steckt. Sehr zum
Leidwesen ihres Freundes Roberto (Maurizio Bonuglia). Sie entscheidet
sich immer öfters zuhause in ihrem Appartemnt zu bleiben. Der Freund und
auch der Freundeskreis, darunter der Mediziner Andy (Iho Jenkins) und
die Nachbarin Orchidea (Nike Arrighi) haben das Nachsehen. Sylvia wird
von rätselhaften Alpträumen heimgesucht - dort erscheint ihr im Spiegel
die Mutter (Renata Zamengos), die schon lange tot ist und die unter
rätselhaften Umständen starb. Roberto hat das Gefühl, dass seine
Freundin in eine geistige Verwirrung abdriftet. In ihrem Nachbar Rosetti
(Mario Scaccia) findet sie nach einer gewissen zeit einen
Ansprechpartner. Der ist auch sehr introvertiert und hat ein Faible für
Flußpferde. Und der Zuschauer findet auch Anhaltspunkte, dass seltsame
Menschen in Sylvias Umgebung agieren...
Diese Verschwörungstheorie wird vom Regisseur natürlich immer
wieder genährt und damit katapultiert sich der Film in die Nähe der
allesamt später entstandenen Genreklassiker "Rosemarys Baby" sowie "Der
Mieter" (Roman Polanski) oder "Das Ritual" (John Frankenheimer). Auch
dort könnte die Hauptfigur zum Spielball einer teuflisch agierenden
Gemeinschaft werden. Natürlich hat sich Barilli auch an den Giallo
Ikonen Mario Bava und Dario Argento orientiert - vor allem der visuelle
Stil drückt diese Nähe aus. Er selbst hat sicherlich mit seinen Bildern
in diesem Film auch andere Regisseure inspiriert - die Szene mit den
beiden weißen Schuhe hat mich doch verdächtig an "Dressed to Kill", dem
Meisterwerk von Brian de Palma erinnert.
Nach dem
ganzen Rätselraten ist der Schluß dieses wahnsinnigen
Paranoia Schockers zwar mit der Chance einer Auflösung versehen, aber
das lässt den Alptraum noch lange nicht enden. Denn das was wir sehen
ist grausam, aber es ist auch Spiegelbild und folgt nicht mehr den
Gesetzen unserer Logik, mit der wir die Hintergründe entdecken wollten.
Hauptdarstellerin Mimsy Farmer trägt ebenfalls viel zum Gelingen dieses
aussergewöhnlichen und superben Horrorfilms bei. Ihre Sensibilität, ihre
Schönheit und ihre Natürlichkeit passen sehr gut zu der Figur Syliva.
Neben der Erscheinung ihrer Mom "der dame in Schwarz" bekommt sie auch
noch Besuch aus der Vergangenheit - sie selbst als Kind wird von der
kleinen Lara Wendel gespielt. Am Anfang des Films wird auch ein
geheimnisvolles Bild gezeigt, dort sind Sylvia, die Mutter und der Vater
abgebildet. Ein Bild, dass womöglich für die Zukunft eine große Rolle
spielt. Stanley Kubrick zeigt am Ende von "Shining" ebenfalls ein Bild,
dass möglicherweise in die Vergangenheit des Schriftstellers Torrance
bietet. In beiden Filmen bleibt die Bedeutung des Bilders aber im
Dunkel.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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