Sonntag, 21. Januar 2024

Manchester by the Sea


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Kenneth Lonergan

Ewiges Schuldgefühl...

"Manchester by the sea" ist ein sehr trauriger Film des amerikanischen Regisseurs und Drehbuchautor Kenneth Lonergan (You can count on me, Margaret). Bei der Oscarverleihung 2017 wurde er mit 6 Nominierungen bedacht: Bester Film, beste Regie, bester Darsteller Casey Affleck, beste Nebendarstellerin Michelle Willams, bester Nebendarsteller Lucas Hedges und für das beste Drehbuch, das der Regisseur natürlich selbst verfasste.
Am Ende ging Casey Affleck als Sieger hervor und auch Kenneth Lonergan wurde für das beste Drehbuch mit einem Oscar ausgezeichnet. Überhaupt wurde das Drama, das gelegentlich mit lakonischem Humor aufgelockert wird, mit Preisen überhäuft.
Schon die ersten Bilder der Geschichte zeigen eine ausgesprochen triste Umgebung - Kameramann Jody Lee Lipes zeigt Boston im Winter und dort wohnt und arbeitet der schweigsame Lee Chandler (Casey Affleck) als Hausmeister in einem kleinen Wohnblock in einer eher ärmlichen Gegend. Er erledigt seinen Job, seine direkte und nicht gerade empathische Art ist nicht immer im Umgang mit den Mitmenschen hilfreich - die Mieter beschweren sich des öfteren und im Lokal fängt er grundlos mit einer Schlägerei an, wenn er zuviel Bier intus hat. Ein Einzelgänger, der nicht viel Kontakt mit seinen Mitmenschen haben will, auch die Avancen einiger Frauen interessieren den Mann nicht sonderlich.
An einem dieser Wintertage erhält Lee einen Anruf aus seiner Heimatstadt Manchester-by-the-Sea. Sein herzkranker Bruder ist einfach umgefallen und liegt im Krankehaus. Als Lee dort eintrifft ist der ältere Joe (Kyle Chandler) aber schon tot. Der geschiedene Bruder hinterlässt den 16jährigen Sohn Patrick (Lucas Hedges). Elise (Gretchen Mol), die alkoholkranke Mutter des Jungen hat die Familie schon seit längerem verlassen. Interessanterweise hat Joe in seinem Testament seinen jüngeren Bruder als Vormund für Patrick bestimmt - davon wusste Lee aber nichts und wird nun damit konfrontiert eine große Verantwortung zu übernehmen. Lee sträubt sich, denn da der Teenager sich weigert mit ihm nach Boston zu ziehen, müsste Lee wieder in Manchester-by-the-sea leben. Doch an dem Küstenort lauern an jeder Ecke schmerzhafte Erinnerungen an seine Vergangenheit.
Mit der Begegnung seiner erneut verheirateten und zudem schwangeren Ex-Frau Randi (Michelle Williams) steuert die Geschichte unweigerlich auf einen grausamen Schicksalsschlag aus der Vergangenheit zu...
Die tragische Vergangenheit von Lee und Randi wird in Rückblenden immer mehr sichtbar, eine Nacht wird das Leben dieser Menschen für immer tragisch verändern. Für den Zuschauer ein Schlag in die Magengrube. Erst jetzt versteht der Zuschauer warum Lee so reagiert - emotionslos, abwesend und wenn er was getrunken hat mit einem aggressiven Ausbruch. Seine Frau Randi versucht ein klärendes Gespräch, doch selbst das ist unmöglich. Zu groß ist das Schutzschild, das sich Lee in all den Jahren aufgebaut hat.
Dennoch hat Lee ein sehr schönes Verhältnis zu seinem Neffen, der nun so ne Art Ziehsohn ist. Rückblenden zeigen, dass der Junge schon als Kind ein inniges Verhältnis zu seinem Onkel Lee hatte.
Diese Szenen mit dem Youngster Lucas Hedges sind von lakonischem Humor geprägt - der Junge spielt Hockey, hat zwei Freundinnen (Kara Hayward/Anna Baryshnikow), die natürlich nichts voneinander wissen. Wie Lee bleibt er ruhig, bis auch er eine Panikattacke in der Küche bekommt.  Diese zweite Thematik macht das Drama vielschichtiger und man sieht den beiden Trauerernden manchmal gar nicht die Trauer an, die sie verspüren. So sehr sind sie damit beschäftigt einen normalen Alltag aufrechtzuerhalten...



