Regie: Claire Denis
Die Obsessionen des Feldwebels...
Die alle 10 Jahre stattfindene Umfrage von "Sight und sound" um die
besten Filme aller Zeiten zu ermitteln, war 2022 stark geprägt von dem
Wunsch auch weibliche Regisseure und ihre Arbeiten stärker zu
berücksichtigen. So konnten diesmal Filme wie "Das Piano" von Jane
Campion, "Cleo" von Agnes Varda" und "Beau Travail" von Claire Denis
ausgewöhnlich gute Ergebnisse einfahren. Spitzenreiter wurde sogar
"Jeanne Dillman" von Chantal Akerman, die sogar "Vertigo" von Alfred
Hitchcock und "Citizen Kane" von Orson Welles auf die Plätze 2 und 3
verwies. "Beau Travail" kam bei der Umfrage auch in die Top 10 und
landete auf Platz 7. Die Filme von Claire Denis heben sich deutlich vom
klassischen Erzählkino ab. Ihre Art des Filmschnitts, bei der Pausen und
Rhythmus wichtig sind, werden mit der Improvisation der Jazzmusik
verglichen. Sie erzählt Geschichten oft nicht linear, sondern durch
gleichwertig nebeneinander gestellte scheinbare Episoden bzw.
Nebenhandlungen. Gesten, Blicke, Körperlichkeit und Musik haben einen
hohen Stellenwert. Auf psychologischen Realismus wird verzichtet, die
Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit können verschwimmen und genau so
ist auch ihr Meisterwerk "Beau Travail" aufgebaut, der Einblicke in das
Leben der Fremdenlegion gibt.
Adjutant-Chef
Galoup (Denis Lavant) von der französischen Fremdenlegion blickt von
seinem Zuhause in Marseille aus auf sein Leben zurück. Er erinnert sich
an seine Zeit in Dschibuti, wo er eine Abteilung unter dem Kommando von
Kommandant Bruno Forestier (Michel Subor) anführte. Galoup bewunderte
und beneidete viele von Forestiers Eigenschaften, darunter die
offensichtliche Zuneigung der Männer, und trägt ein Armband mit
Forestiers Namen. Galoup hat eine Freundin aus Dschibuti, und sie gehen
oft tanzen. Eines Tages schließt sich ein neuer Rekrut namens Gilles
Sentain (Gregoire Colin) Galoups Abteilung an. Galoup hegt eine
unmittelbare und scheinbar irrationale Feindseligkeit gegenüber Sentain
und schwört, ihn zu vernichten. Er fühlt sich von dem neuen Soldaten auf
seltsame Art bedroht. Als Sentain einem anderen Soldaten, der zur
Strafe gezwungen wird, in der Hitze des Tages ein großes Loch zu graben,
eine Feldflasche mit Wasser reicht, schimpft Galoup mit Sentain und
schlägt ihm das Wasser aus der Hand. Sentain schlägt Galoup, der sich
rächt, indem er Sentain zur Strafe in die Wüste führt und ihm befiehlt,
allein zum Stützpunkt zurückzulaufen. Galoup
hatte jedoch zuvor Sentains Kompass manipuliert, wodurch dieser sich
verirrte und in den trockenen Salzebenen vor Dehydrierung zusammenbrach.
Sentain wird schließlich von Einheimischen gefunden und gerettet, kehrt
jedoch nie zur Basis zurück und gilt als desertiert. Sein Kompass wird
später von den Legionären bei einem lokalen Verkauf von salzverkrusteten
Neuheiten gefunden und soll beweisen, dass Sentain tot ist. Unter der
Annahme, dass Galoup Sentain entweder getötet oder versucht hat, ihn zu
töten, wird Galoup von Forestier zu einem Kriegsgericht nach Frankreich
zurückgeschickt, was seine Karriere in der Fremdenlegion beendet. Er
macht sein Bett in tadelloser militärischer Manier, legt sich dann mit
einer Pistole in der Hand darauf und liest laut den auf seine Brust
tätowierten Satz:„Diene der guten Sache und stirb“. Der Film endet mit
einer Sequenz von Galoup in einem Nachtclub in Dschibuti, wo er einen
lebhaften akrobatischen Solotanz zu „The Rhythm of the Night“
aufführt....
Der
Film und seine Geschichte sind inspiriert von der Kurzgeschichte "Billy
Budd" von Herman Melville. Die eingeschworene Männergesellschaft wird
von der Regisseurin äusserst interessant dargestellt. Dabei wirken die
militärischen Übungen sowie alle anderen Ausdauer- und Kraftübungen mit
nacktem Oberkörper wie die Aufführung eines Tanzes. Dafür wurde
Choreograph Bernardo Montet engagiert, ganz nebenbei wird auch das Thema
der verdrängten Homosexualität sichtbar, die Eifersucht und die
Feindschaft des des Feldwebels kann nur dahingehend interpretiert
werden. Claire Denis filmt die Männer in einer nie
da gewesenen Sinnlichkeit und einer Mischung aus Naivität und Stolz. Die
hohe Wertschätzung dieses Films ist sicherlich gerechtfertigt.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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