Mittwoch, 19. Mai 2021

Der Riß


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Claude Chabrol

Auftrag Rufmord...

Szenen einer Familientragödie: Aus der Schlafzimmertür kommt ein psychiatrisch deutlich auffälliger Mann (Jean Claude Drouot) mit wutverzerrtem Gesicht in die Küche, dort befindet sich seine Frau (Stephane Audran) und sein kleiner Sohn. Ohne ersichtlichen Grund stürzt er sich auf die Frau und würgt sie. Das verängstigte Kind will ihr zu Hilfe eilen und wird von seinem Vater brutal weggeschleudert, so daß er verletzt auf dem Boden liegen bleibt. Aus Verzweiflung greift die Frau zur Bratpfanne und schlägt ihren Mann zu Boden.
Das Opfer heisst Helene Regnier und ist mit Charles schon einige Jahre verheiratet. Der Sohn
schwerreicher Eltern (Michel Bouquet/Marguerte Cassan) hatte damals beim Kennenlernen sehr starke Probleme sich von seinen dominanten Eltern zu lösen, aber die beiden Liebenden schafften es ohne finanzielle Hilfe, Helene war sich auch nicht zu schade in Nachtclubs zu arbeiten, um für ihren schriftstellerisch tätigenden Mann zu sorgen.
Dann kam das Kind und Charles griff auch zum Rauschgift, das Ergebnis war eine jahrelang schleichende Psychose, die nun in ihrer gewaltvollen Verkennung deutlich zum Tragen kam.
Helene will sich aufgrund des Vorfalls von Charles trennen und um ihrem Kind nahe zu sein, mietet sich sich mit den letzten Kröten in der Pension von Madame Pinelli (Annie Cordy) ein.
Charles wurde derweil von seinen Eltern geholt und diese strengen an das Sorgerecht für ihren Enkeln zu bekommen.
Dazu sind dem skrupellosen reichen Opa alle Mittel Recht, er engagiert den durchtriebenen Paul Thomas (Jean Pierre Cassel), Sohn eines ehemaligen Geschäftspartner und vor allem mittellos.
Sein Auftrag: Einen dunklen Punkt bei Helene zu finden, damit sie das Sorgerecht verliert.
Zu diesem Zweck quartiert sich der Gauner unter falschen Angaben in der Pension ein. Er schmeichelt sich bei den drei älteren kartenspielenden Hausbewohnerinnen (Margo Lion, Louise Chevalier, Maria Michi) ein, die sehr neugierig sind. Und hat bereits einen perfiden Plan ausgedacht, wie er Helenes tadellosen Ruf ruinieren kann..



 

"Der Riss" von Claude Chabrol stammt aus dem Jahr 1970 und gilt zu Recht als einer seiner besten Filme.
Dabei entwickelt sich der Film von einem Familiendrama zu einem Thriller, in dem ein doppelter Boden angelegt ist und man gespannt sein darf, ob die Hauptfigur Helene fällt.
Am Ende lockert Chabrol das fiese Szenario mit einigen surrealen Momenten auf, ein kluger Schachzug, der den Bourgeousie-Schocker zu einem echten Meisterwerk werden lässt.
In detailgenauer Kälte deckt der Krimimeister aus Frankreich einmal mehr die Verlogenheit der Bürgerschicht auf.
Ein Komplott, dass auch nicht davor zurückschreckt eine junge behinderte Frau (Katja Romanoff) zu missbrauchen.
So bleibt "Der Riss" auch nach dem Ende äusserst bitter in seiner Aussage, er zeigt eine Welt in der Korruption und Verlogenheit regiert.




Bewertung: 10 von 10 Punkten

 

Vor Einbruch der Nacht


Regie: Claude Chabrol

Von Gewissensbissen zerfressen...

