Dienstag, 11. Juni 2019

Johnny Belinda







































Regie: Jean Negulesco

Schweigende Lippen....

Mit "Die Wendeltreppe" von Robert Siodmak landete die RKO einen Riesenhit. Großen Anteil daran hatte die taubstumme Filmfigur Helen, gespielt von Dorothy McGuire, die vor einem irren Mörder Angst haben muss. Daher wollte Erfolgsproduzent Jerry Wald den Studioboss Jack Warner überzeugen, die Filmrechte an dem Theaterstück "Johnny Belinda" zu erwerben, denn auch hier war die Hauptfigur ein taubstummes Mädchen. Warner war zunächst skeptisch und konnte sich nicht vorstellen, dass es Zuschauer gibt, die einen Film sehen wollen, in dem die Hauptdarstellerin kein einziges Wort sagt. Er ließ sich dann aber vom guten kassenerfolg des Siodmaks Thrillers endlich überzeugen. Um sich auf die Rolle vorzubereiten, lernten Jane Wyman und Lew Eyres die Taubstummensprache und die Hauptdarstellerin verbrachte sogar ganze Tage mit Wachs in Ohren, um ein Gefühl für dieses Handikap zu beommen. Die Dreharbeiten fanden in Fort Bragg, ein Kleinstadt in Kalifornien statt und danach lag der fertige Film noch ein Jahr im Archiv, ehe sich Warner entschide den Film in den Verleih zu geben. Wie unrecht er doch mit der Figur der Taubstummen hatte...Jane Wyman erhielt einen Oscar für die beste Hauptrolle als Taubstumme und es sollte nicht die letzte in der Oscar-History sein. Marlee Matlin bekam 1987 den Preis als Gehörlose in "Gottes vergessene Kinder" und als Stumme triumphierte Holly Hunter mit "Das Piano" im Jahr 1993. Insgesamt konnte "Johnny Belinda" (deutscher Titel: Schweigende Lippen) 12 Oscarnominierungen im Jahr 1949 erreichen.
Die brutale Geschichte ist angesiedelt auf der Insle Cap Breton in Neuschottland an der Ostküste Kanadas. Irgendwann am Ende des 19. Jahrhunderts. Mit Dr. Richardson (Lew Ayres) kommt ein neuer Arzt auf die Insel, die Bewohner sind aber allem Neuen erstmal skeptisch bis misstrauisch gesinnt.  Aber der Arzt hat auch Zuspruch und ist als Junggeselle für einige Frauen nicht uninteressant. So wird er von seiner Sekretärin Stella (Jan Sterling) regelrecht angehimmelt, aber er bemerkt die Schwärmerei überhaupt nicht. Als er eines Abend auf Bitten der Farmerin Aggie McDonald (Agnes Moorhead) sich eine kranke Kuh ansehen soll, wird er zum erfolgreichen Geburtshelfer des Tiers und lernt dabei die Halbwaise Belinda (Jane Wyman) kennen, die weder sprechen noch hören kann. Ihr Vater Black McDonald (Charles Bickford) hat früh seine Frau verloren und kümmert sich vor allem seine Schwester Aggie um das Mädchen. Durch ihr Gebrechen gilt das Mädchen bei der unwissenden Bevölkerung als extrem dumm und man behandelt die junge Frau mit ihrer Behinderung wie eine Idiotin. Erst der Arzt kann durch sein Wissen den Vater davon überzeugen, dass man durchaus mit einem taubstummen Menschen kommunizieren kann. Er lernt ihr schreiben und lernt ihr die Taubstummen- und Gebärdensprache. Eines Tages wird Belinda vom Fischer Locky McCormick (Stephen McNally) vergewaltigt. Locky hat auch in der Zwischenzeit erfolgreich um die hand von Stella angehalten, die leider immer mehr bemerken musste, dass ihre heimliche Liebe keine Notiz von ihr nimmt. Die frevelhafte Tat bleibt unbemerkt, doch bei einer Untersuchung, die von Dr. Richardson angeregt wird, weil dieser mehr Klarheit über mögliche Fähigkeiten haben möchte, kommt heraus, dass Belinda schwanger ist. Der ganze Ort geht nun davon aus, dass der Arzt Vater des Kindes ist und bald wird er und auch die Familie McDonald geächtet...





"Schweigende Lippen" ist ein gut gemachtes Melodram von Jean Negulesco, der ursprünglich aus Rumänien stammte und in Hollywood Klassiker wie "Als Salontiroler", "Die Maske des Dimitrios", "Humoresque", "Wie angelt man sich einen Millionär", Drei Münzen im Brunnen" oder "Daddy Langbein" inszenierte. Wobei "Schweigende Lippen" der an der Kasse erfolgreichste blieb. Er hatte sogar die meisten Kinozuschauer des Jahres und spielte fast 10 Millionen Dollar in den USA ein. An der spannenden Machart gibt es kaum was auszusetzen. Ein gutes Melodram, das vor allem durch das gute Spiel der Darsteller lebt. Dabei überzeugt die damals schon 29 Jährige Jane Wyman als junge Belinda und strahlt vor allem in den Close ups viel Wärme aus. Lew Ayres bleibt vielleicht etwas blass, aber dennoch wars für ihn ein zweiter Riesenerfolg nach "Im Westen nichts Neues" und einer Zeit der Arbeitslosigkeit als Schauspieler, weil man ihn als bekennenden Kriegsdienstverweigerer nicht engagierte. Erst als bekannt wurde, dass er als Sanitäter für die US Army Medical Corps in Neuguinea und auf den Philippinen gearbeitet hatte, war er wieder rehabilitiert.
Sehr gut auch Agnes Moorehead, Jan Sterling und Charles Bickford, der sich in einer der besten Szenen des Films einen Kampf auf Leben und Tod mit dem Übeltäter Stephen McNally liefert. Er kommt dabei ums Leben und dieses Verbrechen soll nie aufgedeckt werden und er wird als vermeintliches Unfallopfer begraben. Kameramann Ted McCord, der auch für die Bilder in "Der Schatz am Sierra Madre" verantwortlich war, erhielt natürlich auch eine der 12 Oscar-Nominees. Es sollte nicht seine letzte sein...auch für "Meine Lieder, Meine Träume" wurde er für den Oscar vorgschlagen.





Bewertung: 7 von 10 Punkten.

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