Diesen Verdrängungsprozess hat Lonergan meisterhaft verfilmt.  Casey Affleck hat natürlich noch einen zweiten, viel dramatischeren Verdrängungsprozess laufen - ein Neuanfang wäre aber möglich. Doch am Ende kann er die Vergangenheit immer noch nicht begraben. So gesehen ein sehr trauriges Ende mit einer kleinen Portion Hoffnung, dass diese Schicksalsschläge - verbunden mit einem ganz hohen Schuldgefühl - Zeit brauchen, manchmal mehr Zeit als man denkt. Atmosphärisch bleibt der Film immer etwas kalt und dunkel, beinahe unnahbar wie die verletzlichen Akteure. Der Film spielt im Winter, anfangs in einer Betonsiedlung, dann an einem Küstenort. Aber beide Locations sorgen für eine gewisse Lethargie und auch für eine besondere Stimmung. Der klyrische Violinen-Score passt perfekt dazu. Der Regisseur bevorzugte die leisen Töne. Es sind auch immer wieder kleine Szenen, die fast bedeutungslos wirken - aber unvergessen bleiben. Etwa dann als Lee seine triste Wohnung in Boston räumt und drei Bilder, die er auf einem Kästchen stehen hat, sehr sorgfältig in eine größeres Tuch einpackt. Der Regisseur zeigt uns nicht wer darauf abgebildet ist - muss er auch nicht, denn jeder weiß es auch so. Eine Szene, die eine große Wirkung erzielt und von solchen Szenen gibt es sehr viele.



Bewertung: 8 von 10 Punkten.

Cousin Cousine


Regie: Jean Charles Taccella

Hochzeiten und andere Familienfeiern...

Die 1975 gedrehte Romantic-Comedy "Cousin Cousine" von Jean-Charles Tacchella wurde nicht nur ein Publikumserfolg sondern auch ein Erfolg bei der Kritik. Vier Cesar-Nominierungen kamen 1976 zustande, einen davon (beste Nebendarstellerin Marie-France Pisier) wurde in einen Sieg verwandelt. Als bester Film des Jahres ging "Cousin Cousine" leer aus. Ebenso in den Kategorien "Bestes Drehbuch" (von Tacchella selbst geschrieben) und bester Schauspieler Victor Lanoux. Hauptdarstellerin Marie-Christine Barrault wurde nicht nominiert, sie wurde aber 1977 - also ein Jahr später - für den Oscar als beste Schauspielerin nominiert. Wieder wurde das Drehbuch nominiert und ebenso war "Cousin Cousine" der Favorit bei der Vergabe "Bester Ausländischer Film" - wurde aber überrascht vom Beitrag der Elfenbeinküste "Sehnsucht nach Afrika" (Regie: Jean Jacques Annaud) geschlagen.
Die Handlung selbst deutet auf eine leichtfüßige, etwas frivole Komödie hin, wie sie damals beim Publikum sehr beliebt waren, vor allem dann, wenn sie aus Frankreich kamen. Doch Taccellas Film bietet dann doch durch einen perfekten Zeit- und Ortskolorit viel mehr.
Es fängt alles an mit der Hochzeit von Biju (Ginette Garcin) mit Gobert (Pierre Plessis). Durch diese Heirat werden Marthe (Marie-Christine Barrault), Tocher der Braut und Ludovic (Victor Lanoux), Neffe des Bräutigams und Tanzlehrer von Beruf zu Cousin und Cousine. Die Hochzeitsfeier ist ein voller Erfolg, es wird viel getanzt und viel getrunken und auch fremdgegangen. Marthes immer wieder untreuer Ehemann Pascal (Guy Marchand) kann Ludovics Frau Karine (Marie-France Pisier) zu einem flüchtigen Abenteuer überreden, die beiden verziehen sich in die Büsche. Währenddessen sprechen Cousin und Cousine miteinander und finden sich irgendwie sympathisch. Es bleibt den beiden auch nicht verborgen, dass die Partner fremd gingen. Man verabschiedet sich und durch weitere Familientreffen sieht man sich wieder und so beginnen Marthe und Ludovic sich auch ausserhalb solcher Feiern zu verabreden. 
Sie halten die Bekanntschaft auch nicht geheim. Warum auch ? Denn sie haben sich nichts vorzuwerfen, gemeinsamer Sex ist Tabu. Und das Umfeld vermutet aber, dass die beiden schon ein echtes Liebespaar sind.
Bei einem weiteren Familientreffen, wo Ludovics Tochter Nelsa (Catherine Verlor) Dias zeigt, die sie bei der Hochzeit aufgenommen hat (auch kompromittierende Fotos von Pascal und Karine) , stirbt Bijous Mann Gobert. Bei der Beerdigung lernt sie aber Ludovics Vater (Popeck) besser kennen, der auch kürzlich seine Ehefrau verloren hat. Es könnte sich also wieder eine Liason anbahnen, natürlich auch ein weiteres Fest.
Pascal und Karine unterdessen versuchen den jeweiligen Ehepartner wieder zurückzugewinnen. Die sind nach wie vor standhaft und lieben sich platonisch bis zu dem Tag, an dem sie zusammen ein Hotelzimmer mieten...



