Mittwoch, 8. Mai 2019

Die verlorene Ehre der Katharina Blum







































Regie: Volker Schlöndorff/Margarethe von Trotta

Deutschland im Frühling 1974...

Bundesrepublik Deutschland im Februar des Jahres 1975: Es ist auch die Zeit des Kampfes des Staates gegen die linksextremistische terroristische Vereinigung der Roten Armee Frakton. Und es ist auch Karnveval in Köln. Auf irgendeinem Ball in der Stadt feiert auch Katharina Blum (Angela Winkler), Hausangestellte beim Anwalt Dr. Blorna (Heinz Bennent) den jungen Ludwig Götten (Jürgen Prochnow) kennen. Es ist große Sympathie auf den ersten Blick da und so nimmt die junge Frau ihre Zufallsbekanntschaft mit in die Wohnung. Die beiden verbringen die Nacht zusammen. Am anderen Morgen ist er wieder weg und als Katharina gerade ihr Frühstück zu sich nehmen will, stürmt die Polizei mit einer Spezialeinheit in die Wohnung. Götten wurde bereits am Abend vorher von der Polizei observiert - es gibt Verdachtsmomente, dass er zu den RAF-Terroristen gehören könnte. Kommissar Beizmenne (Mario Adorf) ist ausser sich vor Wut, weil ihnen der Verdächtige überraschend entkommen ist. Durch dessen Flucht fokussiert sich die weitere polizeitliche Ermittlung aber auf die unschuldige und bislang unbescholtene junge Frau. Sie wird verdächtigt, dass sie eine Komplizenschaft mit Götten eingegangen ist. Die Wahrheit, die ganz einfach ist, interessiert die Ermittler nicht sonderlich. Es ist tasächlich so, dass sich zwei Menschen, die sich vorher nicht kannten, getroffen haben und gemeinsam die Nacht verbrachten. Nicht mehr und nicht weniger. Mit ihrer vorläufigen Festnahme setzt sich aber sofort ein sehr zerstörerischer Prozess in Gang. Zwar wird sie von der Polizei wieder freigelassen, aber vorher wird die Boulevardpresse - auch die populäre "Die Zeitung" - mit Informationen über eine mutmaßliche Mittäterin versorgt. Für "Die Zeitung" arbeitet der skrupellose Werner Tötges (Dieter Laser). Dieser verdreht die Tatsachen und macht aus dem geflüchteten Verdächtigen einen Mörder und Bankräuber. Im Laufe der Ermittlung stellt sich aber heraus, dass der Gesuchte lediglich einen Safe der Bundeswehr ausgeplündert und zusätzlich noch Waffen gestohlen hat. Aus Katharina macht der Zeitungsmann eine langjährige Mittäterin, sie wird als "Flittchen" bezeichnet, die seit Jahren regen Herrenbesuch in ihrer Wohnung hat. Aussagen von Katharinas Bekannten werden negativ verfälscht und als Höhepunkt der Verleumdung wird der Tod von Katharinas Mutter noch so aufgebauscht, dass die Frau wegen dem Kummer an der missratenen Tochter starb.
Infolge dieser Hetzkampagne wird Katharina Blum mit beleidigenden, hasserfüllten und obszönen Anrufen und Zuschriften bombadiert. Die Frau, die noch vor einigen Tagen gesellschaftlich voll integriert war, wird zu einer verachteten Außenseiterin - dank der Zeitung auch mit einem bundesweiten Bekanntheitsgrad. Am Ende wird Götten verhaftet und Katharina verabredet sich mit Tötges unter dem Vorwand ihm ein Interview zu geben. Als er mit ihr eine Nummer schieben will, erschießt sie ihn. Bei der Grabrede des getöteten Journalisten bezeichnet der Chef des Verlags, der "Die Zeitung" veröffentlicht, die Tat der Frau als Angriff auf die Pressefreiheit, dem man noch viel stärker entgegentreten müsse... 



Der Film von Volker Schlöndorff und Margarethe von Trotta endet mit dem Satz "Ähnlichkeiten mit gewissen journalistischen Praktiken sind weder beabsichtigt noch zufällig, sondern unvermeidlich. Eine ähnliche Passage stellt auch Heinrich Böll in seiner 1974 erschienen Erzählung seinem Buch voran.
Wie das literarische Vorbild von Böll prangert auch die Verfilmung die menschenverachtende und verbrecherischen Machenschaften des Sensationsjournalismus an. Der Film entstand 1975 und ist auch heute noch mit seiner Wut mitreissend und aktuell. Auch wenn das "Gut" und "Böse" Schema von Schlöndorff und von Trotta etwas undifferenziert dargeboten wird: Polizei und Journalisten sind die bösen verurteilswürdigen Teufel, auf der Gegenseite eine Art Engel in der Gestalt der Katharina Blum. Dennoch wirkt der Film emotional sehr stark und als kritische Studie über die Pressefreiheit und der Willkür und der Macht der Medien ist er immer noch überaus beklemmend. Für mich ganz sicherlich einer der wichtigsten deutschen Filme der 70er Jahre. Der große Billy Wilder lobte "Die verlorene Ehre der Katharina Blum" sogar als den besten deutschen Film seit Fritz Langs "M - eine Stadt sucht einen Mörder"



Bewertung: 9,5 von 10 Punkten. 

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