Donnerstag, 27. August 2020

Geronimo


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Walter Hill

Jäger und Gejagte

Walter Hill, der vor allem in den 70ern und frühen 80ern mit Filmen wie "Driver", "Warriors" oder "Long Riders" oft schon als der legitime Nachfolger von Sam Peckinpah gefeiert wurde, hatte nachfolgend in seinem Oeuvre auch dünnere Jahre ohne nennenswerte Arbeiten mit filmgeschichtlichen Stellenwert erlebt.
Die Besetzungsliste des 1993 realisierten "Geronimo" war attraktiv und obwohl der Film kein Flop an der Kasse war, spielte er die hohen Produkionskosten von 35 Millionen Dollar leider nicht wieder ein. Hill erweist sich zwar mit seinem Film als Experte und Macher für gute Western, er sollte auch in den Folgejahren mit Filmen wie "Wild Bill" oder "Broken Trail" diesem Genre treu bleiben... der ganz grosse Publikumserfolg blieb ihm dennoch bis Heute in dieser Gattung versagt. Dabei sind seine Western, so auch "Geronimo" mit grosser Liebe zum Detail inszeniert, Hill hat ein gutes Gespür für grosse Bilder. Die Kameraführung von Lloyd Ahern ist hervorragend und Ry Cooders Musik ist für einen Western immer passend. Man spricht heute im Zusammenhang mit der in den amerikanischen Geschichtsbüchern verklärt dargestellten Eroberung des Weiten Landes auch von einer ethnischen Säuberung.  Das Bild dazu, vor allem in der amerikanischen Öffentlichkeit, ist allerdings nach wie vor ambivalent und man will es nicht so wahrhaben, dass die Geburt einer Nation mit der systematischen Vernichtung der Ureinwohner einherging. Hills Film räumt auf mit dieser Romantik und zeigt wie die Eroberung wirklich war: blutig, mit Opfern auf beiden Seiten, er tendiert auch dazu dem Ureinwohner endlich das Erstrecht auf das grosse Land Nordamerika einzuräumen. Vielleicht liegt darin der "gefühlte" Misserfolg von "Geronimo" begründet: Will man überhaupt zulassen aus dem Krieger und damaligen Staatsfeind Nr. 1 Geronimo eine Legendenbildung zu riskieren. Immerhin hat der letzte große Führer der Chiricahua Apachen auch viele unschuldige Menschen auf seinem Kriegspfad massakriert. Hill realisiert das sehr authentische Drehbuch von John Milius (Conan, der Barbar) mit gutem Gespür für Timing und markanten Szenen, die einfach in der Erinnerung hängenbleiben und auch Indiz für einen guten Film sind. "Geronimo" ist einer der geschlossensten Filme des Kultregisseurs. Der Film konzentriert sich auf die letzten Monate vor der Kapitulation im August 1886 des legendären Apachen-Anführers, er zeigt die letzten Regungen eines brutalen und entschlossenen Freiheitskampfes stolzer Indianer gegen die Weißen, die die Apachen aus ihrer Heimat um den Rio Grande gezielt vertreiben und mit Hilfe der US-Armee nach Florida zwangsumsiedeln wollten. Der verzweifelte Widerstand dauerte Monate und am Ende entschied der Hunger über das Ende des ungleichen Kampfes. Gespielt wird Geronimo von Wes Studi, der zuvor in Michael Manns Lederstrumpf Verfilmung "Der letzte Mohikaner" den hasserfüllten Huronen Krieger Magua spielte. Viele Jahre später verkörpert Wes Studi in "Hostiles" von Scott Cooper und der Rolle des Chief Yellow Hawk eine sehr ähnliche Rolle wie in "Geronimo". Der Schauspieler gehört dem Stamm der Cherokee Indianer an und erhielt für sein Lebenswerk im Jahr 2019 den Oscar. "Geronimo" wird aus der Perspektive eines jungen Soldaten (Matt Damon) erzählt, der ins Krisengebiet versetzt wird und der mit Hilfe eines erfahrenen, aber stillen Leutnants (Jason Patric) lernt, die Indianer und ihre Kultur zu respektieren und zu schätzen. Geronimo (Wes Studi) ergibt sich das erste Mal und er wird wie alle anderen Chiricahua-Apachen mehr oder weniger gezwungen, sich in der beengten San-Carlos-Indianerreservation niederzulassen, auf Gedeih und Verderb der Gnade der US-Armee ausgeliefert. Viele Indianer sehnen sich nach dem alten Leben als Krieger, Jäger und Schamane zurück in Einheit lebend mit der Natur, in Freiheit und Unabhängigkeit und können sich nicht an das gezwungene Leben als Landwirte gewöhnen. Nachdem eine von Chefscout Al Sieber (Robert Duvall) geführte Einheit einen als Bedrohung empfundenen heiligen Mann, der diese alten Werte öffentlich propagiert, während einer Versammlung tötet und daraufhin alles in einer wilden Schiesserei eskaliert, flieht Geronimo ein letztes Mal mit mehreren Dutzend von Gefolgsleuten. Aufgrund des öffentlichen Drucks lässt der indianerfreundliche General George Crook (Gene Hackman) drei indianische Kundschafter unter dem Vorwurf des Verrats exekutieren, als Sanktion auf diese Ereignisse. Der letzte Guerillakrieg beginnt, erfordert viele Opfer und zieht eine grosse Blutspur mit sich. Am 4. September 1886 kapituliert Geronimo erneut....