Auch heute noch begeistert dieser Film durch die exakte Beschreibung des französischen Kleinbürgertums. Zwei Menschen raufen sich langsam aber sicher zusammen, um dem Stumpfsinn des Alltags und den eingelernten Ritualen entgegenzuwirken. "Cousin Cousine" beschreibt einen Ausbruch aus dem langweilig geworden Alltag. Am schluß verabschiedet sich das neue Liebespaar von der verrückten Familie - und das während der Weihnachtsfeier, gleich nach der Übertragung der Mitternachtsmesse. Sie gehen sofort, ohne Reue. Ob sie wieder zurückkehren ? Dies lässt der Film von Tacchella offen.



Bewertung: 7,5 von 10 Punkten.

Tar


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Todd Field

Die Chefdirigentin...

Der Filmemacher Todd Field fungiert nicht nur als Regisseur, er produziert seine Filme auch und schreibt die Drehbücher dazu. Nach einigen Kurzfilmen und sehr viele Engagements als Schauspieler startete er 2001 seine Regiekarriere mit "In the Bedroom" - ein Film, der sehr gute kritiken bekam und insgesamt für 5 Oscars nominiert wurde. Es folgte "Little Chrildren" - auch hier wurde er mit 3 Oscarnominierungen belohnt. Danach ließ er sich sehr viel Zeit bis er 2022 "Tar" inszenierte - ein Film über die fiktive Figur Lydia Tar, die erste weibliche Chefdirigentin der Berliner Philharmoniker. Mit 6 Oscarnominierungen (Bester Film, bestes Drehbuch, beste Darstellerin Cate Blanchett, beste Regie, Beste Kamera Florian Hoffmeister und bester Schnitt Monica Willi) gehörte Fields Musikerfilm zu den Favoriten am Abend der Oscarverleihung 2023, die im Dolby Theatre in Los Angeles am Abend des 12. März 2023 über die Bühne ging. Am Ende ging der Film zwar komplett leer aus, aber die Darstellerleistung von Cate Blanchett war immerhin so stark, dass sich sich kurz vorher bei der Vergabe der Golden Globes gegen die Konkurrenz durchsetzen konnte.
Lydia Tár ist die erste weibliche Chefdirigentin der Berliner Philharmoniker. Sie verlässt sich bei der Verwaltung ihres Zeitplans auf Francesca Lentini (Noemie Merlant), ihre persönliche Assistentin. Während eines Interviews mit Adam Gopnik (der sich selbst spielt) beim New Yorker Festival wirbt Lydia für ihre bevorstehende Live-Aufnahme von Mahlers Fünfter Symphonie und ihr Buch "Tár on Tár". Sie trifft sich mit Eliot Kaplan (Mark Strong), einem Investmentbanker und Amateurdirigenten, der zusammen mit Lydia die Accordion Foundation gegründet hat, um angehende Dirigentinnen zu unterstützen. Sie besprechen die Technik, die Ersetzung von Lydias stellvertretendem Dirigenten Sebastian (Allan Corduner) und die Besetzung einer vakanten Cellostelle in Berlin. Als Gastdozentin hält Lydia einen Meisterkurs bei Juilliard. Sie fordert einen Studenten namens Max (Zethphan Smith-Gneist) heraus, der den Komponisten J. S. Bach als weißen Hetero-Cisgender-Mann abgetan hat und ermutigt die Studenten, sich auf die Musik zu konzentrieren und "die Kunst über den Künstler“ zu stellen. Sie fliegt zurück nach Berlin, wo sie mit ihrer Frau Sharon (Nina Hoss), der Konzertmeisterin des Orchesters und ihrer Adoptivtochter Petra (Milla Bogovevic) lebt. Vor einem Blind Audition für die Celloposition entdeckt Lydia eine junge russische Kandidatin, Olga Metkina (Sophie