"Vor Einbruch der Nacht" entstand 1971 und fält somit in die kreativste Schaffensphase von Meisterregisseur Claude Chabrol. In dieser Zeit zwischen 1968 und 1971 entstanden mit "Die untreue Frau", "Der Riß", "Das Biest muß sterben", "Der Schlachter" oder "Zwei Freundinnen" einige seiner besten Filme. Das Drehbuch basiert auf den Roman "The Thin Line" von Edeard Ativahs aus dem Jahr 1951. Thema ist dabei die Schuld und die Sühne des Protagonisten Charles Masson (Michel Bouquet), der als erfolgreicher Pariser Werbefachmann, glücklicher Ehemann und Vater seine heimliche Geliebte Laura Telier (Anne Doulking) während des sadistisch-masochistischen Liebesspiels ermordet.
Die Tote war zudem noch die Frau von Charles bestem Freund Francois Tellier (Francois Perrier). Der Mörder verlässt beinahe emotionslos den Tatort - ein von Laura gemietetes Appartment in der Innenstadt. Er ist aber trotzdem durch seine eigene Tat sehr traumatisiert und versucht sich in einem Lokal in der Nähe des Tatorts ein bisschen abzulenken. Dort trifft er rein zufällig auf Francois, der sich wundert, Charles in dieser Gegend von Paris anzutreffen.
Dann kehrt Charles zu seiner Frau Helene (Stephane Audran) zurück und versucht weiterhin die bürgerliche Fassade aufrechtzuerhalten. Er ist damit völlig damit beschäftigt, weiterhin den Mustergatten, den perfekten Vater, aber auch für den Witwer und besten Freund da zu sein in der Not.  Die Polizei jagt einen unbekannten Mörder, kein bisschen Verdacht fällt auf Charles.
Doch Charles wird zunehmend von Gewissensnöten geplagt. Er kommt zu dem Schluss, dass er Laura und die sexuelle Macht, die sie über ihn hatte, gehasst hat und dass er für das Verbrechen bezahlen muss. So ist er beinahe erleichtert, dass eine Freundin von Laura, die das Appartment bereit stellte,  in ihm einen der Besucher erkennt....

 

"Vor Einbruch der Nacht" lebt von der sehr guten Darstellung des Michel Bouquet, der seit den 60er Jahren aktiv ist, aber erst 2002 und 2006 den Cesar als bester Hauptdarsteller gewinnen konnte.
Die Rolle des Charles Masson ist aber sicherlich eine seiner stärksten Leistungen. Der Film ist psychologisch raffiniert gestaltet - der Täter, der eigentlich darauf sinnt, dass seine Schuld aufgedeckt wird, muss erkennen, dass dieser Wunsch gar nicht so leicht realsierbar ist. Erschwerend kommt dann noch hinzu, dass sowohl die Ehefrau als auch der Freund, dem schliesslich die Frau genommen wurde, auf sein Geständnis völlig verständnisvoll reagieren. So muss Charles seine Bestrafung am Ende alleine bewerkstelligen.
Wie so oft ist "Vor Einbruch der Nacht" wieder einmal einer von Chabrols so gekonnt inszenierten Bourgeousie-Thrillern, wo dunkles Verlangen herrscht, aber diese Geheimnisse und Obsessionen an der  Oberfläche kaum zu sehen sind. 



Bewertung: 9 von 10 Punkten.

Das Netz der tausend Augen


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Robert Enrico

Flieh nicht mit dem Fremden...

"Das Netz der tausend Augen" ist ein französischer Thriller aus dem Jahr 1974. Robert Enrico schuf mit diesem Film eines der Meisterwerke des 70er Jahre Paranoia-Genres. Der Film entstand nach dem Roman "Flieh nicht mit Fremden" von Francis Ryck und bietet den drei Hauptdarstellern Jean-Louis Trintignant, Marlene Jobert und Philippe Noiret die Möglichkeit ihr ganzes Können zu beweisen. Im Mittelteil des Films sagt Julia zu ihrem Mann Thomas "Ich hab das Gefühl, dass wir nicht wieder nach Hause zurückkehren werden". Dieser Satz unterstreicht die unheimlich bedrückende Atmosphäre nach der Begegnung mit dem Fremden David Daguerre (Jean Louis Trintignant). Wer ist dieser David Daguerre ? Ist er dieser unschuldige Mann auf der Flucht vor der Staatsmacht, weil er einem Geheimnis auf diie Spur gekommen ist. In der ersten Szene sieht der Zuschauer seine Flucht aus dem Verließ eines Gefängniskrankenhauses, wo er auch gefoltert wird. Um zu fliehen, tötet er den Wärter, der auf ihn aufpassen sollte. David Daguerre ist ab jetzt auf der Flucht. Er glaubt auch, dass er nirgends mehr sicher ist, denn seine Verfolger sitzen ihm im Nacken. In Paris taucht er unter und flieht aufs Land. In Ardeche begegnet er Thomas Bertelot (Philippe Noiret), der mit seiner Gefährtin Julia (Marlene Jobert) in einem heruntergekommenen Herrenhaus, abseits der Stadt, lebt. Thomas bietet dem Fremden Unterkunft an und obwohl er sehr schnell bemerkt, dass der Fremde etwas zu verbergen hat, schickt er ihn nicht weg. Thomas ist interessiert an diesem Gast und er hat sich vorgenommen ihm aus der Patsche zu helfen. Julia ist da viel misstrauischer, aber auch sie findet David interessant. Irgendwann erzählt David seine Geschichte, die eher unglaubwürdig erscheint. Viel wahrscheinlicher ist doch, dass er vor dem Gesetz flieht, weil er ein Verbrechen begangen hat. Da Thomas Lust auf ein Abenteuer hat, will er Daniel zur Flucht nach Spanien verhelfen. Zu dritt verlassen sie das Herrenhaus...



