Der ewige Kreis...
Der taiwanische Regisseur Edward Yang wurde leider nur 59 Jahre alt. Er
verstarb im Jahr 2007 an Darmkrebs. Damit ist der im Jahr 2000
entstandene "Yi Yi - A One and a Two" sein letzter Film und auch sein
Vermächtnis. Das Thema des Films beschäftigt sich auch mit dem Leben
eines Menschen anhand einer Mittelstandsfamilie aus Taipeh in Taiwan. Er
zeigt Episoden der Enkel, Eltern und der Großmutter (Ru Yun-Tang), die
am Tag einer Hochzeitsfeier einen Schlaganfall bekommt. Das sehr ruhige
und stille Familienpanorama erinnert in seinen besten Momenten an den
japanischen Kinoklassiker "Tokyo Monogatari" von Jasojiru Ozu aus dem
Jahr 1953, erreicht aber nur bedingt diese Magie. Ein Kritikerliebling
wurde "Yi Yi" dennoch - und tatsächlich hat der Film viel Charme und vor
allem der Darsteller des 8jährigen Yang-Yang (Jonathan Chang) hat alle
Sympathien der Welt. Am Ende entdeckt die Familie die Fotos des Kleinen -
er hat von allen Menschen seiner Umgebung nur den Hinterkopf
fotografiert und sagt daz stolz "ich zeige euch den Teil von Euch, den
ihr nicht sehen könnt". Eine besondere Eigenheit von Edward Yang ist die
Art wie er Dialogszenen gestaltet. So sehen wir die Protagonisten nicht
dominant im Bild, sondern während sie miteinander reden, machen sie nur
etwa 10 % des Kinobildes aus. Sie sind meistens Teil einer Gartenanlage
oder man sieht sie von fern eine Treppe hochlaufen. Ein anderes Mal
sprechen sie miteinander, der Zuschauer sieht dies wie wenn er aus einem
sicheren Abstand von draussen in das geschlossene Fenster der Wohnung
von Familie blickjen würde.
Das wirkt oft distanziert oder beiläufig, hat aber trotzdem eine große Präzsision.
Im Grunde fängt alles mit der Hochzeitsfeier des etwas übergewichtigen
Geschäftsmannes Ah-Di (Chen Hsi Sheng) mit einem Starlet. Ah-Di ist der
Schwager von NJ (Su Nien-jen), der mit Ah-Dis älterer Schwester Min Min
(Elaine Jin) zwei Kinder hat. Den kleinen Yang-Yang, der in der Schule
von seinem Lehrer drangsaliert wird und die Teenager-Tochter Ting Ting
(Kelly Lee). Die Hochzeit steht unter keinem guten Stern, denn die
Großmutter - eben noch sehr zufrieden auf der Heimreise im Auto -
erleidet nur wenige Stunden später einen Schlaganfall, von dem sie sich
nicht mehr erholen kann. Am Tag dieser Hochzeit kommt es für den Vater
zu seiner seltsamen Begegnung mit seiner ersten großen Liebe Sherry (Ko
Su-yun), die er vor mehr als 20 Jahren ohne ein Wort der Erklärung
verlassen hat. Seine Frau kommt mit dem Pflegefall im Haus nicht mehr
zurecht und verreist für einige Zeit. Als Strohwitwer hat NJ noch einmal
die Gelegenheit seine frühere Flamme wieder zu kontaktieren und etwas
in Erinnerung zu schwelgen. Doch das Treffen in Japan fällt irgendwie
ernüchternd aus. Er hat aber immerhin einen guten Draht zu einem
möglichen Geschäftspartner (Issei Ogata), den er für die Firma gewinnen
soll. Er ist aber nicht mit seiner Rolle als empathischer Mittler
zufrieden. Währenddessen verliebt sich der Freund (Pang Chan Yu) in
Ting-Ting, obwohl er gestern noch mit deren bester Freundin zusammen
war. Auch diese Situation sieht nach Konflikt aus. Am Ende stirbt die
Großmutter, es scheint aber so, dass sie sich noch von Min Min auf
himmlische Weise verabschieden konnte...
Yang blickt auf das Leben des Menschen - auf seine Anfänge, in die Mitte
des Lebens und auf das Lebensende und irgendwie scheint sich der Kreis
zu schließen und immer wiederzukehren. Die Episoden zeigen anrührendes,
dramatisches und oft ganz banales aus dem Alltag. Yang interessieren die
großen Lebensfragen und der Film ist immer dann sehr gut, wenn er
schafft den kleinen Momenten eine gewisse Magie zu verleihen. Sehr
überzeugend auch die sensible Machart des Films, der mit 173 Minuten
sehr lange dauert und vielleicht nicht jeden Zuschauer überzeugen kann,
weil es keine Höhepunkte gibt und der Regisseur auf einen distanzierten
und spröden Stil setzt. 2016 machte die BBC eine Umfrage welches die
bedeutendsten Filme dieses noch neuen 21. Jahrhunderts sind. Dort
belegte "Yi Yi" den famosen 9. Platz der Top 100.
Bewertung: 8 von 10 Punkten.
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