Samstag, 17. Februar 2018

Der Tod von Ludwig XIV

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Regie: Albert Serra
 
Am Totenbett des Sonnenkönigs...
 
Albert Serras "La mort de Louis XIV" (so der Originaltitel, die DVD ist nicht mit einer deutschen Sprachfassung ausgestattet, es gibt jedoch Untertitel) ist ein besonderer wie sonderbarer Film und ist nicht der erste Film über den legendären Sonnenkönig Ludwig, der bereits im Alter von 4 1/2 Jahren im Jahr 1643 den Thron von Frankreich bestieg. Durch eine expandierende Außenpolitik, die in mehrere Kriege mündete, festigte er die Stellung Frankreichs als dominierende Großmacht innerhalb von Europa. Sein Wirken war sehr prägend für die Zeit des Barock. Er erbaute das prunkvolle Schloß Versailles und betrieb eine ganz auf ihn selbst zugeschnittene Hofkultur, die seine herausragende Stellung und sein prunkvolles Aussehen noch zusätzlich verstärkten. Er verstarb am 1. September 1715 nach 72-jähriger Regentschaft. Damit ging der Herrscher mit absoluter Macht als einer der am längsten herrschenden Monarchen der Geschichte ein.
Regisseur Albert Serra schildert in seinem Ludwig-Film die letzten Tage des Monarchen und die Handlung spielt überwiegend in Ludwigs Schlafräumen. Das Krankenbett wird dabei immer mehr zum Totenbett des bedeutenden Mannes. Die Inszenierung wirkt dabei immer mehr hypnotisierend, wenn man sich auf dieses beengte Szenario einlässt und entfaltet sich immer mehr zu einer Elegie bzw. zu einem Totentanz. Serras Hauptdarsteller ist inzwischen 74jährige Jean-Pierre Leaud, der in Francois Truffauts Filmen "Sie küßten und sie schlugen ihn", "Liebe mit 20", "Geraubte Küsse", "Tisch und Bett" und "Lebe auf der Flucht" die Figur Antoine Donel verkörperte und damit weltberühmt wurde. Schön diesen Schauspieler wieder zu sehen - und in was für einer hervorragenden und extrem bemerkenswerten Performance.
Historienfilme sind immer dann richtig gut, wenn der Zuschauer einen Blick erhaschen kann in diese vergangene Zeit und in diese verschlossene Zeit kurz eintauchen kann. Und dies gelingt interessanterweise beim Zuschauen auf einen sterbenden König, der bereits wie entrückt wirkt. Er ist zwar da, aber gleichzeitig auch schon weit weg - von seinen Untertanen, die ständig an seiner Seite sind und das Krankenbett behüten - sei es sein Leibarzt Fagon (Patrick d'Assumçao) oder Chirurg Mareschal (Bernard Belin). Natürlich ist auch seine zweite Frau, die Marquise de Maintenon (Irene Silvagni) äusserst besorgt und mit ihren vielen Hofdamen vor Ort.  Dazu die gesamte Dienerschaft, die versucht ihrem König sämtliche Wünsche zu erfüllen - auch die Politiker belagern das Krankenzimmer. Schließlich müssen die Regierungsgeschäfte weiter gehen und wichtige Gesetze beschlossen werden. Zuerst ist man noch guter Hoffnung, dass der Schwächeanfall in seinen Gärten einmalig war. Doch der Zustand will sich nicht verbessern. Der König fühlt sich enorm schwach und kann kaum laufen. Er klagt über schreckliche Schmerzen im Bein. Man lässt vier weitere angesehene Mediziner von der Sorbonne (Olivier Cadinot, Philippe Crespeau, Alain Renaud, Richard Plano) kommen, denen auch nicht der entscheidende Durchbruch für die Genesung gelingt, schließlich versucht man noch die Künste eines alternativen Arztes (Jose Wallenstein), dessen heilende Methoden extrem umstritten sind. Doch das Schicksal ist unaufhaltsam...



Dabei liefert Kameramann Jonathan Ricquebourg eine Weltklasseleistung mit seinen Bildern im dämmrigen Licht. Der Prunk von Versailles wird konsequent ausgeblendet und doch ist er allgegenwärtig im Kopf des Zuschauers. Und er schafft es auch, dass man dem König etwas näher kommt - man erkennt den Menschen unter seiner monumental wirkenden Perücke. Dieser Mann scheint in seinen letzten Stunden fast schon ein Gefangener seiner eigen geschaffenen Rituale zu sein. Er könnte zwar von seiner Umgebung alles bekommen, was er will und die Köche liefern Meisterwerke ihres Könnens ab, doch der Herrscher ist in diesem Moment krank, klein und verloren. Er hat keinen Appetit mehr und will nur noch Wasser, wenn er nach seinem Diener schreit. Wie er selbst gefangen in seinen eigenen Zwängen ist, wird in der kleinen Szene klar, in dem ihm auffällt, dass dieses Wasser nicht mit einem Glas aus Kristall gereicht wird. Gerade diese Absurditäten des Alltags, die Serra hier präsentiert, sind es, die den Film zu einem kleinen Meisterwerk machen. Nach dem Tod wird auch gleich der Körper des Sonnenkönigs seziert - eine letzte Sequenz zu einem Film, der mich in jeder Sekunde total begeistern konnte. 



Bewertung: 10 von 10 Punkten.

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