Regie: Claude Chabrol
Von Gewissensbissen zerfressen...
"Vor Einbruch der Nacht" entstand 1971 und fält somit
in die kreativste Schaffensphase von Meisterregisseur Claude Chabrol. In
dieser Zeit zwischen 1968 und 1971 entstanden mit "Die untreue Frau",
"Der Riß", "Das Biest muß sterben", "Der Schlachter" oder "Zwei
Freundinnen" einige seiner besten Filme. Das Drehbuch basiert auf den
Roman "The Thin Line" von Edeard Ativahs aus dem Jahr 1951. Thema ist
dabei die Schuld und die Sühne des Protagonisten Charles Masson (Michel
Bouquet), der als erfolgreicher Pariser Werbefachmann, glücklicher
Ehemann und Vater seine heimliche Geliebte Laura Telier (Anne Doulking)
während des sadistisch-masochistischen Liebesspiels ermordet.
Die Tote war zudem noch die Frau von Charles bestem
Freund Francois Tellier (Francois Perrier). Der Mörder verlässt beinahe
emotionslos den Tatort - ein von Laura gemietetes Appartment in der
Innenstadt. Er ist aber trotzdem durch seine eigene Tat sehr
traumatisiert und versucht sich in einem Lokal in der Nähe des Tatorts
ein bisschen abzulenken. Dort trifft er rein zufällig auf Francois, der
sich wundert, Charles in dieser Gegend von Paris anzutreffen.
Dann kehrt Charles zu seiner Frau Helene (Stephane
Audran) zurück und versucht weiterhin die bürgerliche Fassade
aufrechtzuerhalten. Er ist damit völlig damit beschäftigt, weiterhin den
Mustergatten, den perfekten Vater, aber auch für den Witwer und besten
Freund da zu sein in der Not. Die Polizei jagt einen unbekannten
Mörder, kein bisschen Verdacht fällt auf Charles.
Doch Charles wird zunehmend von Gewissensnöten geplagt. Er
kommt zu dem Schluss, dass er Laura und die sexuelle Macht, die sie
über ihn hatte, gehasst hat und dass er für das Verbrechen bezahlen
muss. So ist er beinahe erleichtert, dass eine Freundin von Laura, die
das Appartment bereit stellte, in ihm einen der Besucher erkennt....
"Vor Einbruch der Nacht" lebt von der sehr guten
Darstellung des Michel Bouquet, der seit den 60er Jahren aktiv ist, aber
erst 2002 und 2006 den Cesar als bester Hauptdarsteller gewinnen
konnte.
Die Rolle des Charles Masson ist aber sicherlich eine
seiner stärksten Leistungen. Der Film ist psychologisch raffiniert
gestaltet - der Täter, der eigentlich darauf sinnt, dass seine Schuld
aufgedeckt wird, muss erkennen, dass dieser Wunsch gar nicht so leicht
realsierbar ist. Erschwerend kommt dann noch hinzu, dass sowohl die
Ehefrau als auch der Freund, dem schliesslich die Frau genommen wurde,
auf sein Geständnis völlig verständnisvoll reagieren. So muss Charles
seine Bestrafung am Ende alleine bewerkstelligen.
Wie so oft ist "Vor Einbruch der Nacht" wieder einmal
einer von Chabrols so gekonnt inszenierten Bourgeousie-Thrillern, wo
dunkles Verlangen herrscht, aber diese Geheimnisse und Obsessionen an
der Oberfläche kaum zu sehen sind.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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