Regie: William Dieterle
Paris im 15. Jahrhundert...
Willlam Dieterle drehte bereits in der Weimarer Republik sehr
erfolgreiche Filme. Dies brachte ihm 1930 einen Vertrag bei Warner
Brothers, er verließ daraufhin Deutschland und versuchte in Hollywood
sein Glück. Gemeinsam mit Max Reinhard adaptierte Deiterle 1935 die
ambitionierte Verfilmung von Shakespeares "Ein Sommernachtstraum".
Danach spezialisierte er sich vornehmlich auf Biopics, es entstanden
Filme wie "Louis Pasteur", "Das Leben des Emile Zola" oder "Juarez". Für
"Das Leben des Emile Zola" bekam er sogar eine Oscarnominierung als
bester Regisseur. Allerdings unterlag er Leo McCarey, der für "Die
schreckliche Wahrheit" den Preis gewann. Aber seine Zola Biografie wurde
immerhin als bester Film des Jahres ausgezeichnet. Sein 1939
entstandener "Der Glöckner von Notre Dame" nach dem berühmten Roman von
Victor Hugo war ein weiterer Riesenerfolg. Der Film spielte in den USA
mehr als 3 Millionen Dollar ein und war damit der 8erfolgreichste Film
des Jahres 1939. Viele Kritiker sehen Dieterles Film auch heute noch als
die beste Verfilmung des Romans - trotz der sehr erfolgreichen
Versionen von 1923 mit Lon Chaney und 1956 mit Anthony Quinn und Gina
Lollobrigida.
Von allen Hollywood Filmen, die Dieterle im Laufe seiner
langjährigen Karriere gemacht hat, zeigt "Der Glöckner von Notre Dame"
am stärksten die Einflüsse des deutschen Stummfilms der Weimarer Ära.
Dieterle bevorzugte hier düstere Bilder mit expressiven Lichteffekten.
Auch die Massenszenen sind bombastisch in Szene gesetzt und als Glöckner
überzeugt der große Charakterdarsteller Charles Laughton, dem der
Zuschauer es zu verdanken hat, dass die rothaarige Maureen O´Hara ihre
große Chance bekam - die junge Irin hatte damals durch Hitchcocks
letzten englischen Film "Riff Piraten" zwar schon eine gewisse
Bekanntheit, doch als Esmeralda feierte sie ein glanzvolles Hollywood
Debüt und wurde zu einer berühmten Leinwanddiva der 40er Jahre.
Mit dem Ende des 15. Jahrhundert ging das Mittelalter zu Ende.
Europa hatte Veränderungen erlebt. Frankreich, das von einem
hundertjährigen Krieg verwüstet wurde, fand nun endlich Frieden. Die
Leute unter der Herrschaft des milden Königs Louis XI (Harry Davenport)
fühlten sich endlich wieder etwas freier und sie träumten vom
Fortschritt. Der Buchdruck ist in aller Munde und der König ist dem
neuen Medium sehr aufgeschlossen. Ein Buch kann nur in wenigen Wochen
gedruckt werden - selbst die heilige Schrift. In der Vergangenheit
brauchten die Mönche viele Jahre dazu um ein einziges Exemplar zu
schaffen. Doch in dieser Zeit herrschen immer noch Aberglaube und
Vorurteile - auch des Königs Oberrichter Jean Frollo (Sir Cedric
Hardwicke) gehört zu den Menschen, denen die neu aufkeimende
Lebensfreude suspekt ist. Er würde Bücher am liebsten sofort verbieten
lassen. Was wäre, wenn sich der einfache Mensch bilden würde und eine
eigene Meinung entwickeln könnte ? Kaum vorstellbar für die
Herrschenden. In Paris ist das Volk aber völlig aus dem Häuschen, denn
die Menschen feiern das Fest der Narren. Doch den Zigeunern wird der
Eintritt in die Stadt verwehrt. Die junge Esmeralda schafft es aber sich
unter das Volk zu mischen. Sie tanzt vor dem Publikum und die Männer
sind von ihrer Schönheit hingerissen. Der junge Dichter Pierre Gringoire
(Edmund O´Brien) genauso wie Quasimodo (Charles Laughton), der
hässliche Glöckner von Notre Dame, der sie aus einem Versteck aus
anhimmelt. Doch er wird entdeckt und später aufgrund des hässlichsten
Gesichts zum König der Narren gekrönt. Frollo, sein Ziehvater bringt ihn
später wieder in die oberen Räume von Notre Dame, wo er die Glocken
läutet. Durch diese Glockenklänge in nächster Nähe ist der bucklige Mann
taub geworden. Er ist Frollo treu ergeben. Dieser ist heimlich
ebenfalls an der schönen Frau interessiert - doch er betrachtet sein
Verlangen als Werk des Teufels. Und nur der Tod Esmeraldas kann ihn von
dieser Besessenheit befreien. Aus Eifersucht tötet er heimlich
Hauptmann Phöbus (Alan Marshall) als der in der Nacht ein
Schäferstündchen mit Esmeralda hat. Mit dem Messer in der Hand wird
Esmeralda als Mörderin abgeführt. In einer Gerichtsverhandlung wird sie
zum Tode verurteilt. Doch das Urteil kann nicht vollstreckt werden, da
Quasimodo die Frau rettet und sie in die Kirche bringt. Damit ist sie
durch das Asylrecht geschützt...
Insgesamt weicht Dieterles Verfilmung vom Roman natürlich etwas ab.
Aber er begeistert auch heute noch wegen seiner brillianten
Kameraführung (Jospeh H. August), imposanten Massenszenen und einem
detailreichen Zeitkolorit. Charles Laughton verleiht seiner Figur eine
anrührende Faszination. Maureen O´Hara fasziniert durch ihre Schönheit
und Lebensfreude, die sie ausstrahlt. Als Gegenpol überzeugt Cedric
Hardwicke als innerlich zerissener Schurke, der an seiner eigenen
Selbstzerstörung am Ende auch zugrunde geht.
Bewertung: 9,5 von Punkten.
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