Regie: S. Craig Zahler
Im Gebiet der Troglodyten...
Es kommt relativ selten vor, dass der klassische Western mit einem
weiteren Genre vermischt wird. Es passt auch nicht immer, wie Jon
Favreaus eher enttäuschendes Western-Science Fiction Spektakel aus dem
Jahr 2011 bewies. Schon eher lassen sich Horrorelemente in den Wilden
Westen beimischen, was schon bei "Ravenous" (1999, Regie: Antonia Bird)
oder "Burrowers" (2008, J.T.Petty) doch ganz gut funktionierte. Mit
"Bone Tomahawk" von S.Craig Zahler präsentierte sich ein weiterer
Genre-Jumper, der in der ersten Hälfte auf einen sehr langsamen
Erzählryhthmus setzt, wo die eigentliche Geschichte - eine Suche nach
Vermissten im feindlichen Indianerland - ausgesetzt wird und stattdessen
das suchende Männerquartett, ein teilweise archetypischer Haufen, näher
vorgestellt wird. Es wird auf dieser Reise sehr viel erzählt, denn die
Männer kommen nur mühsam voran: Kein Wunder, den Arthur O´Dwyer (Patrick
Wilson) hat ein gebrochenes Bein und der Hilfssheriff Chicory (Richard
Jenkins) sollte eigentlich schon aufgrund seines Alters Rentner sein.
Immerhin komplettieren John Brooder (Matthew Fox), ein Veteran der
Indianerkriege, und Sheriff Franklin Hunt (Kurt Russell) die
Reisegruppe. Alle Männer stammen aus dem Kaff Bright Hope. Eigentlich
hätte das Örtchen in Ruhe und Frieden weiterexistiert, wenn nicht der
Landstreicher Purvis (David Arquette) dort aufgetaucht wäre. Dem Sheriff
ist der Fremde schnell unangenehm aufgefallen, daher hat er ihm ins
Bein geschossen und ins Gefängnis verfrachtet. Dort sollte Arthurs junge
Ehefrau Samantha (Lili Simmons), eine Ärztin, die Kugel entfernen. Doch
sie wird noch in der Nacht mit dem Gefangenen und Deputy Nick (Evan
Jonigkeit) entführt. Der Zuschauer hat in der ersten Szene gesehen, dass
Purvis mit seinem Kumpan Buddy (Sid Haig) - nachdem sie einige Siedler
brutal gemeuchelt haben - selbst in tödliche Gefahr gekommen sind. Sie
schändeten eine Grabstätte der Troglodyten, einem Stamm von Kannibalen,
der in den Bergen lebt und nur Purvis konnte in die Stadt fliehen, nach
Bright Hope. Die Kannibalen sind über Nacht dort aber eingefallen,
erschlagen einen Stallburschen, rauben Pferde und entführen die drei
Menschen. Ein indianischer Fährtensucher (Zahn McClarnon) klärt die
Bürger auf, dass mit diesem indianischen Kannibalenstamm nicht zu spaßen
sei und die Wahrscheinlichkeit lebend aus diesem Gebiet wieder
heimzukehren sei äusserst gering. Daher wollen sich nur wenige Einwohner
des kleinen Städtchens dem Rettungstrupp anschließen. Lediglich die
vier Männer machen sich auf den Weg in die Hölle...
die Geschichte von Entführten und den Suchenden ist im Western natürlich auch nicht neu. Berühmtestes Beispiel ist da wahrscheinlich John Fords "Der schwarze Falke", der eine ähnliche Geschichte - nur ganz anders - präsentierte. Vielleicht steht Fords anderer und thematisch verwandter "Zwei ritten zusammen" dem Film von S. Craig Zahler näher, da auch dort der Regisseur den beiden Hauptdarstellern Richard Widmark und James Stewart auch ne Menge Gelegenheit gibt viele Männergespräche, angereichert mit Westernlatein, am Lagerfeuer zu führen. Auch diese beiden Westerner sind auf der Suche nach Weißen im Indianergebiet. Mit einer Laufzeit von ca. 132 Minuten ist der Film vielleicht ein bisschen zu lang geraten, denn die erste Stunde hat nicht viel Action zu bieten. Erst nach etwa 70 Minuten nimmt die Geschichte an Fahrt auf. Das ziemlich langsam voranschreitenden Tempo des Western wird mit dann mit einer meisterhaften Spannung angereichert. Diese entlädt sich im Gebiet der Kannibalen und kommt zwar selten, aber wenn dann wie ein Beil aus dem Nichts geflogen. Die brutalen Szenen sind nichts für schwache Nerven. Aber alle Gewaltausbrüche und Schusswechsel, die dann beim Showdown gezeigt werden, wirken ungeheuer intensiv auf den Zuschauer. Erwähenswert auch das sehr gute Ensemble, angeführt von Kurt Russel, dem nun mit "Bone Tomahawk" und "The Hateful Eight" noch einmal ein Comeback - im Westerngenre - gelingt. Die Welt von "Bone Tomahawk" ist unbarmherzig. Der Weg ins Gebiet der Kannibalen, eine Art Odyssee, wird enorm strapaziös geschildert. Man hat nicht unbedingt das Gefühl, dass diesem unterschiedlichen Männerquartett dort der große Erfolg beschieden sein wird. Vor allem weil sie es mit einem archaischen und brutalst agierenden Gegner zu tun bekommen werden. "Bone Tomahawk" wird sicherlich nicht jedem Zuschauer gefallen. Denn dazu ist die Exposition zu lange - das Actionpublikum wird auch diese dialoglastigen und ruhigen Szenen nicht verstehen und äusserst langweilig finden. Möglicherweise werden sie sich schon ausgeklingt haben, wenn dann diese schlammverkrustete Sippe auftaucht, die mit kehligen Klängen miteinander kommunizieren und wenn es dann richtig zur Sache geht. Dies ändert aber nichts an der Qualität dieses etwas spröden Films. Wie zu erwarten ist natürlich vor allem auch Kurt Russell wunderbar in seiner Rolle als sensibler und doch knallharter Sheriff, er strahlt bis zum bitteren Schluß Integrität und Güte aus. "Bone Tomahawk" hat auf alle Fälle das Potential zu einem Kultfilm.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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