Regie: Frank Borzage
Böse Saat...
Der Film Noir "Erbe des Henkers" heißt im Original "Moonrise" und wurde
bei der Oscarverleihung 1949 für den besten Ton vorgeschlagen. Leider
ging Daniel J. Bloomberg leer aus, der Preis ging damals an Thomas T.
Moulton für "Die Schlangengrube".
"Erbe des Henkers" wurde von den Republic Studios produziert, die vor
allem auf billige B-Filme spezialisiert waren. Doch dem Film von Frank
Borzage stand ein ganz passables Budget von 800.000 Dollar zur
Verfügung. Borzage war einer der großen Hollywood Regisseure in den 30er
Jahren. Er wurde für die beiden Filme "Das Glück in der Mansarde" und
"Bad Girl" mit dem Regie-Oscar ausgezeichnet. Ausserdem drehte er mit
Marlene Dietrich den Kultfilm "Perlen zum Glück". Im Jahr 1948 war
allerdings sein Stern am Sinken und auch "Erbe des Henkers" wurde kein
riesiger Erfolg. Doch der Film gewann im Laufe der Jahre an
Wertschätzung - viele Kinoexperten betrachten ihn inzwischen als
Borzages spätes Meisterwerk. In Ton und Stimmung ist "Erbe des Henkers"
sicherlich mit dem poetischen Realismus verwandt. Um Geld einzusparen
verzichtete Borzage auf Außenaufnahmen, was dem Film eine künstlich
stark stilisierte Atmosphäre verlieh, die aus heutiger Sicht ein großes
Plus des Films darstellt. Vergleichbar ist Borzages Film vielleicht mit
dem Regie-Meisterwerk von Schauspieler Charles Laughton, der mit seinem
Film "Die Nacht des Jägers" einige Jahre später auch an der Kasse
floppte. Inzwischen gilt sein Film aber als eines der überragenden
Filmmeisterwerke überhaupt.
Die ersten 15 Minuten verzichtet Borzage fast ganz auf nennenswerte
Dialoge, schafft aber durch die Bilder von John L. Russell (Psycho) eine
bereits gespenstische Stimmung wenn nur die Füße dreier Männer im Regen
zu sehen sind. Sie marschieren vorwärts in Richtung Galgen. Dort wird
ein Mörder gehängt - man sieht diese Szene nur als Schattenbild an der
Wand. Ein Kind schreit in der Wiege - es ist der Junge des Mörders.
Neben der Wiege baumelt ein kleiner selbstgebastelter Galgen. Als der
Junge (Stephen Peck) älter wird, mobben ihn seine Mitschüler wegen
seinem Vater - allen voran Jerry Sykes (Tommy Ivo), Sohn des örtlichen
Bankiers J. B. Sykes (Harry Cheshire). Der Junge wächst als Waise bei
seiner gütigen Tante Jessie (Selena Royle) auf. Als Erwachsener ist
Daniel (Dane Clark) immer noch ein Außenseiter. Seine Freunde sind der
dunkelhäutige Mose Johnson (Rex Ingram), der in einer verfallenen Hütte
am Fluß mit seinen Hunden lebt und der taubstumme Billy Scripture (Henry
Morgan), der oft auch zum Gespött der Anderen Wird. Mit Jerry (Lloyd
Bridges) steht er immer noch in ständiger Rivalität - gerade jetzt, weil
beide Männer sich für die Lehrerin Gilly Johnson (Gail Russell)
interessieren. Im Wald - etwas fernab von der Tanzveranstaltung - kommt
es zum Kampf zwischen den beiden Kontrahenten. Dabei erschlägt Daniel
Jerry und versteckt seine Leiche. Nun ist er sich sicher, dass auch er
das Blut eines Mörders in seinen Adern hat. Während die ganze Stadt nach
dem verschwundenen Jerry sucht, kommen sich Daniel und Gilly näher.
Aber zuerst provoziert Daniel durch zu schnelles Fahren einen Unfall...
In einer Schlüsselrolle am Ende des Films ist die bekannte Ethel
Barrymore zu sehen, die dem düsteren Film dann eine überraschend
positive Wendung gibt. Man kann sich aber streiten, ob dieses Ende
wirklich optimal ist. Immerhin ist die Kehrtwende von Daniel filmisch
gut umgesetzt. Daisy, die Hündin, die ihn jagen soll geht auf ihn zu und
er streichelt das Tier. Ein Blick auf Mose Johnson zeigt dann, dass der
zufrieden ist mit seinem Freund, der für seine Tat nun die
Verantwortung übernimmt und sein Mädchen will ja auch auf ihn warten.
Klingt etwas aufgesetzt, doch die positiven Seiten von "Moonrise"
überwiegen deutlich. Ein alter Film, der entdeckt werden will.
Bewertung: 8 von 10 Punkten.
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