Regie: Edward Berger
Im Schützengraben...
Im Jahr 1928 erschien mit "Im Westen
nichts Neues" der berühmte Antikriegsroman von Erich Maria Remarque. Es
vergingen nur einige Monate, bis Hollywood das prägende Buch verfilmte.
"Im Westen nichts Neues" wurde auch im Kino ein Riesenerfolg und
bescherte seinem Regisseur Lewis Milestone den Regie-Oscar. Auch dem
Produzenten Carl Laemmle Jr. wurde die Trophäe für den besten Film des
Jahres überreicht. Das American Film Institute zählt den Film bis heute
zu den Top 100 der besten US-Filme. Im Jahr seines Erscheinens war
Milestones Kiassiker der dritterfolgreichste Film an den Kinokassen.
Im Jahr 1978 verfilmte Delbert Mann für
das amerikanische Fernsehen ein Remake. Die Rolle des Paul Bäumer, die
im Originalfilm von Lew Ayres verkörpert wurde, übernahm Richard Thomas,
bekannt als John Boy aus der Serie "Die Waltons". Auch dieser Film
schaffte es im Kino gezeigt zu werden.
2022 wagte sich der deutsche Filmemacher
Edward Berger erneut an den Stoff. Seine Version von "Im Westen nichts
Neues" ist war als deutsche Oscar Hoffnung als bester ausländischer
Film im Rennen, auch bei der Vergabe des europäischen Filmpreises gehört
er zum erweiterten Favoritenkreis.Tatsächlich gelang die Sensation in der Oscarnacht am 12. März 2023: Nachdem der deutsche Kriegsfilm mit 9 Nominierungen ins Rennen ging, konnte er in 4 Kategorien (bester Auslandsfilm, beste Kamera James Friend, beste Musik Volker Bertelmann und bester Schnitt Ernestine Hipper und Christian M. Goldbeck) gewinnen. Eine seltene Ehre für einen ausländischen Film - soviel Auszeichnung von der Academy konnten bislang nur "Fanny und Alexander", "Tiger and Dragon", "Parasite" und "Roma" gewinnen.
Auch bei den British Film Awards gabs viele Auszeichnungen.
Während sich der Roman und die früheren
Filme ausschließlich auf die Schützengräben an der Front konzentrierten,
fügte Berger eine zweite Erzählung ein, die die Friedensbemühungen des
deutschen Diplomaten Matthias Erzberger, gespielt von Daniel Brühl,
zeigen. Andererseits verzichtet Berger auf den Heimaturlaub des jungen
deutschen Soldaten. Dort erkennt Paul, dass es ihm unmöglich ist über
die schmutzige Realität des Krieges zu reden. Enttäuscht kehrt er zu
seinen Kameraden an der Front zurück - nur diese Männer wissen wirklich
Bescheid um die Grausamkeit und Erbärmlichkeit des täglichen Tötens -
nur wegen einigen Metern Landgewinn.
Im Frühjahr 1917 verlassen der 17-jährige
Paul Bäumer (Felix Kammerer) und seine Schulkameraden Albert Kropp
(Aaron Hilmer), Franz Müller (Moritz Klaus) und Ludwig Behm (Adrian
Grünewald) ihre Heimatstadt Wiesengrund, um sich der kaiserlichen
deutschen Armee anzuschließen. Ausschlaggebend war die patriotische Rede
ihres Schulleiters. Mit viel Patriotismus und Begeisterung stürzen sich
die verbledeten Jungs in das große Abenteuer. Man will "Paris
einnehmen" - aber die Realität sieht anders aus. Mit den Uniformen der
gefallenen Soldaten ausgestattet, werden die Youngsters in den
Schützengrabe bei La Malmaison eingesetzt. Dort lernen sie den
erfahrenen, etwas älteren Stanislaus "Kat" Katczinsky (Albrecht Schuch)
kennen. Für Paul wird Kat ein Vorbild und vor allem auch ein Freund. Der
Grabenkrieg erweist sich als schmutzig und das Abschlachten gehört zum
täglichen Brot. Ludwig wird in der ersten Nacht bei einem
Granatenangriff getötet. Achtzehn Monate später, am 7. November 1918,
hoffen die Soldaten, dass der Krieg bald zu Ende sein wird. 4 Tage
später sollen die Waffen ruhen. Doch der deutsche General befiehlt
seinen Soldaten kurz vor dem Frieden noch einmal die feindlichen
Franzosen anzugreifen. An diesem 11. November 1918 verliert auch Paul
sein Leben...
Im Originalfilm blieb die Endszene mit
dem Schmetterling in deutlicher Erinnerung und auch die Poesie von Lewis
Milestones Films wird ausgelassen. Was nicht heißen soll, dass Edward
Bergers Film schwächer ist. Er ist anders und vielleicht zum Glück
bewusst anders. Berger hat ein anderes Finale gewählt, dass sein
wuchtiges Werk aber auch viel eigenständiger bleiben lässt.
Sehr eindrücklich sind die Impressionen
eines sehr kalten Krieges, in dem Gefühle wenig Platz haben. Der
britische Kameramann James Friend hat eine exzellente Arbeit gemacht. In
der Rolle des Tjaden Stackfleed überzeugt auch Edin Hasannovic - ebenso
wie das gesamte Ensemble.
Eine sehr bedrückende Szene haftet sich fest, in der Paul mit einem
Franzosen im Trichter liegt, der langsam verstirbt, sein Leben
regelrecht aushaucht. Lange Schlachtszenen, unterlegt mit dröhnender
Musik, zeigen jede mögliche Grausamkeit, die Menschen im Krieg
widerfahren kann. Die Inszenierung hat Weltklasse Niveau, auch wenn
Berger die Vorlage verändert hat. Es besteht aber kein Zweifel daran,
dass ihm dennoch ein großer Wurf gelungen ist.
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