 
 Hill gelingt es aufgrund seiner eindrucksvollen, schönen wie auch brutalen Bildkompsotionen eine recht realistische und wenig romantisierte Wildwest Eroberung zu beschwören. Selbst wenn eine differenzierte Zeichnung der Figuren (Ausnahme bildet Duvalls grandiose Darstellung des Al Sieber) etwas zu wünschen übrig lässt. Diese Figuren bleiben trotz der guten Schauspielerleistungen etwas blass im Hintergrund, werden aber vom markanten Szenenaufbau gut mitgetragen.
Fazit: Sehr unterschätztes Kavallerie-Epos, ein krasser Gegenentwurf zu den vielen Verklärungen über gute Soldaten und böse Indianern und nur ganz knapp am Meisterwerk gescheitert.
 



Bewertung: 8 von 10 Punkten.

Donnerstag, 20. August 2020

True Grit

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Ethan und Joel Coen

Mutiges Mädchen, verrückter Marshall...

Tom Chaney (Josh Brolin) ist der Mörder von Farmer Ross. Der Übeltäter macht sich mit dessen Pferd und zwei Goldstücken davon.
Die älteste Tochter des Ermordeten, die 14jährige Mattie Ross (Hailee Steinfeld) kommt aus diesem Grund nach Fort Smith in Arkansas, um die Leiche ihres Vates nach Hause zu überführen.
Im Ort ist aber gerade Volksfeststimmung, denn es werden drei Outlaws gehängt und ausserdem gibts noch ne Gerichtsverhandlung über den Tod von einem Schurken und dessen Sohn. Im Zeugenstand muss sich der abgehalfterte Sheriff Reuben "Rooster" Cogburn (Jeff Bridges) vor dem Anwalt rechtfertigen, warum er die beiden gleich abgeknallt hat, ohne denen die Möglichkeit zu geben, sich zu ergeben.
Mattie hat sich vorgenommen, den Mord an ihrem Vater zu rächen. Da sie von den Behörden keine Hilfe bekommt, will sie den Mörder Tom Chaney selbst jagen und dazu braucht sie einen Mann vom Schlage Cogburns, der nie lang fackelt, wenn es gilt Gesetzlose ihrer gerechten Strafe zuzuführen.
Doch Chaney hat sich in ein Indianerterritorium geflüchtet ist und darüberhinaus der berüchtigten Gangsterbande von Ned Pepper (Barry Pepper) angeschlossen.
Da Cogburn zwar nicht viel von rachesüchtigen Kindern hält, aber umso mehr von 50 leichtverdienten Dollars, willigt er ein Chaney zu fassen.
Doch er ist nicht der einzige, der Jagd auf den Übeltäter macht. Auch in Texas wird Chaney gesucht, weil er einen Politiker getötet hat. Die hohe Belohnung erhofft sich Texas Ranger La Boeuf (Matt Damon).
Auf der Reise durch den Wilden Westen gehts bei solch drei ungleichen Charakteren nicht immer friedlich zu, es wird schon mal gezankt und auch vor keinen Skrupel zurückgeschreckt...




 
"True Grit" ist das erfolgreiche Remake von den Coen Brothers eines ebenso erfolgreichen gleichnamigen Westerns aus dem Jahr 1969, der Westernikone John Wayne den einzigen Oscar seiner Karriere bescherte.
In der Tat bietet die Rolle dieses trunksüchtigen, geschwätzigen US-Marshall mit der Augenklappe natürlich viel Szenenapplaus, das war beim Original so und ist mit Jeff Bridges auch nicht anders.
Dieser schräge Vogel ist und bleibt eine besonders liebgewonnene, schräge Filmfigur des Westerngenres.
Und die Coens haben natürlich noch eine Reihe weiterer schräger Vögel, vor allem in den Banditenrollen, aufzubieten.
Vor allem die Banditen Quincy (Paul Rae), Moon (Domnhall Gleeson) und Lucky Pepper (Barry Pepper) sind gut gelungene skurrile Figuren des weiten, wilden Landes.
Interessanterweise halten sich die Coens aber schon sehr stark an ihre Vorlage und bieten nicht grundsätzlich Neues an.
Die große stärke des Films - neben den bestens aufgelegten Darstellern - ist aber die großartige Kameraführung von Roger Deakins, der mit den Bildern zu den Filmen wie "1984", "Haus aus Sand und Nebel", "Die Verurteilten", "Fargo", "Kundun", "No Country for old Man", "Barton Fink", "Jarhead", "Der Vorleser", "Glaubensfrage" oder "Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford" sein einzigartiges Talent immer wieder aufs Neue unter Beweis stellt.
Deakins wurde mehr als ein Dutzend mal für den Kamera-Oscar nominiert und gehört neben Leon Shamroy, Charles Lang und Robert Surtees zu den Kameramännern mit den meisten Nominierungen. 2018 gewann er endlich seinen ersten Oscar für "Blade Runner 2049", der zweite folgte 2020 für den Kriegsfilm "1917".
Auch die Musik von Carter Burwell verbreitet gute Western Stimmung.
Der Film ist daher atmosphärisch grossartig gestaltet und zeigt eine heitere und gleichzeitig ernste Odyssee durch weites Land. Das Ziel ist - wenn man den Schlußbildern glauben darf - die Legendenbildung dieser wilden zeiten, zuerst durch die Wildwestshows, dann durch den Film, der es schaffte aus dem Genre große Blütezeiten zu machen.
  




Bewertung: 9 von 10 Punkten.

 

Dienstag, 18. August 2020

Feuerwerk am hellichten Tage

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Diao Yinan

Schwarze Kohle, Dünnes Eis...

Für seinen 2014 entstandenen Neo Noir "Feuerwerk am hellichten Tage" (internationaler Titel: Black Coal, Thin Ice) erhielt der chinesische Regisseur Diao Yinan den Goldenen Bären der Filmfestspiele in Berlin. Auch Hauptdarsteller Liao Fan als desillusionierter Cop Zhang Zili wurde mit dem Silbernen Bären geehrt.
Durch die überraschende Wertschätzung in Berlin lief der Film auch anschließend recht erfolgreich in den Kinos und spielte weltweit ca. 17 Millionen Dollar ein.
Vielleicht schwächelt der interessante, sehr behutsam inszenierte Thriller gegen Ende etwas, denn die Auflösung ist vielleicht zu wenig raffiniert konzipiert. Grandios ist aber die Atmosphäre und die oft bei Nacht gezeigten Stadt, die in Regen und Schneefall getaucht ist und die man als Tristesse pur bezeichnen kann.
In dieser kargen Industriestadt im Nordwesten Chinas lebt der Polizist Zhang Zili (Liao Fan). Im Jahr 1999 erschüttert eine Mordserie die Region. Leichenteile werden in mehreren kohleverarbeiteten Werken gefunden. Ein erster Hinweis führt zu dem in der Kohleindustrie angestellten Liang Zhijun (Yuebing Wang). Doch der scheint verstorben zu sein. Wenig später haben Zhang Zili und seine drei Kollegen zwei weitere Verdächtige ausfindig gemacht. Die jungen Männer arbeiteten als Fahrer für die Kohlewerke. Bei ihrer Festnahme passiert aber eine dicke Panne, da einer der Männer an eine Waffe kommt und zwei Kollegen von Zhang Zili erschießt. Nur er und sein Freund Wang (Ai Lei Yu) überleben den Angriff. Doch dieses Ereignis führt schließlich dazu, dass Zhang Zili seinen Job quittiert und mehr oder weniger freudlos als Wachmann weitermacht. Fünf Jahre vergehen...zufällig trifft er seinen alten Kollegen Wang, der gerade eine junge attraktive Frau observiert. Diese Frau heißt Wu Zhizen (Kwai Lun-Mei) und ist die Witwe  des verstorbenen Arbeiters, der damals verdächtigt wurde. Es ist erneut Leichenteile aufgetaucht und die neue Spur führt zu der Witwe, die als Wäscherin in n einem kleinen Reinigungsbetrieb des älteren Rong Rong (Jinchun Wang) arbeitet. Die Frau weckt Zhangs Interesse, der lange Zeit stark trank und seine eigene Verwahrlosung nicht aufhalten wollte. Während dieser Begegnung mit seinem ehemaligen Kollegen erfährt Zang, dass alle Toten mit der Frau eine Verabredung hatten und dass auch Schlittschuhe eine große Rolle bei den Mordfällen spielen. Zhang bringt nun öfters Klamotten in die Reinigung, in der Hoffnung, dass er dadurch die junge Frau kennenlernen kann. Dieses Interesse bleibt nicht lange verborgen, doch zunächst sieht es so aus als würde die Frau ihn abweisen. Doch sie lässt sich bald einladen gemeinsam die Eisbahn zu besuchen. Hat sich der ExCop vielleicht in eine Femme Fatale verguckt ?
 


In China selbst lief der Neo Noir Thriller in einer gekürzten und harmloseren Fassung. Die SexSzene auf dem Riesenrad verschwand und auch das Ende als ein Verrückter auf dem Dach des Hochhauses ein gefährliches Feuerwerk entfacht ist leicht gekürzt worden. Dabei bleibt der Film bis zum Schluß interessant. Die Ausgangslage ist äusserst düster und man kann spüren, dass der Protagonist immer mehr in Gefahr gerät - man kann aber nicht genau orten von wem diese Gefahr tatsächlich ausgeht. Dieses Szenario von Angst wird allerdings vom Regisseur mit etwas Poesie verfeinert, was dem Film eine starke Eigenständigkeit verleiht. Die Konstellation ist den klassischen Noirs sehr nahe, allerdings wird es deutlich, dass es Diao Yinan sehr wichtig war diese Motive ins China von Heute zu transportieren.


Bewertung: 8 von 10 Punkten.

 

Montag, 17. August 2020

Judgment Night

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Regie: Stephen Hopkins

In the Midnight Hour..

Regisseur Stephen Hopkins hatte Ende der 80er Jahre erste Filmerfolge mit "Nightmare on Elm Street 5 - Das Trauma" und "Predator 2", bevor er 1993 den inzwischen zum Kultfilm avancierten Midnight-Thriller "Judgment Night" drehte. Beim Kinostart hatte es der Film sehr schwer. Die Kritiken fielen mittelmässig aus und auch an der Kinokasse kam es zum Flop. Bei einem Budget von ca. 20 Millionen Dollar spielte der Film lediglich 12 Millionen Dollar ein.
Erst im Laufe der Zeit gewann "Judgment Night" eine größere Anhängerschaft von Filmfans, die die Nähe zu den besten Klassikern von John Carpenter oder Walter Hill sofort erkannten.
Es fängt an wie ein typischer Abend unter Freunden:
Frank (Emilio Estevez), sein jüngerer hitziger Bruder John (Stephen Dorff), Mike (Cuba Gooding jr.) und der Angeber Ray (Jeremy Piven) fahren in Rays gemieteten Luxuswohnmobil gemeinsam zu einem Boxkampf. Nur dumm, dass ganz LA auch dorthin will und der Stau langsam aber sicher besorgniserregend wird, weil man ja sonst den Boxkampf verpasst. Die 4 Freunde werden auch etwas aggressiv und ne Menge Testosteron wird ausgeschüttet, damit man mit dem Autofahrer gegenüber Zoff anzetteln kann...Um noch weiteren Verzögerungen zu entgehen, bschliessen die Freunde den Highway zu verlassen und eine Abkürzung, die durch ein durch und durch gefährliches Wohnviertel zu nehmen. Dort kommt es natürlich auch gleich zu einem Zwischenfall: Als sie über ein Hindernis fahren, befürchten sie - obwohl gar kein Anlass dazu besteht, einen Menschen überfahren zu haben und verlassen das Wohnmobil um nachzusehen, was angesichts der Gegend natürlich völlig unvernünftig ist - aber FILM schreibt eigene Gesetze. Sie finden einen verletzten Latinotypen (Michael DelLorenzo), tragen ihn ins Wohnmobil, wo sie bemerken, dass er nicht angefahren sondern angeschossen wurde.
Nun macht sich Panik breit...sie geben Gas und werden plötzlich von einem anderen Auto angefahren, das Wohnmobil ist manövrierunfähig. Dann tauchen dunkle Gestalten aus dem Dunkel auf, diese Männer (Denis Leary, Peter Green, Erik Schrody, Michael Wiseman) erschiessen den Verletzten und sie sehen nicht so aus, als würden sie auf Zeugen stehen....

