Freitag, 6. September 2019

Kuhle Wampe oder Wem gehört die Welt ?







































Regie:  Slatan Dudow

Berlin zur Zeit der Wirtschaftskrise...

"Kuhle Wampe oder Wem gehört die Welt ?" aus dem Jahr 1932 entstand somit in der Endphase der Weimarer Republik und basiert auf dem Drehbuch von Bertold Brecht und Ernst Ottwald. Regie führte Slatan Dudow. Er zählt neben Phil Jutzis "Mutter Krausens Fahrt ins Glück" zu den wenigen proletarischen Spielfilmen aus dieser Zeit. Er war damit ein krasses Gegengewicht zu der Stimmung, die die populären Unterhaltungsfilme jener Zeit wie "Die Drei von der Tankstelle" oder "Der Kongreß tanzt" boten.
Bereits kurz nach seinem Erscheinen 1932 wurde die Aufführung des Films sowohl von der Berliner Filmprüfstelle als auch von der Film-Oberprüfstelle verboten, weil so das Argument "dieser Spielfilm nach seinem Gesamteindruck und seiner Gesamtwirkung bei der notwendigen besonderen Berücksichtigung der gegenwärtigen Zeitumstände geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung und lebenswichtige Interessen des Staates zu gefährden". Begründet wurde das Verbot ausserdem damit, dass das Schicksal der Familie Bönike nicht als Einzelschicksal dargestellt wird, sondern man dem Zuschauer suggeriert, als sei alles typisch für die gegenwärtige Lage im Land. Man fürchtete eine Beseitigung der demokratischen Staatsordnung - hin zu der kommunistischen Weltrevolution.
Tatsächlich waren die Zeiten aber so problematisch, dass der Faschismus nur wenig später an die Macht kam. Der Film zeigt die damaligen Zeitungsausschnitte, dort auf den Titelseiten werden immer mehr Arbeitslose gezählt. Irgendwann wuchs die Zahl von 2 auf 5 Millionen sprunghaft an. Die Weltwirtschaftskrise ist präsent.
Tatsächlich ist der Film am besten dort, wo er einer dokumentarischen Chronik am nächsten kommt, etwa in einer klasse inszenierten Einleitungsszene der Arbeitslose mit ihren Fahrrädern bei der vergeblichen Arbeitssuche zeigt. Auch die nüchternen Szenen in der Arbeiterfamilie Bönike beeindrucken sehr. Denn der junge Kurt (Adolf Fischer) begeht aufgrund seiner aussichtslosen Lage Selbstmord in der Wohnung seiner Eltern (Lili Schönborn/Max Sablotzki), nachdem der Vater ihn am Tisch einmal mehr als arbeitsunwillig darstellte.
Er stürzt sich aus dem Fenster. Alles wird sehr nüchtern aufgenommen, lediglich die Neugier der Schaulustigen durchbricht die Trägheit. Von der Familie hat nur die junge Anni (Hertha Thiele) eine Arbeit und somit einen Verdienst. Doch damit kann die Familie die Miete nicht mehr aufbringen und wird kurzerhand aus der Wohnung geworfen. Annis Freund Fritz (Ernst Busch) besorgt der verzweifelten Familie eine sehr unkonventionelle Unterkunft in der Laubenkolonie "Kuhle Wampe" am Müggelsee. Dort soll es solidarischer zugehen. Doch auch hier läuft nicht alles problemfrei. Als Anni Fritz mitteilt, dass sie ein Kind erwartet, will er nicht zu seiner Verantwortung stehen und will am liebsten die Abtreibung. Es kommt aber doch zur Verlobung. Diese endet mit einem Besäufniß und auch damit, dass Anni Fritz verlässt und zu ihrer Freundin Gerda (Marta Wolter) zieht. Erst an einem Arbeitersportfest treffen sie sich wieder und versöhnen sich. Am Ende wird das "Solidaritätslied" angestimmt und die jungen Kommunisten fahren mit der S-Bahn heim. Dort streiten sich diese Arbeiter mit bürgerlichen und wohlhabenden Fahrgästen über die politische Lage in der Wirtschaftskrise....


 Dem Film merkt man etwas an, dass an ihm ein Mann des Theaters maßgeblich mitgewirkt hat. Bertold Brecht hat die Idee des epischen Theaters propagiert und so unterbrach und ergänzte der den Handlungsrahmen durch Songs, die kommentieren sollen. Als sich Annie und Fritz näherkommen geschieht dies in der schönen freien Natur und dazu hört der Zuschauer den Song "Das Spiel der Geschlechter erneuert sich". Im Finale des Songs hört man einmal mehr den "Solidaritätssong".
Diese Endphase des Films ist nicht mehr so gut geglückt wie der Anfang und der Mittelteil. Hier wird m.E. zu viel Propaganda vermittelt und bei dem Sportfest werden die jungen Kommunisten so gezeigt, wie einige Jahre später die "Hitlerjugend" in den NS-Filmen.
Dennoch ist "Kuhle Wampe" ein ausserordentlich wichtiger deutscher Film und vor allem ein wertvolles und ungewöhnliches Zeitdokuemnt aus jeder Zeit. In vielen Sequenzen wird die damalige Realität deutlich.
Nach Hitlers Machtübernahme wurde der Film am 26. März 1933 erneut verboten. Auf dem Zeltplatz kam es zu Terroraktionen, die Arbeitersportvereine wurden verboten, und 1935 wurde der Zeltplatz „Kuhle Wampe“ aufgelöst.



Bewertung: 8 von 10 Punkten.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen