Regie: Volker Schlöndorff/Margarethe von Trotta
Deutschland im Frühling 1974...
Bundesrepublik Deutschland im Februar des Jahres 1975: Es ist auch
die Zeit des Kampfes des Staates gegen die linksextremistische
terroristische Vereinigung der Roten Armee Frakton. Und es ist auch
Karnveval in Köln. Auf irgendeinem Ball in der Stadt feiert auch
Katharina Blum (Angela Winkler), Hausangestellte beim Anwalt Dr. Blorna
(Heinz Bennent) den jungen Ludwig Götten (Jürgen Prochnow) kennen. Es
ist große Sympathie auf den ersten Blick da und so nimmt die junge Frau
ihre Zufallsbekanntschaft mit in die Wohnung. Die beiden verbringen die
Nacht zusammen. Am anderen Morgen ist er wieder weg und als Katharina
gerade ihr Frühstück zu sich nehmen will, stürmt die Polizei mit einer
Spezialeinheit in die Wohnung. Götten wurde bereits am Abend vorher von
der Polizei observiert - es gibt Verdachtsmomente, dass er zu den
RAF-Terroristen gehören könnte. Kommissar Beizmenne (Mario Adorf) ist
ausser sich vor Wut, weil ihnen der Verdächtige überraschend entkommen
ist. Durch dessen Flucht fokussiert sich die weitere polizeitliche
Ermittlung aber auf die unschuldige und bislang unbescholtene junge
Frau. Sie wird verdächtigt, dass sie eine Komplizenschaft mit Götten
eingegangen ist. Die Wahrheit, die ganz einfach ist, interessiert die
Ermittler nicht sonderlich. Es ist tasächlich so, dass sich zwei
Menschen, die sich vorher nicht kannten, getroffen haben und gemeinsam
die Nacht verbrachten. Nicht mehr und nicht weniger. Mit ihrer
vorläufigen Festnahme setzt sich aber sofort ein sehr zerstörerischer
Prozess in Gang. Zwar wird sie von der Polizei wieder freigelassen, aber
vorher wird die Boulevardpresse - auch die populäre "Die Zeitung" - mit
Informationen über eine mutmaßliche Mittäterin versorgt. Für "Die
Zeitung" arbeitet der skrupellose Werner Tötges (Dieter Laser). Dieser
verdreht die Tatsachen und macht aus dem geflüchteten Verdächtigen einen
Mörder und Bankräuber. Im Laufe der Ermittlung stellt sich aber heraus,
dass der Gesuchte lediglich einen Safe der Bundeswehr ausgeplündert und
zusätzlich noch Waffen gestohlen hat. Aus Katharina macht der
Zeitungsmann eine langjährige Mittäterin, sie wird als "Flittchen"
bezeichnet, die seit Jahren regen Herrenbesuch in ihrer Wohnung hat.
Aussagen von Katharinas Bekannten werden negativ verfälscht und als
Höhepunkt der Verleumdung wird der Tod von Katharinas Mutter noch so
aufgebauscht, dass die Frau wegen dem Kummer an der missratenen Tochter
starb.
Infolge dieser Hetzkampagne wird Katharina Blum mit
beleidigenden, hasserfüllten und obszönen Anrufen und Zuschriften
bombadiert. Die Frau, die noch vor einigen Tagen gesellschaftlich voll
integriert war, wird zu einer verachteten Außenseiterin - dank der
Zeitung auch mit einem bundesweiten Bekanntheitsgrad. Am Ende wird
Götten verhaftet und Katharina verabredet sich mit Tötges unter dem
Vorwand ihm ein Interview zu geben. Als er mit ihr eine Nummer schieben
will, erschießt sie ihn. Bei der Grabrede des getöteten Journalisten
bezeichnet der Chef des Verlags, der "Die Zeitung" veröffentlicht, die
Tat der Frau als Angriff auf die Pressefreiheit, dem man noch viel
stärker entgegentreten müsse...
Der Film von Volker Schlöndorff und
Margarethe von Trotta endet mit dem Satz "Ähnlichkeiten mit gewissen
journalistischen Praktiken sind weder beabsichtigt noch zufällig,
sondern unvermeidlich. Eine ähnliche Passage stellt auch Heinrich Böll
in seiner 1974 erschienen Erzählung seinem Buch voran.
Wie das
literarische Vorbild von Böll prangert auch die Verfilmung die
menschenverachtende und verbrecherischen Machenschaften des
Sensationsjournalismus an. Der Film entstand 1975 und ist auch heute
noch mit seiner Wut mitreissend und aktuell. Auch wenn das "Gut" und
"Böse" Schema von Schlöndorff und von Trotta etwas undifferenziert
dargeboten wird: Polizei und Journalisten sind die bösen
verurteilswürdigen Teufel, auf der Gegenseite eine Art Engel in der
Gestalt der Katharina Blum. Dennoch wirkt der Film emotional sehr stark
und als kritische Studie über die Pressefreiheit und der Willkür und der
Macht der Medien ist er immer noch überaus beklemmend. Für mich ganz
sicherlich einer der wichtigsten deutschen Filme der 70er Jahre. Der
große Billy Wilder lobte "Die verlorene Ehre der Katharina Blum" sogar
als den besten deutschen Film seit Fritz Langs "M - eine Stadt sucht
einen Mörder"
Bewertung: 9,5 von 10 Punkten.
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