Kauer). Lydia ändert ihre Partitur, um Olga einen Platz im Orchester zu sichern und gewährt ihr eine Solistenposition im Begleitstück, Edward Elgars Cellokonzert. Lydias Anziehungskraft auf Olga führt dazu, dass ihre Beziehungen zu Francesca und Sharon angespannter werden. Krista ist eine vielversprechende junge Musikerin, die auf die schwarze Liste gesetzt wurde, weil sie sich mit ihrer ehemaligen Mentorin Lydia anfreunden musste. Nachdem Krista verzweifelte E-Mails an Francesca geschickt hat, bringt sie sich um und Kristas Eltern planen, zu klagen. Lydia weist Francesca an, die E-Mails zu löschen und einen Anwalt zu beauftragen. Lydia informiert Sebastian über seinen Ersatz. Wütend deutet er an, dass das Orchester sich ihrer Bevorzugung bewusst sei und dass dies auf missbräuchliches Verhalten schließen lasse. Lydia plant, ihn durch einen anderen Kandidaten zu ersetzen. Lydia wird von einer zunehmenden Empfindlichkeit gegenüber Geräuschen, lebhaften surrealen Albträumen, Halluzinationen am Tag, chronischen Schmerzen und rätselhaft gemusterten Kritzeleien heimgesucht, die denen ähneln, die Krista einst gemacht hat. Während sie im Park joggt, hört sie in der Ferne eine schreiende Frau; Während sie versucht, eine Komposition "für Petra“ fertigzustellen, wird sie durch das Geräusch eines medizinischen Geräts nebenan gestört, wo ihre Nachbarin ihre sterbende Mutter pflegt. Ein manipulativ bearbeitetes Handyvideo von Lydias Juilliard-Klasse geht viral und in der New York Post erscheint ein Artikel, in dem sie der sexuellen Belästigung beschuldigt wird. Lydia kehrt in Begleitung von Olga nach New York City zurück, um einer eidesstattlichen Aussage im Rechtsstreit von Kristas Eltern beizuwohnen und für ihr Buch zu werben. Sie werden von Demonstranten empfangen. Während der Aussage befragen die Kläger Lydia zu belastenden E-Mails zwischen Francesca und Krista. In Berlin wird Lydia aufgrund der Kontroverse als Dirigentin abgesetzt. Sharon ist wütend über die Anschuldigungen und Lydias mangelnde Kommunikation und verbietet ihr, ihre Tochter zu sehen. Lydia zieht sich in ihr altes Atelier zurück und wird zunehmend deprimiert und geistesgestört. Sie schleicht sich in die Live-Aufnahme, die sie dirigieren sollte, und nimmt ihren Nachfolger Eliot in Angriff. Ihr Management-Agentur rät ihr, sich zurückzuhalten, und kehrt in ihr bescheidenes Elternhaus auf Staten Island zurück, wo Leistungsbescheinigungen mit ihrem Geburtsnamen Linda Tarr an der Wand hängen. Sie bricht in Tränen aus, als sie sich eine alte VHS mit Jugendkonzerten ansieht, in der Leonard Bernstein über die Bedeutung von Musik spricht. Ihr Bruder Tony kommt und ermahnt sie, ihre Wurzeln vergessen zu haben. Einige Zeit später findet Lydia einen Job als Dirigentin auf den Philippinen. Auf der Suche nach einer Massage schickt der Hotel-Concierge sie in ein Bordell, das als Massagesalon dient; Die jungen Frauen sitzen im Halbkreis mit Zahlen auf ihren Gewändern. Nummer 5 sieht Lydia direkt an und Lydia rennt nach draußen, um sich zu übergeben. Sie dirigiert in der Schlußszene eine Partitur für die Videospielserie "Monster Hunter" vor einem Publikum, dass sich als die Figuren des Spiels verkleidet haben...




