Regie: Spike Lee
Auf den Straßen von Brooklyn....
"Clockers" aus dem Jahr 1995 war kein Riesenerfolg für Spike Lee, obwohl
der Film immerhin ca. 13 Millionen Dollar in den US-Kinos einspielte.
Der Ghetto-Film wurde in nur 12 Wochen in Brooklyn gedreht. Bei den
Wohnblöcken, die im Zentrum der Handlung stehen, entschieden die Macher
sich für die Gowanus Houses im Viertel Boerum Hill in Brooklyn.
Ein idealer Drehort - diese Location mit ihren vielen Sitzbänken, dort
von diesen Bänken aus erledigen die "Clockers" ihr 24 Stunden Geschäft:
Stoff verckecken.
Der Film basiert auf dem Bestseller von Richard Price. Dieser schrieb
auch gemeinsam mit Spike Lee das Drehbuch. Ursprünglich wollte sogar
Martin Scorsese die Geschichte verfilmen, aber er übergab den Regiestuhl
an Spike Lee, fungierte aber als Produzent.
Kleine Drogendealer, die auf der untersten Stufe der Hierarchie stehen,
werden "Clockers" genannt. "Clockers" weil die Jungs rund um die Uhr
draußen sind und ihre Deals erledigen.
Einer davon ist der junge Ronald Dunham (Mekhi Phifer), den alle nur
"Strike" nennen. Er arbeitet für den brutalen Drogenboss Rodney Little
(Delroy Lindo), der seine Jungs gut im Griff hat. Er gaukelt ihnen eine
"Vaterrolle" vor, die es gut meint und er verspricht den Aufstieg auf
der Leiter - allerdings müssen seine Schützlinge auch bereit sein kleine
Gefallen für ihn zu tun. So beauftragt er den naiven Teenager mit dem
Auftragsmord an seinem Mitarbeiter Darryl Adams (Steve White) - damit
würde er auch auf der Karriereleiter hochsteigen. Doch Strike hat
Skrupel und versucht seinen älteren Bruder Viktor (Isaiah Washington)
davon zu überzeugen, dass dieser Daryl Adams den Tod verdient hat. Dabei
tischt er dem die Lüge auf, dass er junge Mädchen verprügelt.
Tatsächlich vergehen nur wenige Stunden und die Mordkommission unter der
Führung der beiden Detectives Rocco Klein (Harvey Keitel) und Larry
Mazilli (John Turturro) müssen schon im Mordfall Adams ermitteln. Bald
darauf erfolgt aber das Geständnis des bisher rechtschaffenen Victor -
er gibt an, dass er Adams aus Notwehr erschossen hat. Für Mazilli sehr
glaubhaft, aber Klein hat berechtigte Zweifel an der Geschichte. Er
glaubt vielmehr, dass Victor die Schuld seines jüngeren Bruders auf sich
nimmt. Denn dieser hat mit seiner bisherigen Akte keine große Chance
für mildernde Umstände.
Im Wohnblock selbst sieht der Zwölfjährige Tyrone "Shorty" Jeeter (Pee
Wee Love) in Strike ein großes Vorbild - sehr zum Ärger seiner Mutter
Iris (Regina Taylor) und Pflegevater Andre "The Giant" (Keith David),
die nicht wollen, dass der kleine Junge ins kriminelle Milieu abrutscht.
Irgendwann gerät Strike zwischen die Fronten: Auf der einen Seite ist
da ein Polizist, der auf einer verbissenen Suche nach Wahrheiten nicht
locker lässt und auf der anderen Seite ein Drogenboss, der seine
Interessen um jeden Preis schützen wird. Bald wird die Lage für Strike
dramatisch...
"Clockers" ist ein extrem unterbewerteter Klassiker des 90er Jahre Kinos
und zählt zu den besten Filmen von Spike Lee. Dabei ist die Geschichte
mehr als ungewöhnlich - vor allem darf man über die Handlungsweisen des
Detectives Klein rätseln. Denn er wird auf dem Weg zur Wahrheit die
Wahrheit vertuschen. Dabei umgeht er das Recht, verhilft aber drei
Figuren in diesem Mordfall zu einer zweiten Chance. Diese Dynamik in der
Geschichte ist überraschend, zumal Klein - hervorragend dargestellt von
Harvey Keitel - eigentlich eher ein harter Cop ist, der nicht locker
lässt. Ein großartige Leistung bringt auch Youngster Mekhi Phifer und
Delroy Lindo, der einen herrlichen Bösewicht abgibt.
"Clockers" wirkt sehr realistisch und trotz Brutalität und Härte
schimmern auch immer wieder die Sehnsüchte der Protagonisten durch.
Herzstück des Films ist nicht nur dieser Cop, der zum Sozialarbeiter
mutiert, sondern die authentische Location mit Blick auf das alltägliche
Leben vieler schwarzamerikanischern Jugendlichen. Visuell ebenfalls
beeindruckend - angefangen von der grandiosen Titelsequenz mit Fpotos
von Mordopfern aus der Drogenszene - dazwischen wurden Nachrufe von
Graffiti Zeichnungen auf Häuserwänden in Brooklyn gezeigt. Es sind
beunruhigende Zeugnisse von diesem harten Krieg auf der Straße -
"Clockers" ein Gruß aus den Parallelgesellschaften Amerikas - man kann
diese Spirale inzwischen auch auf europäische Verhältnisse übertragen.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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