Mittwoch, 10. November 2021

Barfuß durch die Hölle


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Masaki Kobayashi

 Der Mensch im Krieg...

Der dreiteilige Antikriegsfilm "Barfuß durch die Hölle" entstand in den Jahren 1959 bis 1961 und ist das Meisterwerks des Regisseur Masaki Kobayashi (Harakiri, Kwaidan). Für den deutschen Kinoeinsatz wurde der Film drastisch gekürzt. So hat Teil 1 in der deutschen Kinofassung eine Länge von 156 Minuten, im zweiten Teil 114 Minuten und im dritten Teil 144 Minuten Laufzeit. Die japanische Kinofassung ist mit Teil 1 und 201 Minuten, Teil 2 mit 178 Minuten und Teil 3 mit 190 Minuten insgesamt deutlich länger. Trotz der Kürzungen in der deutschen Fassung ist und bleibt "Barfuß durch die Hölle" ein beeindruckendes Meisterwerk über die Auswirkungen des Krieges auf die Menschen. Kobayashi zeitt die schrecklichen Brutalitäten des zweiten Weltkrieges. Es wurde gleichzeitig auch ein Werk, dass sich mit der jüngsten Vergangenheit Japans und der Schuld, die das Land auf sich geladen hat, auseinandersetzte. Ein Ansatz, der damals im zeitgenössischen Kino fehlte. Die Entstehung seines wuchtigen, beklemmenden und resignierenden Werkes, umfasste eine vierjährige Produtionszeit, in der der Filmemacher gegen zahlreiche Widerstände ankämpfen musste. Das Drehbuch, an dem Kobayashi mitschrieb, basiert auf dem gleichnamigen Roman in sechs Bänden "Ningen no joken" von Junpei Gomikawa. "Ningen no joken" bedeutet übersetzt so viel wie "Die Bedingungen des Menschseins" (Conditio Humana) und der Regisseur führt sein Thema hart und und kompromisslos bis zum Ende.
Zeitgleich entstand für das japanische Fernsehen eine siebenteilige gleichnamige Serie von Takeshi Abe, die ebenfalls wie Kobayashis Kino-Dreiteiler große Beachtung fand.
Es geht in der Geschichte um einen Menschen, der mutig genug ist um Widerstand zu leisten gegen die Mächtigen und gegen Die, die das Sagen haben. Diese Zivilcourage bedeutet aber nicht Sieg, sondern man schafft sich mit dieser Einstellung nicht unbedingt Freunde. Ganz im Gegenteil. Hauptfigur ist der intellektuelle Feingeist Kaji (Tatsuya Nakadai), der von pazifistischen und sozialistischen Wertvorstellungen geprägt ist. Aber wie weit kann ein einzelner Mensch gehen, seine Ideale und Wertvorstellungen vor den anderen durchzusetzen ? Gerade in einer Ausnahmesituation wie Krieg, wo es nur um Freund oder Feind geht, wo es keine Schattierungen, nur noch Schwarzweiß Denken gibt. Der Protagonist wird sich in diesen Ausnahme-Ereignissen stark verändern und am Ende wird er auch an seinen hohen Maßstäben zerbrechen, die er für sich und auch für seine Mitmenschen anlegt.
Die Geschichte spielt während des 2. Weltkrieges. Kaji (Tatsuya Nakadai) heiratet Michiko (Michiyo Aratama) und zieht mit seiner Frau in die japanisch kolonisierte Mandschurai. Dort arbeitet er als Aufseher in einem Bergwerkbetrieb. Kaji ist sich sicher, dass die Produktion steigern kann, wenn seine Vorgesetzten ihm freiere Hand geben, um die Arbeitsbedingungen für die chinesische Arbeiterschaft zu verbessern. Eine Idee, die sofort bei seinen Arbeitskollegen nicht nur große Skepsis, sondern auch völlig Kopfschütteln hervorruft. Man müsse diese Billigkräfte nur hart genug bestrafen, wenn sie nicht spuren. Lediglich der ältere Okishima (So Yamamura) ist Kaji eine Hilfe bei seinen Ideen. Als die Armee 300 Kriegsgefangene der Firma zur Verfügung stellt, verschlechtert sich der Zustand im Betrieb massiv. Die Menschen, die dort in ärmlichen Behausungen untergebracht sind, wollen eher fliehen als dem japanischen Feind zu Diensten zu sein. Seine humanistischen Ansätze scheitern, er muss mitansehen, wie der chinesische Kollege Chen (Akira Ishihama) die Seiten wechselt, mehrere Fluchtversuche scheitern, die am Ende mit der Hinrichtung von einigen Häftlingen durch das Militär (Toru Abe als Unteroffizier Watai) stattfinden. Im zweiten Teil wird Kaji aufgrund der vorherigen Ereignisse in den Militärdienst einberufen. Er erlebt die unmenschlichen Methoden während der Grundausbildung in der Kwantung Armee. Er hat aber seiner Michiko versprochen wieder lebend nach Hause zu kommen. So wird er ein hervorragender Soldat. Eine Art Führerfigur könnte sogar aus ihm werden, wenn er nur nicht immer wieder die Befehle seiner Vorgesetzten in Frage stellen würde und Ungerechtigkeiten anprangert. Er muss den Selbstmord des labilen Obara (Kunie Tanaka) miterleben und wird schließlich an die Front geschickt. Im dritten Teil geschieht die Invasion der roten Armee. Es haben sich mehrere Soldaden Kaji angeschlossen, sie wollen dem Feind nicht in die Hände fallen und ihr Ziel ist das Heimatland Japan. Doch in der Mandschurai sind sie jetzt zu Gejagten geworden. Er kommt mit seinen Kameraden (u.a. Yusuke Kawazu als Terada) in russische Gefangenschaft und seine Enttäuschung ist groß. Auch der Kommunismus der Sieger bringt nur unmenschliche Handlungen mit sich. Es ist der Mensch selbst und nicht nur die Ideologie, die Böses auslöst. Er entscheidet sich zur Flucht...






Am Ende steht das Bild eines einsamen Wanderers, dem die Kräfte fehlen und der immer noch in der weiten Ödnis des eurasischen Winters ums Überleben kämpft. Der Krieg wird in grausamen Details geschildert. Diese Zeit, die Kaji erlebt, ist eine Zeit über den Verfall sämtlicher menschlicher Ideale und Werte. Der Regisseur nimmt den Zuschauer mit auf eine bittere Odyssee durch kriegerisches Land und vor allem in die Tiefen menschlicher Abgründe. Regie bei der deutschen Synchronfassung dieses Films führte Bernhard Wicki, der auch für den Kinoeinsatz die Kürzungen vornahm. Der britsche Filmkritiker bezeichnete "Ningen no jöken" als einen der besten Filme, die je gedreht wurden. Heute ist der Film leider etwas in Vergessenheit geraten.







 Bewertung: 10 von 10 Punkten. 

 

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