Cate Blanchett, die zweifache Oscarpreisträgerin (als Katherine Hepburn in "Aviator" und als Jasmine Francis in "Blue Jasmine") ist hier in einer ihrer besten Rollen überhaupt zu sehen. Auch ihre Mitspieler zeigen starke Leistung.
Es ist tatsächlich die Arbeit eines Meisterfilmemachers ... Fields Drehbuch ist umwerfend in seinem Gesprächsfluss, seiner Wahrnehmung davon, wie Macht in der Welt tatsächlich funktioniert .Field findet einen neuen Weg, die ewige Frage nach der Trennung zwischen Künstler und Kunst zu stellen. "Tar" präsentiert sich als eine großartige Charakterstudie und die Erzählung des Regisseurs  macht keine künstliche Unterscheidung zwischen dem Großen und dem Kleinen, dem Wichtigen und dem Alltäglichen.






Bewertung: 9 von 10 Punkten.

Little Children


 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Regie: Todd Field

Eine Affäre...

Todd Field landete mit "In the Bedroom" einen Überraschungserfolg. Bei der Oscarwahl 2002 erhielt der Film gerechterweise fünf Oscarnominierungen. Doch erst fünf Jahre später entschloss er sich einen weiteren Kinofilm zu realsiieren. "Little Children" schildert wie der Vorgänger sehr subtil ein Drama in einer Kleinstadt. Kate Winslet wurde oscarnomiiert, ebenso ihr Filmpartner Jackie Earl Haley für seine bemerkenswerte Leistung als sexualgestörter Ronnie McGovrey. Todd Field bekam gemeinsam mit Tom Perrotta eine Nominierung für das beste Drehbuch.
Wer "American Beauty" gut fand, der wird auch diesen Film sehr schätzen. Aber auch wer die alten Douglas Sirk Dramen kennt, der wird Ähnlichkeiten entdecken. Wenn Sirk heute noch Filme machen würde, dann wärs sowas in der Art dieses Filmes.
Vorort, Kleinstadtmief, dazwischen die Sehnsüchte, die versteckten Leidenschaften...
Kate Winslet als Sarah Pierce ist eine fürsorgende junge Mutter aber ebenso frustrierte Ehefrau. Ihre Ehe mit dem beruflich erfolgreichen Richard (Gregg Edelman) läuft derzeit frustriend... auf dem Kinderspielplatz lernt sie lernt sie den attraktiven ebenso liebenden Vater Brad Adamson (Patrick Wilson) kennen, dessen Ehe mit der erfolgreichen Karrierefrau Kathy (Jennifer Connolly) problematisch ist (zumindest von seiner Seite aus). Die Kinder Aaron (Ty Simkins) und Lucy (Sadie Goldstein) freunden sich an.  Sie gehen gemeinsam ins Schwimmbad und lassen sich nach anfänglichem Zögern auf eine leidenschaftliche Affäre ein, die beide immer aus dem Alltagstrott ausbrechen lassen könnte, nur es fehlt dann vielleicht doch der entscheidende Schritt. In einer markanten Nebenhandlung wird auch das Schicksal des Sexualstraftäters Ronnie (Jackie Earle Haley) geschildert, der immer noch bei seiner besorgten Mom (Phylis Sommerville) lebt und starken Anfeindungen - vor allem in seiner Nachbarschaft - ausgesetzt ist, denn die Bürger in der Stadt wissen von seiner Straftat und Angst und Hysterie macht sich breit....