"Das Netz der tausend Augen" ist neben dem etwas später entstandenen "Das alte Gewehr" bester Film überhaupt. Die Paranoia ist die ganze Zeit zu spüren und lässt den Zuschauer bis zuletzt nicht mehr los. Ein Auflösung bietet der Film erst in den letzten Sekunden des Films an. Diese eher unbekannte Perle des französischen 70er Jahre Kinos ist eine echte Wiederentdeckung.




Bewertung: 9 von 10 Punkten. 
 

Mittwoch, 5. Mai 2021

Becket


Regie: Peter Glenville

Erzbischof von Canterbury..

Zwei große Schauspieler in einem hervorragenden Historienfilm. Richard Burton spielt Thomas Becket, den Erzbischof von Canterbury und Peter O´Toole ist als Heinrich II zu sehen.
In weiteren Rollen sind Thomas Weston als Bruder John, John Gielgud als König von Frankreich, Pamela Brown als Eleonore von Aquitanien, Martita Hunt als Königinmutter und Donald Wolfit als Bischof Volliot zu sehen.
Thomas Becket, Sohn eines Londoner Kaufmanns, hatte im Ausland Jura und Theologie studiert und kehrte mit 22 Jahren nach England zurück. Der jünge König Heinrich II ist angetan von der Bildung, Selbstsicherheit und Intelligenz, die beiden Männer werden Freunde - Becket hingegen findet auch Gefallen am verschwenderischen Hofleben, dass der König ihm bietet und den irdischen Genüssen, die sich daraus ergeben. So wird er 1155 überraschend Lordkanzler und hilft dem König, der ihm vertraut, bei dem Streit mit dem Erzbischof Theobald von Canterbury über die Kompetenzen von kirchlicher und auf der anderen Seite weltlicher dem König obliegenden Gerichtsbarkeit. Als der Erzbischof 1161 stirbt, kommt dem König ein kluger Schachzug in den Sinn das höchste kirchliche Amt in England "seinem Mann" zu geben. So wird Becket widerstrebend neuer Erzbischof, weil er befürchtet, dass das Ausüben beider Ämter bald Probleme bringen wird. Und er behält Recht.
Mit dem hohen Amt, dass dem König in Punkto Macht gleichwertig ist, wechselt Beckets Charakter vom Kollaborateur ohne Prinzipien zum glaubwürdigen Gottesmann, der im Gebet die Ehre Gottes findet, die er ab dann mit grosser Hingabe verteidigt. Doch er entfernt sich immer mehr vom König, der es nicht ertragen kann, dass sein Freund nicht ihn, sondern Gott lieben kann. Es wird Hass daraus.
Gemeinsam mit dem vor Neid zerfressenen Widersacher Heinrich von Winchester schmiedet der König böse Rachepläne und falsche Anschuldigen, die Becket zur Flucht nach Frankreich zwingen.
Erst Jahre später kann Becket durch die Interventionen des französischen Königs und des Papstes vom Zisterzienserkloster Pontigny als rechtmässiger Erzbischof ins heimische England zurückkehren. Doch der König ist nach wie vor von Liebe und Hass zerfressen und es kommt im Gespräch mit seinen 4 treuen Lords zur folgenschweren gewollten und geschchtsträchtigen verzweifelten Aussage "Erlöst mich denn niemand von diesem Priester"....



 
 
Peter Glenville drehte nur sehr wenige Filme, er gehörte aber lange Jahre zu den renommiertesten Theaterregisseuren am New Yorker Broadway und im Londoner Westend. Herausragend gelang ihm dieser britische Historienfilm aus dem Jahre 1964 basierend auf Jean Anouihs Theaterstück, ein Film,der gleichzeitig auch Auftakt für weitere grosse britische Historienfilme wie "Mann zu jeder Jahreszeit", "Cromwell", "Königin für 1000 Tage", "Der Löwe im Winter" oder "Maria Stuart" war. Die beiden Stars Peter O'Toole und Richard Burton liefern ein gekonntes Psychoduell mit Tiefgang und klasse schauspielerische Leistungen, beide erhielten eine Oscarnominierungen als bester Darsteller, allerdings konnten sie sich gegen Rex Harrisons Performance als Dr. Higgins nicht durchsetzen - insgesamt kam der Film auf stolze 12 Oscarnominierungen. Er konnte letztendlich nur einen Preis für das beste Drehbuch ergattern - bei allen anderen Kategorien hatten die Musicals des Jahres My fair lady und Mary Poppins die besseren Karten.





Bewertung: 9 von 10 Punkten.