 
 
Ein größerer Erfolg war zunächst dem Soundtrack des Films beschieden: Ein Konzeptalbum mit Acts wie Sonic Youth, Helmet, Biohazard. Living Colour, Run DMC, De la Soul, Pearl Jam, Cypress Hill, Mudhoney oder Faith No More ist 100 % 90er Feeling und heute inzwischen Retro-würdig.
Wer sich nicht an der Vorhersehbarkeit der Story und auch nicht an gewissen unlogischen Handlungsweisen der Protagonisten stört, damit sie überhaupt in dieses Schlamassel geraten können, der wird sicherlich mit einem sehr spannenden kleinen Genre-Geheimtipp belohnt, der auch eine hohe Indentifikation mit den vier Freuden möglich machen kann.  Denn die Jungs sind einfach ganz normale Typen von Nebenan. Sie kommen aber sehr bald an ihre Grenzen, weil sie in diese Extremsituation katapultiert werden, bei der es dann nur noch um das "Auge um Auge" Prinzip gehen kann. Die Locations sind auch gut gewählt. Wenn man einmal eine Straße falsch abbiegt, dann landet man eben in eine sehr verrufene Gegend, die bei Nacht auch unheimlich und bedrohlich wirkt. Erinnerungen an "The Warriors" oder "Die Klapperschlange" werden wach. 

 

 

 Bewertung: 8,5 von 10 Punkten.

Donnerstag, 13. August 2020

Winters Bone

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Debra Granik

In the Ghetto Mountains...

