Sonntag, 23. September 2018

Der Besessene







































Regie: Marlon Brando

Rios Rache...

Der 2004 verstorbene Marlon Brando gilt als einer der größten Charakterdarsteller und Filmstars des 20. Jahrhunderts. Unsterblich sind seine Rollen in Filmen wie "Endstation Sehnsucht", "Die Faust im Nacken", "Der Pate" und "Apocalypse Now" - weniger bekannt dagegen ist seine einzige Regiearbeit in "Der Besessene". Dieser packende Western entstand 1961, heißt im Original "One Eyes Jack" und darf dennoch zu den ganz großen klassischen Western gezählt werden und man merkt, dass Brando sehr stark daran interessiert war an einer guten Figurenzeichnung. Darüberhinaus dürfte "Der Besessene" einer der besten Genrebeiträge zum Thema Doppelmoral, Ambivalenz und Betrug sein.
Maßgeblich am Gelingen des Films war auch der Kameramann Charles Lang verantwortlich, der an vielen anderen Hollywoodklassikern wie "Peter Ibbetson", "Schiffbruch der Seelen", "Der unheimliche Gast", "Heißes Eisen", "Zwei rechnen ab", "Der letzte Zug von Gun Hill" oder "Charade" beteiligt war - er hat die Geschichte in wunderschöne Bilder verpackt. Marlon Brando war als Regisseur sehr ambitioniert und engagiert. Er ließ sich sehr lange Zeit zum Drehen und bald hatten seine ängstlichen Finanziers Sorge, dass das Budget gesprengt werden könnte. Insgesamt dauerten die Dreharbeiten 6 Monate und eine 4 1/2 Stunden-Version sollte ins Kino kommen, wenn es nach dem Willen des Machers gegangen wäre. Doch man entschied fast 2 Stunden zu kürzen, am Ende wäre es beinahe so weit gekommen, dass sich Brando vom eigenen Film distanziert hätte. Obwohl er passable 4,3 Millionen Dollar in den USA einspielen konnte, waren die Kosten am Ende doch höher und so wurde "Der Besessene" zum Mißerfolg abgestempelt. Das mag in finanzieller Hinsicht vielleicht so gewesen sein, auf den künstlerischen Aspekt trifft aber dies überhaupt nicht zu.
Interessanterweise sind die meisten Figuren in Brandos Film überhaupt keine Sympathieträger und die Hauptfigur, die von Brando selbst verkörpert wird, ist ein Schurke, ein Lügner und hat nur einen Gedanken im Kopf: Sich zu rächen. Er spielt den Rio, den man auch "The Kid" nennt.
Sein Hass gilt seinem früheren besten Freund und Mentor Dad Longworth (Karl Malden), der mit ihm gemeinsam und einem dritten Mann namens Doc eine Bank in Sonora, Mexiko ausraubten. Doch die berittene Polizei verfolgt die Männer und kann Doc in einer Cantina erschießen. Rio und Dad Longworth gelingt zuerst die Flucht - doch auf einem hohen Bergkamm werden sie in die Enge getrieben. Da sie nur noch ein Pferd haben, soll einer möglichst rasch mit zwei neuen Pferden kommt, damit die Flucht doch noch gelingt. Die Wahl fällt auf Longworth, der aber nach einem kurzen Ritt beschließt alleine zu flüchten und seinen Freund alleine auf dem Berg zu lassen. Der wird gefasst und sitzt 5 Jahre in einem menschenunwürdigen Gefängnis ab, bevor ihm die Flucht gelingt. Angetrieben vom Hass hat er nur ein Ziel: Dad Longworth ausfindig zu machen und sich zu rächen. Diese ist inzwischen in Monterey Sheriff geworden - hat also die Seiten gewechselt und ist verheiratet mit der Mexikanerin Maria (Katy Jurado), auch deren Tochter Louisa (Pina Pellicier) nennt Longworth inzwischen "Dad".
Er kommt mit seinen neuen Kumpanen Chico Modesto (Larry Duran) und Bob Emory (Ben Johnson) nach Monterey und besucht dort den alten Freund, ohne jedoch zu erzählen, dass er wegen seines damaligen Verrats 5 Jahre im Knast saß. Dad Longworth ist zwar auch etwas irritiert, dass Rio anscheinend keine Rachegedanken hegt und auch nicht nach dem Geld fragt, mit dem Dad damals fliehen konnte. Es sieht beinahe so aus als wäre zwischen den beiden Freunden nie etwas gewesen - Rio wird sogar eingeladen noch einen Tag länger zu bleiben, denn zufällig feiert die Stadt ein Fest und Rio und Dads Stieftochter Louise kommen sich näher. Die beiden übernachten am Strand - am Morgen danach gesteht Rio dem Mädchen seine Lügen der Nacht und sie kehrt erst sehr früh am Morgen heim. Von Deputy Lon (Slim Pickens) erfährt Longworth von dieser Liason. Nun bricht die verborgene Feindschaft zwischen beiden Männern auf und Longworth lässt Rio auspeitschen und zerschlägt auch dessen Hand mit dem Gewehrkolben. Danach wird er aus der Stadt gejagt. Doch dies ist noch lange nicht das Ende...




In dem Film beschäftigt sich Brando mit komplexen Familien- und Beziehungsangelegenheiten. Psychologisch orientiert sich die Geschichte an den Ödipus-Konflikten und auch verdrängte Homosexualität kommt als weiterer interessanter Aspekt hinzu. Nicht nur als Regisseur, sondern auch als Darsteller der Hauptrolle macht Brando eine überzeugende Figur. Kein Wunder, wenn er seinen alten Kumpel Karl Malden als Kontrahent engagiert hat. Der liefert wie gewohnt eine hervorragende Performance ab. Auch Neuling Pina Pellicier, die im Grunde die einzig "gute" Haupt-Figur des Films ist, hat viele richtig gute Szenen. Die Szene am Strand, die ungefähr 10 Minuten dauert, ist vielleicht sogar die beste Szene dieses Westerns, den ich zu den ganz großen Meisterwerken dieser Sparte zählen und der immer noch irgendwie ein Schattendasein führt. Leider.





Bewertung: 9 von 10 Punkten. 

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