Samstag, 7. September 2019

Unter Verdacht







































Regie: Robert Siodmak

Die Morde des Philipp Marshall...

Dank Koch Media lassen sich nun endlich die Lücken von Robert Siodmaks Noirs schliessen. Nach "Zeuge gesucht" erschien nun mit "Unter Verdacht" ein weiterer äusserst interessanter Vertreter des Genres. Insgesamt drehte er zwischen 1943 und 1949 zehn Filme der schwarzen Serie, darunter die hervorragenden Meisterwerke "Die Wendeltreppe" und "Rächer der Unterwelt". Der Schauplatz ds Films ist aber nicht die Straße der Großstadt, sondern die Handlung spielt in London zur Zeit Jahrhundertwende und deshalb lassen sich auch Vergleiche zu George Cukors "Das Haus der Lady Alquist" oder "The Lodger" von John Brahm ziehen. Der Film erzählt die Geschichte von Philpp Marshall (Charles Laughton), der als Geschäftsführer in einem alteingesessenen Tabakwarenladen arbeitet. Ein sehr ruhiger Mann mit einer weichen, zarten Schale - was eigentlich zu seiner Erscheinung so gar nicht passen will.  Der dickliche, gutmütige Mann steht unter der Pantoffel seiner zänkischen Frau Cora (Rosalind Ivan), die sogar Sohn John (Dean Harens) aus dem Haus getrieben hat. In der Nachbarschaft pflegt er guten Kontakt zu der netten Mrs. Simmons (Molly Lamont), die allerdings mit einem Alkoholiker (Henry Daniel) verheiratet ist. Philipp nutzt die Gelegenheit von Johns Auszug und zieht vom ehelichen Schlafzimmer ins Zimmer des Sohnes. Philipp schluckt allerdings seinen Frust ständig in sich hinein, die Menschen in seiner Umgebung sehen ihn ihm ausschliesslich den gütigen Mr. Marshall. So geht er auch milde mit dem Lehrjungen Merridew (Raymond Severn) um,  der für saure Drops und den Bären vom Zirkus ein bisschen was von der Portoabrechnung abgezwackt hat. Dort bei der Arbeit lernt er auch die hübsche, junge Mary Grey (Ella Raines) kennen, die sich bei ihm um eine Stellung bewirbt. Leider muss er ihr absagen, aber nach Geschäftsschluß treffen sich die beiden noch einmal. Mary, auf der Parkbank weinend, rührt ihn und er verspricht ihr bei einem Essen sich bei einer anderen Firma für sie einzusetzen. Die beiden werden Freunde und die verwandten Seelen machen es möglich, dass mehr daraus wird. Als Philipp seiner Frau die Scheidung vorschlägt, lehnt diese entrüstet ab. Mehr noch: Cora spioniert ihm nach und findet heraus, dass der Ehemann ein Verhältnis hat...


Aus dieser Konstellation entwickelt Robert Siodmak eine Kriminalgeschichte, denn der ermittelnde Inspektor, gespielt von Stanley Rogers, ist ein hartnäckiger Beamter, der sich nicht mit der Unfallvariante zufrieden gibt. Der Film hat eine sehr gelungene Gothic-Atmosphäre und bietet mit Charles Laughton und Ella Raines sehr gute Schauspieler. Dabei gelingt es vor allem Laughton eine sehr ambivaltente Figur sichtbar zu machen. Der sanftmütige Mann hat eine sehr dunkle Seite, die dem Zuschauer nicht gezeigt wird. Er kann sie lediglich erahnen. So wird der erste Mord gar nicht gezeigt und der zweite nur sehr knapp geschildert. Er bemerkt aber in einem Dialog mit seiner Frau, dass sein Innenleben erschreckende Gedanken und Gefühle unterdrückt. So gesehen ist der Film auch wieder typisch für das Faible Siodmaks an der krankhaften Psyche seiner Figur. "Unter Verdacht" ist ein etwas unterschlagener, sehr gelungener Klassiker, der einen höheren Stellenwert auf jeden Fall mehr als verdient hätte.


Bewertung: 8 von 10 Punkten.

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