Das Ozark Plateau ist eine Hochlandregion in den Vereinigten Staaten, es erstreckt sich von der südlichen Hälfte von Missouri und dem nordwestlichen Teil von Arkansas, bis hin in den Norden von Oklahoma und dem äussersten Südosten von Kansas. Diese Region gilt als ein bitterarmer Landstrich mit einer sehr hohen Arbeitslosenquote, trotz dem Sitz von mehr als 500 Major Companys. Als weit verbreiteter Nebenerwerb gilt unter der ländlichen Bevölkerung das Kochen der Droge Meth bzw. Crystal, eine preiswerte Droge mit aufputschender Wirkung. Crystal gehört zu den am schnellsten zerstörenden Drogen überhaupt. Hinzu kommt, dass es durch illegale Herstellung nicht rein, sondern verunreinigt vorliegt.
Die siebzehnjährige Ree Dolly (Jennifer Lawrence) lebt mit ihren zwei kleineren Geschwistern und ihrer schwerst depressiven Mutter in dieser Region. Vater Jessup ist verschwunden, seit er im Knast saß und eine Kaution für ihn bezahlt wurde. Er hat allerdings dem Kautionsvermittler als Sicherheit für sein Erscheinen an der anstehenden Verhandlung das Haus und das Waldstück der Familie gestellt.
Der Familie droht nun der Verlust des Heims, wenn der Vater beim nächsten Gerichtstermin, der in den nächsten Tagen stattfindet, nicht auftaucht. Es drohen ihm allerdings auch 10 Jahre Knast. Also es gibt da für ihn durchaus ein Motiv, dass er untergetaucht ist.
Ree, die schon seit längerem als Familienoberhaupt fungiert und kein richtiges Teenager-Privatleben kennt, macht sich verzweifelt auf die Suche nach dem verschwundenen Dad.
Bei ihren Nachforschungen hilft ihr zuerst ihre bereits verheiratete Freundin Freundin Gail (Lauren Sweetser), denn die kann ihrem Mann immerhin zum Ausleihen des Wagens überreden.
Weniger Glück hat Ree bei ihrem Onkel Teardrop (John Hawkes), der sie zunächst abblitzen lässt und ihr dringend rät, die Sache nicht weiter zu verfolgen.
Doch das Mädchen ist hartnäckig, denn sie will für das Heim ihrer Familie kämpfen und stößt mit ihrem Nachfragen bei den Menschen dort, die alle miteinander verwandt zu sein scheinen (grins) auf eine Wand des Schweigens, denn statt Hilfe von den Verwandten oder Bekannten zu bekommen, droht ihr plötzlich Gefahr.
Vor allem der ungemütliche Patriarch Thump Milton (Ronnie Hall) und dessen grimmige Frau Mareb (Dale Dickey) scheinen etwas verbergen zu wollen. Bereits der erste Besuch läuft nach ein paar Minuten gezwungener Freundlichkeit mit einer echten Drohung ab.... 

 

"Winter's Bone" ist ein 2010 realisierter amerikanischer Independentfilm von Debra Granik im Stil von "Frozen River" - er spielte weltweit 16 Millionen Dollar ein. Die literarische Vorlage für den mehrfach preisgekrönten und vierfach oscarnominierten Independent-Film stammt von US-Autor Daniel Woodrell.
Vorsicht sei geboten vor allem mit diversen Kritikpunkten, die in einigen Filmrezensionen auftauchen. Der Einwand eine große Ansammlung von Klischees über diese Menschen vorzufinden, die inzwischen mit "White Trash" einen Namen und ein grausames, festgemeiseltes Etikett erhalten haben, ist durchaus nicht ganz unberechtigt.
Sie werden in einer Vielzahl als kriminelle Drogenhersteller gezeigt, die kleinen Kinder bekommen gezeigt, wie man schießt, denn sowas braucht man hier nicht nur für die Jagd auf Eichhörnchen, die dann zum Abendessen auch gehäutet werden müssen.
Ausserdem erscheint die Landbevölkerung in "Winters bone" vollständig kaputt, von Gewalt, Brutalität und Depression gekennzeichnet.
Natürlich darf der ultimative Inzest hier in der Beschreibung dieser einfachen Menschen nicht fehlen.
Hier sollte der Zuschauer in der Lage sein, die politische Korrektheit kritisch zu betrachet und auch die Allgemeingültigkeit anzuweifeln.
Als einzelne, individuelle Geschichte ist der Film allerdings sehr atmosphärisch dicht und spannend gelungen.
Auch die gute Kameraarbeit von Michael McDonaugh soll nicht unerwähnt bleiben, abgerundet wird dies noch durch die authentische Musik der Region.
Das Ende ist enorm dramatisch - auch die Darsteller waren stark, Jennifer Lawrence und John Hawkes spielen ihre Rolle sehr gut. Darüberhinaus gibt es jede Menge Charakterköpfe in den Nebenrollen, die mit ihren Gesichtern in Erinnerung bleiben.
So auch Dale Dickey als mürrische und verhermte Mareb, die neben einer Kettensäge zur Schlüsselfigur wird. Der Film erhielt 4 Oscarnominierungen. Eine davon ging an Jennifer Lawrence, die vielleicht die beste Rolle in ihrer Karriere spielt. Den Golden Globe konnte sie jedenfalls für ihre Rolle als 17jährige Ree Dolly gewinnen. Desweiteren gabs Nominierungen in den Kategorien Bester Film, bestes Drehbuch und bester Nebendarsteller (John Hawkes). In vielen Szenen hat "Winters Bone" echte Neo Noir Qualitäten.

 Bewertung: 8,5 von 10 Punkten.