Regie: Louis Malle
Völlige Resignation...
Louis Malle
war sicherlich einer der wichtigsten Vertreter der Nouvelle Vague, galt
aber dennoch als deren Außenseiter, weil er selten in Paris und somit
nicht präsent für die Szene war. Seine Filme sind meistens von einer
gewissen Unruhe und von der Provokation geprägt. Wiederkehrende Themen
waren die Einsamkeit, das Gefangensein in einer Gesellschaft und auch
der Suizid. Er machte Filme wie die Sicht eines Kindes auf die
Erwachsenenwelt ist oder Erfahrungen, die jugendliche in dieser
Erwachsenenwelt machen. Auch von Tabuverletzungen, von Beziehungen und
von der Sexualität handeln seine Filme. Für den Filmemacher war der Film
"Das Irrlicht" (Original: Le Voleur) ein Schlüsselwerk, weil es sein
Verhältnis zum Filmemacher widerspiegelt. Der Film wurde 1963 gedreht,
bekam ausgezeichnete Kritiken und wurde von Frankreich ins Oscarrennen
um den besten fremdsprachigen Film geschickt. Leider schaffte es der
Film nicht unter die fünf Nominierten zu kommen.
Der Film basiert auf dem gleichnamigen Roman von Pierre Drieu la Rochelle und hat als Hauptfigur einen Playboy und Dandy.
Dieser heißt Alain Leroy (Maurice Ronet) und befindet sich immer noch in
einem Privatsanatorium und macht eine Entziehungskur. Sein Arzt Dr. La
Barbinais (Jean Paul Moulinot) hat das Gefühl, dass Alain nun wieder auf
eigenen Beinen stehen kann und das Sanatorium verlassen kann. Doch der
Patient scheint alles andere als geheilt und schreibt auf den Spiegel in
seinem Zimmer das Datum "23. Juli" - an diesem Tag will Alain seinen
verpfuschten Leben ein Ende setzen. Er bekommt Besuch von Lydia (Lena
Skerla), mit der er auch schläft. Lydia ist eine Freundin seiner Frau,
die ihn verlassen hat und in New York lebt. Der starke Alkoholgenuß und
das ständige Dolce Vita haben Alain frühzeitig altern lassen. Er ist
innerlich ausgebrannt und entscheidet sich an diesem Tag nach langer
zeit wieder nach Paris zu gehen. Dort will er alte Freunde besuchen.
Frühere Partyfreunde, exaltierte Künstler und politische Radikalisten.
Sein früherer Freund Dubourg (Bernard Noel) is der Erste, den er trifft.
Der hat sich völlig verändert und scheint nun als biederer
Familienvater sein Glück gefunden zu haben. Er trifft auch seine
Freundin Eva (Jeanne Moreau) wieder, die immer noch in den alten Kreisen
verkehrt, aber nicht wirklich glücklich ist. Er wird von einem anderen
Freund eingeladen und trifft dort auf seine frühere Freundin Solange
(Alexandra Stewart) und bekommt dort Streit mit dem Intellektuellen
Brancion (Tony Taffin). Nirgendwo findet der verzweifelte Mann einen
Sinn oder eine Richtschnur für die Zukunft. Dann kehrt er in die Klinik
zurück. Er liest im Buch "Der große Gatsby" bevor er sich erschießt...
Nicht nur in den Bildern seines beeindruckenden Films lebt eine düstere
Resignation. Der belgische Kameramann und Oscargewinner Ghislain Cloquet
(Tess, Boris Gruschenko, Nacht und Nebel, Zum Beispiel Balthazar)
liefert auch die optimalen Bilder in Schwarz-weiß dazu. "Das Irrlich"
ist auch die Geschichte eines Narzisten, der nicht erwachsen werden will
und sich permanent in einer Verweigerungshaltung befindet. Nichts
bereitet ihm Freude, denn er sieht sein Umfeld so wie es ist:
Gefühlskalt, egoistisch und materiell. "Das Irrlicht" ist sicherlich
kein Wohlfühlfilm, er gehört aber dennoch zu den besten Filmen von Louis
Malle.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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