Regie: Don Siegel
Jäger und Gejagte in New Mexiko...
"Charly Varrick" wurde 1973 von Don Siegel gedreht und hat
auffällig viele Ähnlichkeiten mit dem Coen Meisterwerk "No Country for
old men" - in ähnlicher Umgebung treibt ein von der Mafia engagierter
Auftragskiller sein Unwesen, er jagt dabei Gauner, die einen großen Coup
landen wollen. In "No Country for old men" bekam Javier Bardem für
seine Rolle als Killer mit dem Bolzenschußgerät und der schallgedämpften
Selbstladeflinte den Oscar als bester Nebendarsteller. In "Charly
Varrick" spielt Joe Don Baker diesen Verfolger.
Der Film entstand in einer sehr guten Schaffensphase des
Filmemachers, der sich mit Genremeisterwerken wie "Terror in Block 11"
oder "Die Dämonischen" bereits in den 50er Jahren einen Namen machen
konnte und ab 1968 innert von 5 Jahren weitere Klassiker schuf. Der
bekannteste ist sicherlich der unsterbliche "Dirty Harry" - aber auch
"Nur 72 Stunden", ""Coogans großer Bluff", Betrogen" und vor allem
dieser "Charly Varrick" müssen sich hinter seinen bekanntesten Filmen
nicht verstecken.
Der Thriller über einen geglückten wie missglückten Banküberfall
erinnert auch an "The Getaway" von Sam Peckinpah. Vom Stil her und auch
von der Story - beides Filme über Bankräuber und deren Flucht.
Bereits das Intro lässt auf einen Topfilm schließen - dort hält der
Cinematograph Michael Butler mit seiner Kamera schöne
Morgenimpressionen fest. Er filmt das Erwachen einer Kleinstadt und der
Zuschauer sieht einen Jungen, der vergeblich einen Stier satteln will -
es ist Charles Matthau, der Sohn des genialen Hauptdarstellers Walter
Matthaus. Das kleine Mädchen, dass von einem Rasensprenger nass gemacht
wird ist Kit. Don Siegels adoptierte Tochter.
Die Geschichte nach dem Roman "The Looters" von John Reese beginnt
mit dem Ablauf eines Bankraubs in der ländlichen Gemeinde Tres Cruces in
New Mexiko. Drahtzieher der Aktion ist der gerissene als
Schädlingsbekämpfer getarnte Erzgauner Charley Varrick (Walter Matthau),
der mal Stuntpilot war. Seine Frau Nadine (Jacqueline Scott) wartet im
Wagen, während in der Bank bereits Charleys zwei Komplizten Al Dutcher
und der junge Harman Sullivan (Andrew Robinson) auf ihn warten. Dann
muss alles schnell gehen. Denn der vorbeifahrende Polizeiwagen könnte
wiederkommen. Nadine ist bereit zu schießen. Auch die Gangster im
Bankraum sind zu allem entschlossen. Tatsächlich gehts nur mit Gewalt.
Al Dutscher stirbt vor Ort, Nadine ist verletzt und kann in letzter
Sekunde mit ihrem Mann und Harman entkommen. Doch sie ist schwer
verletzt und stirbt kurze Zeit später auf der Flucht. Obwohl der
Filialleiter Harold Young (Woodrof Parfey) erklärt, dass nur 20.000
Dollar gestohlen wurde, sind Varrick und sein junger Partner erstaunt,
denn sie haben einen Geldbetrag von 765.118 Dollar erbeutet. Das kann
nur Mafiageld sein. Nicht nur die Bankräuber geraten deshalb in die
Schußlinie der Mafia, denen das Geld gehört. Auch der angesehene
Geschäftsmann Maynard Boyle (John Vernon) wird vom Syndikat verdächtigt,
dass er das Geld unterschlagen hat. Denn ausser ihm und dem
Filialleiter wusste keiner etwas davon, dass in dieser kleinen
Bankfiliale soviel Geld lagerte. Daher kommt der Killer Molly (Joe Don
Baker) ins Spiel, der sehr schnell Ergebnisse liefern kann. Eine
Fotografin (Sheree North) führt ihn zum Wohnwagen der Verfolgten. Doch
Charly Varrick bereitet sich ebenfalls darauf vor, dass die Mafia oder
deren Killer bald vor der Tür stehen. Er nimmt Kontakt zu Sybil Fort
(Felicia Farr), der Sekretärin von Boyle auf...
Es ist tatsächlich eine Freunde der Geschichte aufmerksam zu
folgen. Am Ende ist klasse Action angesagt, doch es sind vor allem die
großartigen Darstellerleistungen die den Film zu einem kleinen
Meisterwerk machen und ihn auch in die Nähe von Coen Filmen wie "Blood
Simple" oder auch an Arbeiten von Tarantino und Peckinpah erinnern
lässt. Nicht umsonst erhielt Walter Matthau im Jahr 1974 den BAFTA Award
als bester Darsteller des Jahres und die Warnung von Boyle an den
Bank-Filialleiter, er würde nackt ausgezogen und mit Drahtzange und
Lötlampe bearbeitet, wird von Tarantino in "Pulp Fiction" leicht
abgewandelt wieder benutzt. Leider gelang Don Siegel damals mit diesem
Spitzenfilm kein Kassenerfolg. Trotz dieser Enttäuschung hat sich der
Film natürlich als Klassiker seiner Sparte etabliert und kann als
intelligentes Action-Melodram noch heute gut begeistern. Dabei gelingt
es Siegel von Anfang an, dass der Zuschauer mit einem Gangster wie
Varrick mitfiebert. Siegels Stil ist zwar nüchtern, aber er skizziert
seine Figuren sehr genau fast schon beiläufig eingebettet in dem
spannenden Handlungsablauf. Und der Zuschauer ist gespannt wie diese
Charaktere reagieren werden. Trockener und schwarzer Humor ist eine
zusätzliche Würze in Siegels Film, der am Ende noch Varricks Flugkünste
feiert.
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