 



Was den Film vor allem auszeichnet, sind die erstklassigen Darstellerleistungen. Kate Winslet beispielsweise überrascht mich immer mehr, nach diesem Film dürfte sie sich endgültig als eine der besten Charakterdarstellerinnen des neuen US-Films etabliert haben. Aber auch alle anderen Darsteller verdienen grosses Lob, alle Figuren sind äusserst glaubwürdig und echt dargestellt.
Ausserdem hat der Film einige markante Filmszenen zu bieten, die mit zu den beeindrucksten und unvergesslichsten der letzten Zeit gehören dürften. Da wäre die erste Begegnung auf dem Kinderspielplatz, die Atmosphäre ist perfekt, das Knistern zwischen Kate Winslet und Patrick Wilson ist in jeder Nuance spürbar.
Oder die Szene als Jennifer Connelly während des Einladungsessens bemerkt, dass ihr hübscher Mann mit der Anderen ein Verhältnis hat, grade weil beide es so zu verstecken versuchen zu verbergen, aber im beiläufigen Smalltalk der Beiden liegt soviel Feuer, dass es für einen sensitiven Beobachter "brennt"...super Szene.
Oder der Skateboardversuch am Ende...
Und das sind noch lange nicht alle unvergesslichen Szenen.
Dieser Film wird mit Sicherheit ein echter Hollywood Klassiker der Filmgeschichte.





Bewertung: 9 von 10 Punkten.

Samstag, 20. Januar 2024

In the Bedroom


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Todd Field

Düstere Kleinstadt-Tragödie..

Der Schauspieler Todd Field begann 1992 seine zweite Karriere als Filmregisseur, zuerst drehte er mehrere Kurzfilme. 2001 realisierte er mit "In the Bedroom" seinen ersten von bisher zwei Spielfilmen. Der 2006 entstandene "Little Children" wurde ebenfalls wie sein Debutfilm bei der Kritik ein Riesenerfolg und beide Filme konnten mehrmache Oscarnominierungen erringen.
An der schönen Küste von Maine leben die Fowlers. Vater Matt (Tom Wilkinson) ist ein angesehener Arzt, seine Frau Ruth (Sissy Spacek) arbeitet als Musiklehrerin in Camdens High School und studiert mit ihrer Klasse schöne, melancholische osteuropäische Chorlieder ein.
Ihr einziger Sohn Frank (Nick Stahl) verbringt den ganzen Sommer bei seinen Eltern in Neuengland, er möchte Architektur studieren.
In diesem Sommer jobbt er aber als Hummerfischer und beginnt eine Affäre mit der verheirateten, etwas älteren Natalie (Marisa Tomei), die einen kleinen Jungen hat und von ihrem Nochehemann Richard Strout (William Mapother) zuerst subtil, dann immer aggressiver bedrängt wird, der Ehe noch eine weitere Chance zu geben.
Dorn im Auge für den eifersüchtigen und etwas jähzornigen Richard, der aus einer der angesehensten Familien der Stadt kommt, ist natürlich der junge Nebenbuhler.
Den Eltern ist diese Beziehung auch nicht so recht, da ist man konservativ. Doch Frank versichert den Eltern, dass es nur eine Liason für einen Sommer sein soll.
Dennoch steht er seiner Freundin bei, als diese wieder einmal einen Besuch vom gehörnten Ehemann erhält. Während Natalie oben mit dem Kleinen voller Angst abwartet, geraten die beiden Männer derart in Streit. Ein Schuß fällt, Frank wird von Richard getötet.



Todd Field zeigt wie ganz plötzlich diese schreckliche Tat in das Leben des Arztes und seiner Frau bricht. Das glückliche, harmonische Idyll ist mit einem Schlag gestorben. Es herrscht Trauer, Apathie, Depression, Verdrängung und unterdrückter Hass. Der Täter wird dann auch noch gegen Kaution freigelassen, der Prozess wird frühestens in einem Jahr stattfinden, was die Situation noch mehr verschärft.
Mit 5 Oscar-Nominierungen wurde das großartige Drama bei der Verleihung 2002 belohnt, leider konnte er sich nicht erfolgreich gegen "A beautiful Mind" durchsetzen, dabei ist Todd Fields Drama und Kammerspiel, dass sich sich langsam in ein bitterstes Rachepos entwickelt, der bessere Film.
Ich kannte den Film bisher noch nicht, war aber auch schon von Fields zweitem Film "Little Children" sehr begeistert und empfinde auch "In the Bedroom" erstklassig und atmasphärisch sehr dicht.
Wer einen ruhigen Film, der sich langsam steigert, aushalten kann, der wird an "In the Bedroom" seine Freude haben. Nach einer Zeit befindet sich der Zuschauer in einem magischen Sog und hat sich mit den beiden verzweifelten Figuren längst identifiziert und er begleitet sie...tja wohin ?




Bewertung: 9,5 von 10 Punkten.