Regie: Pedro Almodovar
Unsere Sinne, unser Stern...
Madrid im Jahre 1970. Während der Militärdiktatur unter Franco werden die Persönlichkeitsrechte drastisch eingeschränkt. Es ist Nachts, kurz vor Weihnachten, die Straßen sind wie leergefegt.
Wie während einer Sperrstunde - während dieses Ausnahmezustandes bekommt die Hure Isabel Plaza (Penelope Cruz) ihre Wehen. Die beherzte Puffmutter Dona Centro (Pilar Bardem) versucht mit ihr schnellstens ein Krankenhaus zu erreichen. Als ein Linienbus vorbeikommt, wird der kurzerhand von der couragierten Frau gekapert und die Schwangere gebiert tatsächlich in diesem Bus ihren Sohn, den sie Viktor nennt. Es sollte ihm eigentlich besser gehen, denn durch die Zeitung wird das Baby berühmt und bekommt von den Verkehrsbetrieben ein Fahrrecht auf Lebenszeit geschenkt.
20 Jahre später ist aus Viktor (Liberto Rabal) ein hübsches Bürschen geworden, der Pizzas ausliefert.
Seinen ersten Sex hatte er vor kurzem mit der drogensüchtigen Elena (Francesca Neri) auf einer Toilette in einer Disco.
Und genau mit dieser Frau ist er verabredet, als er ihr anruft, will die Frau, die auf ihren Drogenkurier wartet, nichts mehr von dem Date wissen.
Es kommt zum Streit und Elena fuchtelt gar mit einer Pistole rum, bei der sich ein Schuß löst. Dies ist für die Nachbarschaft Grund genug, die Bullen zu rufen. Die beiden Polizisten David (Javier Bardem) und Sancho (Jose Sancho) fahren zu dieser Adresse. Sancho besäuft sich im Wagen, er hat Kummer, weil er vermutet, dass ihn seine Frau Clara (Angela Molina) heimlich betrügt.
In Elenas Wohnung angekommen, eskaliert durch den provozierenden Sancho die Situation. Es löst sich ein Schuß und David wird getroffen.
Viktor wandert in den Knast, David ist seither durch eine Querschnittslähmung an den Rollstuhl gefesselt. Elena ist seine Frau geworden.
Als Viktor nach 4 Jahren entlassen wird, hat er einen sinnlichen Racheplan im Gepäck....
Pedro Almodovar drehte "Live Flesh" im Jahr 1997, zwei Jahre vor seinem bislang größten Erfolg "Alles über meine Mutter".
Der Film basiert erstmalig nicht auf einem Originaldrehbuch von
Almodovar selbst, sondern lehnt sich an den gleichnamigen Roman der
britischen Krimiautorin Ruth Rendell an.
Von der schrägen, anarchischen Komik der früheren Almodovar Filme ist
"Live Flesh" alleredings weit entfernt. Mit virtuosen Actionszenen
etabliert sich der Meisterregisseur sehr gekonnt im Genre des erotischen
Thrillers.
Alle fünf Protagonisten sind emotional involviert, sie versuchen ihrem
Schicksal zu entfliehen. Aber keinem der fünf soll es gelingen.
Während einer Szene läuft Luis Bunuels "Das verbrecherische Leben des
Archibaldo de la Cruz" in der Glotze, gleichzeitig erweist sich
Almodovars Film als eine Art Hommage des Klassikers von 1955. Auch bei
Bunuel entkommt die Hauptfigur ihrem Schicksal nicht.
Hervorragend auch Kameramann Alfonso Beato, der den Anfang in grandiose
Bilder taucht. Das nächtliche Madrid, die auffälligen Häuserfassaden,
der Bus, der unter einem beleuchteten Stern zum Halten kommt.
Bewertung: 9 von 10 Punkten
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