Regie: Jean Pierre Melville
Der letzte Coup...
Der 1966 entstandene Gangsterfilm "Der zweite Atem" war Jean-Pierre Melville letzter Schwarzweißfilm. Wenig später entstanden seine besten Filme "Der eiskalte Engel" und "Vier im roten Kreis". Eine große Meisterschaft lässt aber auch schon "Der zweite Atem" erkennen. Hier wird der Regisseur zum Meister des erneuerten Film Noir - die meisten dieser Impulse kamen tatsächlich aus Frankreich mit Filmen wie "Außer Atem" von Jean Luc Godard, "Schießen Sie auf den Pianisten" von Francois Truffaut oder dem ebenfalls von Melville inszenierten "Der Teufel mit der weißen Weste". Es war diese undürchschaubare Doppelbödigkeit der Verhältnisse und Figuren. Hier verabschiedet sich die bequeme Kategorisierung zwischen "Gut" und "Böse", denn die Methoden der Polizei sind sehr fragwürdig únd diese Machart lässt dem Schauspieler Paul Meurisse sehr viel Spielraum in der Rolle als Kommissar Blot, dem Antagonisten zum Altganster Gustave Minda. Dieser wird von Lino Ventura verkörpert - einmal mehr wie geschaffen für diesen Rollentypus.
Der hat nämlich bereits 8 Jahre einer langen Haftstrafe abgesessen
und startet in der ersten szene des Films einen Ausbruchsversuch aus dem
Knast. Die beiden Kumpane sind um einiges jünger als Gustave, der von
seinen Freunden "Gu" genannt wird. Einer der Männer stirbt beim Klettern
über die Gefängnismauern. Gu und der andere Ausbrecher gelangen ins
Freie. Mit dem Zug setzt Gu seine Flucht fort und es gelingt ihm vorerst
unterzutauchen. Kommissar Fardiano (Paul Frankeur) sucht mit Hochdruck
nach dem Ausbrecher, aber auch Kommissar Blot (Paul Meurisse) wird auf
den Fall angesetzt, da es bald einige Tote gibt, die auf Gus Rechnung
gehen könnnten. Gus Freundin Simone, genannt Manouche (Christine
Fabrega) und Gus alter Kumpel Alban (Michel Constantin) verstecken den
Flüchtigen. Der will noch einmal einen Coup landen, um seinen
Lebensabend im Ausland zu sichern. Da es im Versteck in Paris zu heiß
wird, verlegt man das Versteck nach Marseille. Dort tut sich tatsächlich
eine totsichere Sache auf. Paul Ricci (Raymond Pellegrin), der Bruder
des Pariser Gangster Jo Ricci (Marcel Bozzuffi) plant einen Überfall auf
einen Platin Transport, der von mehreren Polizisten begleitet wird. Gu
soll einen der Beamten ausschalten, ein weiterer Komplize (Denis Mauel)
den zweiten Polizisten. Tatsächlich gelingt dieses Unternehmen, doch
dann wird Gu eine Falle von seinem Gegenspieler Kommissar Blot gestellt.
Er verhaftet Gu und erweckt den Eindruck in der Unterwelt Gu habe seine
Freunde verraten...
Genau diese hoch angesehene Ganovenehre hat Gu immer eingehalten
und nun setzt er alles daran um seinen Ruf wieder reinzuwaschen. Jedes
Mittel ist ihm recht. "Der zweite Atem" ist ein naher Verwandter von
Melvilles "Teufel mit der weißen Weste". Der Unterschied liegt in der
Lauflänge. Hier in "Der zweite Atem" lässt sich der Meister des Krimis
sehr viel Zeit, der Film dauert beinahe 150 Minuten und ist somit ein
Werk von epischer Proportion. Lino Ventura spielt eine ähnliche Figur
wie in "Der Panther wird gehetzt" von Claude Sautet. Auch dort ist er
dieser desillusionierte, amoralische Gangster, der gemerkt hat, dass
seine große Zeit unweigerlich vorüber ist. Auch wenn dieser Melville
Film nur wenigen bekannt ist, gehört er doch zu den besten Filmen des
1973 verstorbenen Kultregisseurs.
Bewertung: 9 von 10 Pubnkten.