Regie: Dalton Trumbo
SOS...
Arme und Beine sind weg, der Kranke hat weder Kiefer, Nase noch funktionsfähige Augen. Er ist blind, taub und stumm - nur sein Torso hat überlebt. Doch dieser halbe Körper auf dem Krankenbett ist bei völligem Bewusstsein.
Der behandelnde Arzt geht davon aus, dass die Verletzung der Hirnrinde zum völligen Verlust von Gefühl, Traum oder Gedanken geführt hat. In diesem Glauben, dass der Patient in keinster Weise mehr registrieren kann, was um ihn herum geschieht, entscheiden die Ärzte den jungen Soldaten für Experimente künstlich am Leben zu erhalten.
So liegt er in der dunklen Abstellkammer eines Lazaretts, doch Joe (Timothy Bottoms) lebt.
Er erinnert sich, gleichsam halluziniert er. Ein Unterschied zwischen den geistigen Bildern ist nur schwer möglich, um dies eínzordnen, muss sich Joe anstrengen.
Er erinnert sich an die letzte Nacht mit seiner Freundin Kareen (Kathy Fields), bevor er am nächsten Tag freiwillig in den Kriegsdienst eintritt.
"Wenn dein Land dich braucht, musst du gehen" - ist seine patriotische Devise, er lässt sich auch von den Tränen der Freundin am Bahnhof nicht umstimmen.
Der 1. Weltkrieg tobt im fernen Europa und Joe ist dabei. Dort wird er auch schon nach kurzer Zeit beim Verlassen des Schützengrabens durch eine explodierende Granate schwer verwundet.
Immer wieder werden diese Träume durch Bewegungen im Krankenzimmer unterbrochen, dann verfolgen ihn Horrorvisionen von nagenden Ratten, aber auch Jesus Christus (Donald Sutherland) erscheint ihm in seinen Gedanken. Auch Vater (Jason Robards) und Mutter (Marsha Hunt) ziehen an seinem geistigen Auge vorbei, er beginnt mit der Zeit die Tage zu zählen. Eine besonders empathische Krankenschwester (Diane Varsi) nimmt sogar Kontakt mit ihm auf, indem sie mit dem Finger Buchstaben auf seine Brust schreibt. So wird dem Patienten seine auswegslose und erschreckende Situation immer mehr bewusst...
Dalton Trumbos Film enstand 1971, der Romanautor verfilmte damit sein eigenes Buch, dass 1939 erschien.
Dalton Trumbo verbrachte während der McCarthy Ära 11 Monate im Gefängnis und wurde auf eine schwarze Liste gesetzt, so dass er jahrelang unter Pseudonymen arbeiten musste. Zwei seiner so entstanden Werke wurden mit einem Oscar ausgezeichnet, seine Urheberschaft allerdings erst wesentlich später offiziell bestätigt.
Der Antikriegsfilm "Johnny zieht in den Krieg" wurde 1971 auf Intervention von Jean Renoir, Luis Buñuel und Otto Preminger ins offizielle Programm von Cannes aufgenommen und erhielt dort den Großen Preis der Jury.
Die Eindrücke des verletzten Soldaten wirken dabei wie Meditationen über das Leben und unterstreichen den entsetzlichen und überaus erschütternden Protest gegen den Krieg.
Etwa zeitgleich mit "Johnny zieht in den Krieg" entstanden weitere Antikriegsfilmklassiker wie "Mash" von Robert Altman oder "Catch 22" von Mike Nichols, die ebenfalls die Sinnlosigkeit des Krieges zum Thema haben. Allerdings sind diese beiden Filme wesentlich sarkastischer und satirischer konzipiert als Trumbos Film, der vor allem durch seine Menschlichkeit tief bewegend ist und ohne Ausweg erscheint.
So stirbt am Ende auch der letzte Funken Hoffnung. Ein starker, aber sehr niederschmetternder Film.
Bewertung: 8 von 10 Punkten.